Quasi das Brot und Wasser eines Wissenschaftlers sind die Publikationen. Ohne solche taugt auch der beeindruckendste Lebenslauf nichts. Neulich wurde bei uns in der Abteilung nach einem neuen Wissenschaftler Ausschau gehalten. Es gab Dutzende von Bewerbern. Doch eine Chance hatte man nur, wenn man sich entsprechend gut bewerben konnte. Dazu gehörte Erfahrung im Bereich Evolutionsbiologie, mehrjährige wissenschaftliche Arbeit und eine Publikationsliste. Diese Liste ist ab irgendeinem Zeitpunkt das Einzige was wirklich zählt. Denn dort finden sich im Idealfall Informationen zur Masterarbeit, zur Promotion, den folgenden Postdoc-Stellen, und letztendlich auch all den Projekten und Forschungsarbeiten, die man als Postdoc, Assistenzprofessor oder Professor mit eigenem Lehrstuhl betreut hat.
Wofür braucht man dann noch Informationen zum Abitur, Sprach- oder gar EDV-Kenntnisse? Für letztere hat man dann ja eh seine TA oder die Doktoranden, die sich um so etwas kümmern.
Aber ich greife voraus. Bis man an diesem Punkt angekommen ist, ist es ein weiter, mühsamer Weg. Fangen wir mal vorne an:
Die Masterarbeit
Mit etwa 26,8 Jahren schafft man in Deutschland sein Masterstudium in der Biologie (laut dem Statistischen Bundesamt). Dies ist in der Regel der erste Zeitpunkt an dem man durch den Professor darauf gestoßen wird: “Und wo wollen wir das nun publizieren?”
Publizieren? Das bedeutet im Klartext: Der Student schreibt die Ergebnisse aus seiner Arbeit so um, dass sie in Englisch zu verstehen sind, und dass all das, was man nicht herausgefunden hat, jetzt spannend aufbereitet wird. Anders gesagt: Statt zu schreiben “Wir haben nicht zeigen können, dass Bakterium A einen Einfluss auf die Lebenserwartung von Maus B hat” heißt es jetzt “Wir konnten keinen Einfluss von Bakterium A auf die Lebenserwartung von Maus B feststellen.” Die Aussage ist zwar die gleiche, aber während man beim ersten Satz gleich merkt, dass der Student es nicht geschafft hat, seine Versuche zu seinem zufriedenstellenden Ergebnis zu führen, liest sich Satz 2 als ob das Bakterium höchstwahrscheinlich keinen Einfluss hat. Und DAS ist ein publizierbares Ergebnis.
Zumindest denkt das der Masterstudent, der neben der Suche nach einer Promotionsstelle, Bewerbungen in der Wirtschaft und dem Nebenjob bei C&A versucht, dieses Ergebnis zu veröffentlichen. Das dauert einige Wochen, vielleicht Monate bevor der Professor dann seinen Blick auf das Ganze wirft und den Text mit mehr roten Kommentaren als schwarzem Originaltext an den Studenten zurück schickt.
Nach einigem Hin- und her und ein paar Diskussionen darüber, wer denn jetzt Erstautor sein wird, ist es dann dennoch soweit, dass die erste Publikation eingereicht wird, bei einem Journal mit einem Impact Factor von mindestens 1,2 – unheimlich beeindruckend für den bis dahin unpublizierten Jungautor. (Der Impact Factor, nebenbei bemerkt, ist ein Wert, der anzeigt wie viel ein Journal von sich hält, aber dazu später mehr.)
Es dauert dann ein paar Monate bevor man endlich die Antwort des Journals bekommt:
We regret to inform you that we have decided not to include your publication in our journal.
Abgelehnt! Das, beruhigt der Professor einen dann, war eigentlich ja auch zu erwarten, denn negative Ergebnisse (“Wir konnten nicht nachweisen, dass …”) werden ungerne publiziert. “Und außerdem, an deinem Englisch musst du auch noch arbeiten …”
Die Promotion
Die wenigsten Studenten betreten den Lebensabschnitt mit dem Namen „Ich mache jetzt meinen Doktor” mit einer Publikation in der Tasche. Das ist aber gar nicht schlimm, denn der Master erfüllte eigentlich eh nur eine Aufgabe – zu zeigen, dass man selbstständig arbeiten kann. Hat man das gezeigt, und recht gute Noten im Studium gehabt, kann man sich um eine Promotionsstelle kümmern. Hier ist alles etwas komplizierter, denn hier wird von vornherein angenommen, dass man schon selbstständig arbeiten kann. Ohne Publikation darf man deshalb die Uni nicht wieder verlassen.
Kommentare (4)