Ob es nun in Deutschland richtig ist, gerade mit Rewe zu kooperieren um Tier-Aufkleber zu vertreiben? Wenn man viele Kunden erreichen möchte, ist das vielleicht kein schlechter Gedanke. Und warum kooperiert er nicht mit Bioläden? Warum findet man den WWF USA nicht häufiger bei Trader Joe’s, einer immer mehr wachsenden Kette von Bioläden? Wahrscheinlich aus dem gleichen Grund, weshalb er mit Coca Cola, IKEA, Panasonic und Nokia kooperiert. Weil dort das meiste Geld zu holen ist. Der WWF ist ein Multimillionen-Konzern mit Einnahmen von über 500 Million Euro im letzten Jahr. Jeder, der diesem Konzern sein Geld spendet, sollte sich darüber bewusst sein. Wenn er glaubt, er könnte dem, was der WWF sagt, vertrauen, dann sind die Spenden dort wahrscheinlich besser angelegt als bei einer Organisation, die den Kontakt zu Firmen aus ideologischen Gründen scheut. Vertraut er ihm nicht mehr als irgendeinem anderen Riesenkonzern (verstehen könnte man das nur zu gut), dann sollte der WWF schleunigst anfangen, transparenter bei seinen Projekten zu werden und Informationen zur Effektivität der runden Tische zu veröffentlichen, oder er läuft Gefahr, 57% seiner Einnahmen zu verlieren.

Ich hingegen halte die Scheine, die ich einer Organisation spenden würde, besser bei kleinen Organisationen angebracht. Ein paar Monate Arbeit in einer Naturschutzorganisation in den Philippinen haben mir gezeigt, wie viel ein bisschen Geld erreichen kann. Für ein paar hundert Euro kann eine ganze Insel über bedrohte Tierarten aufgeklärt werden oder ein weiterer Ranger kann ein ganzes Jahr lang mithelfen, Wilderei zu unterdrücken. In Neuseeland arbeitet ein kleines Team von Wissenschaftlern, Studenten und Freiwilligen daran, den Kakapo vor dem Aussterben zu bewahren. Lohnt sich das überhaupt und sollte man so etwas unterstützen? Ja! Denn nebenbei engagieren sich die Leute zwangsläufig für den Schutz des Lebensraumes.

Wenn es einem nur darum geht, wie groß der Effekt der eigenen Spenden ist, dann sind 50 Euro beim WWF vielleicht keine gute Investition. Givewell z.B. ist eine Organisation, die außerhalb des Naturschutzes untersucht, was Spendengelder bei verschiedenen Organisationen tatsächlich bewirken. Dabei sollte man sich überlegen, ob man eher eine aktivistische Organisation schätzt, oder eine, die gegen Geld auch Firmen berät. Welche verschiedenen Formen von Einfluss eine Naturschutzorganisation auf politischer Ebene haben kann, ist übrigens schön in einer Publikation zum Kyoto Protokoll (Global Environmental Politics 4/2004) zu lesen.

Ob der WWF mit seiner Insider-Politik Erfolg haben wird, und ob er das überhaupt noch will, hängt davon ab in wie weit er seine Ideale bereits verkauft hat. Offiziell kämpft die Organisation gegen das Image, welches sie spätestens seit Gründung der RSPO und RTRS durch die Ablehnung vieler anderer nennenswerter Naturschutzorganisationen schon lange vor der ARD-Doku bekommen hatte. Wenn das, was der WWF in seinem Jahresbericht schreibt, alles auch stimmt – kann man ihm die “Fehltritte” in der Palmöl- und Soja-Politik vielleicht verzeihen.

Aber bitte – eine Dokumentation von dem Niveau eines “Pakt mit dem Panda” sollte weder in die eine noch in die andere Richtung ausschlaggebend sein.

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Kommentare (6)

  1. #1 Jürgen Schönstein
    Juli 26, 2011

    Das ist halt auch ein bisschen wie mit den Realos und den Fundis bei den Grünen – die letzteren haben sicher moralisch die stabilere Position, aber ohne erstere hätte es vielleicht nie eine “grüne Politik” (im Sinn von realer politischer Beteiligung der Grünen) gegeben. Aber eine kleine Korinthe muss doch noch kacken: Trader Joe’s ist keine Kette von Bioläden in den USA, sondern eine sehr populäre Discount-Supermarktkette (hab’ gerade selbst drei Tüten von Trader Joe’s nach Hause geschleppt), die zur Aldi-Nord-Gruppe gehört. Allerdings gibt es in US-Supermärkten generell – also nicht nur bei Trader Joe’s, sondern auch bei Tengelmanns A&P, bei Shaws, ShopRite, Whole Foods und wie sie alle heißen – ziemlich gut bestückte “Organic”-Abteilungen, und auch beim Obst und Gemüse sind inzwischen fast aller Produkte in “conventional” und “organic” (= “Bio”) zu finden.

  2. #2 michael
    Juli 27, 2011

    Vielleich fangen Organisationen irgendwann mal an, ein Eigenleben zu entwickeln und sich von den ursprünglichen Zielen zu entfernen. Koorperieren mit den Reichen und Mächtigen, werden korrumpiert und verlieren ihre Ideale.

  3. #3 Nils
    Juli 27, 2011

    @Jürgen:
    Ich hab Trader Joe’s irgendwie immer als den Bioladen unter den Discountern gesehen. Aber du hast Recht, er ist in erster Linie eine Supermarktkette, die sich auf die “besonderen” Produkte spezialisiert. Und da mittlerweile in jedem Supermarkt “organic food” groß angeboten wird, ist das wahrscheinlich auch nichts besonderes mehr. Doch abgesehen vom recht guten Biosortiment ist er auch sonst stark auf “Bio” ausgerichtet: Kassen aus Holz ohne Rollbänder, so gut wie keine Plastiktüten, vegane und vegetarische Lebensmittel, Eigenprodukte ohne GM Food, Plakate die zu nachhaltigerem Einkauf aufrufen, und letztendlich Verkäufer in Sandalen. 🙂

    Interessanterweise hat sich der WWF sogar mit Trader Joe’s angelegt, weil die den schwarzen Seehecht verkauft haben. Seit 2005 ist der aber auch bei TJ nicht mehr im Sortiment …

  4. #4 Jürgen Schönstein
    Juli 29, 2011

    @Nils
    … und manchmal singen die Kassierer mit den Kunden (heute passiert, das Duett – Melodien aus Mahagonny – bestand aus meiner Frau und Daniel an Kasse 15) 😉 Ich wollte mit meiner Anmerkung nur eventuelle Missverständnisse aufklären, nicht etwa Kritik an der Kette üben – sie hat sicher enorm dazu beigetragen, dass beispielsweise Plastiktüten durch wiederverwendbare Einkaufstaschen ersetzt werden und dass Kunden umweltbewusster kaufen.

  5. #5 Nils
    Juli 29, 2011

    Ich hatte dich schon verstanden. Aber du hast ja Recht – auf deren Webseite steht nichts von “Bio,” sie wollen vielmehr als eine Art Feinschmecker-Discount-Supermarkt gesehen werden. Es ist nur interessant, dass ein großer Teil des Klientels tatsächlich daran interessiert ist, biologische und nachhaltige Produkte einzukaufen. Und Singen an der Kasse … ich verstehe warum die Kette so beliebt ist. 😉

  6. #6 Jesi
    September 5, 2011

    danke für die infos zum kakaposchutz. ich finde das das ein toller vogel ist, und ich finde es gut das du nicht nur über kleinere projekte schreibst, sondern diese auch verlinkst. =)