whale evolution 1.png

Man hat bei dieser Art von Darstellung (egal ob mit Mensch oder mit Wal) zwangsläufig etwas den Eindruck, dass die Richtung von links nach rechts eine Art Fortschritt darstellt – nicht zuletzt dadurch, dass das Originalmotiv “March of Progress” genannt wurde. Das ist natürlich völlig falsch, und sobald in einem Buch diese Abbildung benutzt wird, um Fortschritt zu erklären, bricht der Sinn der Abbildung zusammen. Aber zeigt die Abbildung selbst, dass es eine konstante Weiterentwicklung hin zum prächtigen Homo sapiens gab? All unsere Vorfahren nehmen in der Größe zu, aber auch das ist nicht wirklich falsch. Der Gedanke an Fortschritt entsteht lediglich durch unsere Sicht, dass wir am Ende der Reihe stehen. Drehen wir also das Ganze mal um:

Evolution_of_man4c.png

Wir beginnen beim Menschen und schauen uns nach und nach die einzelnen Vorfahren an. Ich finde das informativ und anschaulich gestaltet. Diese Abbildungen haben weder Anfang noch Ende; und ich denke dass den meisten Leuten das bewusst ist. Zumindest dass der kleine Affe am Anfang nicht den Anfang darstellen kann, ist klar. Aber auch dass der Mensch nicht das Ende der Evolution darstellt, wird deutlich wenn man sich den Großteil der Parodien dazu anschaut. Der Schwerpunkt liegt meistens auf: “Was kommt nach Homo sapiens?”

evolution_of_man2.jpg

evolution_of_man1.jpg

Evolution_of_man3.png

Zugegeben, der Schimpanse am Anfang der letzten Variante dreht die ganze Argumentation auf den Kopf. DAS ist tatsächlich falsch. Aber ich fürchte, der Mythos, dass der Mensch vom Schimpansen abstammt, wird sich noch ein Weilchen halten. Daran ändert auch eine korrekte Abbildung des Zallinger-“Aufstiegs” nichts.

Natürlich besteht die Gefahr, dass diese Abbildung fehlgedeutet wird. Aber wie so oft bietet sie auch die Möglichkeit, das Thema “Evolution” anzusprechen und im Idealfall Missverständnisse aufzuklären. Das macht sie effektiver als fast irgendeine andere Grafik. Die Abbildung ist nicht falsch, sie könnte nur etwas erklärenden Text gebrauchen, genau wie sie es in ihrem ursprünglichen Kontext hatte.

Wenn ich auch die klassischen, verschnörkelten Stammbäume bevorzuge, um die Evolution von Arten darzustellen, manche Aussagen kann man nur mit einer linearen Abbildung richtig rüber bringen:

evolution_of_man5.jpg

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Kommentare (46)

  1. #1 MartinB
    September 17, 2011

    Ich denke, es ist nicht so sehr der “Fortschritt”, der stört, sonder die scheinbare “Richtung”, und die erkenne ich auch bei der Walgrafik. Die “Zwischenformen” erwecken bei dieser Darstellung den Eindruck, irgendwie unfertig zu sein und sozusagen nichts halbes und nichts ganzes (weder Landtier noch Wal).

    Und das ist so natürlich nicht richtig: wenn sich kleine Dinos zu Vögeln weiterentwickeln, dann waren sie als kleine Dinos eben trotzdem an ihre aktuelle ökologische Nische gut angepasst. Und auch ein Ambulocetus war eben ein “vollwertiges” Tier, keine bloße “Zwischenform”.

  2. #2 Roland
    September 17, 2011

    Jedes “Zwischenform” ist natürlich ein “vollwertige Tier”, und umgekehrt ist gleichzeitig (fast) jedes “vollwertige Tier” eine “Zwischenform”.
    Wir benutzen da einfach Begriffe, die nicht zur Evolution passen.
    Ich finde solche Abbildungen nicht schlimm, ist doch klar, daß sie vereinfachend sind, und daß sie auf beiden Seiten keine fixe Grenze haben, sondern nur einen Ausschnitt darstellen.

  3. #3 Radicchio
    September 17, 2011

    Was ist falsch an der bekanntesten Grafik zur Evolution des Menschen?

    dass “mensch” ein mann ist.

  4. #4 MartinB
    September 17, 2011

    @radicchio
    Dafür gibt es in diesem Fall einen “guten” Grund (der damit zusammenhängt, dass der Mensch auf dem Bild das rechte Bein vorn hat…)
    😉
    Die ursprüngliche Darstellung stammt immerhin aus den 60ern.

  5. #5 Nils
    September 17, 2011

    @MartinB:
    “Und auch Ambulocetus war eben ein ‘vollwertiges’ Tier, keine bloße ‘Zwischenform’.”

    Du hast Recht: der Anschein, dass alles nur FÜR den Menschen gewesen ist, wird hier auch suggeriert. Aber genau wie der Fortschritt ist es auch lediglich eine Fehlinterpretation der Grafik. Ich kann gut verstehen, dass man mit der Abbildung Bauchschmerzen hat. Ich sehe solche kleinen Missverständnisse dann aber lieber als Ansatzpunkt zum Gespräch, nicht als Kritik an der Abbildung.

  6. #6 Hel
    September 17, 2011

    @radicchio, MartinB

    “Mensch” beäuge unbedingt auch mal ganz genau das dritte Wesen von rechts auf jener ersten Abbildung – diese hat mE Freudsches Deutungspotenzial vom Feinsten:

    Mann = Kastrationsangst
    Frau = Penisneid

  7. #7 MartinB
    September 17, 2011

    @Nils
    “als Ansatzpunkt zum Gespräch”
    Ja, wenn denn die Person, die das Bild anguckt, jemanden hat, der die Suggestion aufklärt. Aber genau das ist ja bei solchen Ikonen oft nicht gegeben.
    Trotzdem finde ich die Grafik auch nicht verwerflich – zumal es schwierig sein dürfte, eine ähnlich augenfällige, aber korrektere, zu zeichnen.

  8. #8 Nils
    September 17, 2011

    @Martin:
    Ich denke du bringst das gut auf den Punkt. Als Ikone steht die Abbildung alleine im Raum und ist für jede Fehlinterpretation sehr offen. Da wäre es schön wenn sie schlagartig zu verstehen wäre. Ich finde es nur schade wenn – so wie bei dem Artikel von “Sciencepunk” – behauptet wird, sie wäre genauso falsch wie z.B. die Abbildung des Sonnensystems.

    Mir gefällt an ihr vor Allem der Wiedererkennungswert. Gibt es so eine Grafik auch für die Relativitätstheorie? Vielleicht sollte daran mal jemand arbeiten … 🙂

  9. #9 MartinB
    September 17, 2011

    @Niels
    Zu der Sonnensystemgrafik ne Frage: Du schreibst
    “dass die Sonne gar nicht sooo groß ist:”
    Sollte das nicht heißen
    “dass das Sonnensystem gar nicht sooo groß ist”?
    Die Sonne ist doch maßstabsgetreu in dem Bild oder nicht?

    “Gibt es so eine Grafik auch für die Relativitätstheorie? Vielleicht sollte daran mal jemand arbeiten … :-)”
    Für die Allgemeine gibt’s zumindest was ähnliches:
    https://3.bp.blogspot.com/_nmN8DYYEFLA/S8NTh042I8I/AAAAAAAABCE/lvyVmeQ9ELk/s1600/Spacetime_curvature.png
    Und die ist auch falsch, weil der Raum nach außen hin nicht flach werden dürfte – die Gravitation hat ne unendliche Reichweite…

    Für die spezielle fällt mir gerade nichts ein.

  10. #10 CMS
    September 17, 2011

    Hm, bin ich der einzige, der das “falsche” an der Illustration gar nicht verstanden hat? Also in dem Sinne, dass ich an die korrekte Interpretation denke, wenn ich das sehe, und eben nicht das, was im verlinkten englischen Artikel gesagt wird.

  11. #11 Nils
    September 17, 2011

    @Martin:
    Oh, weißt du was? Du hast Recht. Es sind die Dimensionen, die nicht stimmen – nicht die eigentlichen Größenverhältnisse. Wenn es um Astronomie geht, hätte wahrscheinlich Florian mal über den Text schauen sollen. Ich hatte mir die Planeten doch kleiner vorgestellt.
    Wenn der Link oben zu den korrekten Dimensionen stimmt, ist Jupiter in Wirklichkeit etwas kleiner als hier abgebildet, aber das wäre Haarspalterei. Auf der deutschen Wikipedia-Seite ist eine Abbildung, die die Wirklichkeit noch etwas mehr verzerrt, aber da steht wenigstens drunter “nicht maßstabsgetreu”.

    Na ja, ich hab’s auf jeden Fall verbessert. Danke. 😉

  12. #12 Nils
    September 17, 2011

    @CMS:
    Ich bin nicht sicher, ob ich verstehe was du genau meinst, aber mein ganzes Argument hier basiert ja da drauf, dass an der Abbildung nichts wirklich falsch ist (abgesehen von “Kleinigkeiten,” die man in den 1960ern halt noch nicht wusste). Es ist nur sehr leicht, sie misszuverstehen und eine Art Fortschritt hereinzuinterpretieren, der aber gar nicht da ist.

  13. #13 Radicchio
    September 17, 2011

    Jedes “Zwischenform” ist natürlich ein “vollwertige Tier”, und umgekehrt ist gleichzeitig (fast) jedes “vollwertige Tier” eine “Zwischenform”.
    Wir benutzen da einfach Begriffe, die nicht zur Evolution passen.

    nicht vollwertige tiere gibts nicht. jede existierende art ist lebensfähiger nachkomme ihrer vorfahren und vollwertig. auch zwischenformen sind selbstverständlich vollwertig. »zwischen« bedeutet nämlich nicht, dass es sich um einen hund mit 3 beinen handelt, weil das 4. noch nicht fertig war, sondern dass sowohl davor als auch danach andere arten existierten und unser tier »dazwischen«.

    zur evolution passt das wort »zwischenform« ausgezichnet, nur nicht zum creationismus, der unter zwischenform einen dreibeingen hund versteht.

  14. #14 Radicchio
    September 17, 2011

    Es ist nur sehr leicht, sie misszuverstehen und eine Art Fortschritt hereinzuinterpretieren, der aber gar nicht da ist.

    wenn wir die zeichnung nach links vervollständigen bis hin zur mikrobe … meinst du also, da würde von der mikrobe bis zum menschen kein fortschritt erkennbar sein?

    gemeinhin versteht man ja unter fortschritt die änderung eines zustands. das gegenteil, der rückschritt bezeichnet die rückkehr in einen früheren zustand und stillstand erklärt sich von selbst. der begriff fortschritt wird zwar häufig für eine zustandsänderung in einem wie auch immer gearteten positiven sinne interpretiert, aber auch ein negativer, z.b. ein verfallsprozess kann fortschreiten, ebenso wie ein rückschritt zum positiven erfolgen kann. dass fortschritt immer zum »guten« führt, ist doch eher ein poltischer euphemismus und begriffspanscherei.
    die evolution hat – natürlich – kein ziel, keinen drang zum »besseren«, aber fortschreiten tut sie im sinne eines zeitlich ablaufenden prozesses.

  15. #15 Nils
    September 17, 2011

    @Radicchio:
    Ach Semantik, irgendwie gerate ich da immer wieder rein. 😉 Laut Duden ist “Fortschritt” nicht gleich “fortschreiten,” sondern eindeutig positiv zu bewerten. Ich würde den Begriff auch eher so benutzen und dann passt er hier – wie du schon sagst – nicht hin.

  16. #16 BreitSide
    September 17, 2011

    +++

  17. #17 MartinB
    September 17, 2011

    @radicchio
    “nicht vollwertige tiere gibts nicht.”
    Das weißt du – aber ich glaube schon, dass viele Leute eben denken, zwischenformen zwischen Landtier und Wal oder Affe und Mensch sind nicht so richtig fertig und an nichts so richtig angepasst.

    “meinst du also, da würde von der mikrobe bis zum menschen kein fortschritt erkennbar sein? ”
    Naja, S. Gould sagte ja immer, dass die zunehmende Komplexität zwar da ist, aber eben nicht gerichtet, Entwicklungen können in richtung höherer und niedrigerer Komplexität gehen, aber wenn man mit etwas sehr einfachem anfängt, dann scheint die Entwicklung eben gerichtet.
    Als Bild kan man sich einen Fliegnschwarm vorstellen, der auf der Mauer sitzt. Wenn die Fliegen losfliegen und willkürlich herumsausen, entfernen sich einige imemr weiter von der Mauer – das sieht dann so aus, als gäbe es eine gerichtete Bewegung.

  18. #18 Alexander
    September 17, 2011

    Die Grafik mit dem dicken Mann am Ende bezieht sich wohl auf das Musikvideo von Fatboy Slim. Darin kann man ab 1:50 auch den “Fortschritt” vom Affen zum Menschen bestaunen:

  19. #19 CMS
    September 17, 2011

    @Nils:
    Ja, ich weiß auch nicht wirklich, ob ich verstanden habe was ICH meine =D

    Ich stimme dir zu, und wollte nur sagen, dass ich gar keine falsche Interpretation habe, wenn ich das sehe. Ich sehe also z.B. keine “Richtung”. (Ob man “Fortschritt” sieht ist glaube ich eher eine philosophische Frage =) )

  20. #20 Polaris
    September 17, 2011

    “Was kommt nach Homo sapiens?”

    Ich denke, dass dies genau die Frage ist, die wir uns hier, da, wo wir heute “stehen”, stellen sollten, wenn wir nicht wie eine Fliege an die Wand geklatscht werden wollen…

    … es ist nichts übernatürliches daran, den evolvierenden Planeten als lebende Zelle im Universum zu verstehen. Es wird nicht mehr lange dauern bis dieses lebendige Universum entschieden hat, was es mit und machen wird..! In unseren Körpern zumindest, werden agressive Zellen nach einer gewissen Zeit vom Immunsystem angegriffen und ausgelöscht – warum sollte es im Makrokosmos anders sein?

  21. #21 Jürgen Schönstein
    September 18, 2011

    Jetzt bin ich aber doch mal neugierig: Wie würde denn eine korrekt organisierte Grafik der menschlichen Entstehungsgeschichte aussehen? Und ja, dass dies eine anthropozentrische Sichtweise widerspiegelt, ist mir klar – aber aus menschlicher Sicht erscheint das verständlich.

  22. #22 Stefan W.
    September 18, 2011

    Analog zu den Planeten sind die horizontalen Abstände nicht genormt. Eine Beschriftung wäre wünschenswert, denn diejenigen, die sich, wie ich, selten mit diesen Zeiten befassen, geht jedes Gespür für diese Zahlengrößen ab.

    Kürzlich operierte erst wieder jmd. in einer Sendung, ich glaube im Nachtstudio des ZDF, wo man ja schon eine Art Elite als Gast hat, mit “vor hunderten von Milliarden Jahren” – es ging aber nicht um das Alter des Weltalls, welches ich mit <20 Mrd. im Gedächtnis habe, sondern schon um Lebensformen.

    Wenn man da ab und zu mal die korrekten Zahlen lesen würde, würde man sich das vielleicht doch früher oder später einprägen.

  23. #23 Nils
    September 18, 2011

    @Jürgen:
    Genau! Ich verstehe auch nicht wie man die Abbildung “korrekter” hätte darstellen können. Aber ich höre häufig, wie jetzt beim Sciencepunk Blog, dass diese Abbildung falsch ist. Wie gesagt, man hätte den Fehlinterpretationen vorbeugen können, aber so wie ich die Grafik (zumindest das Original) sehe, finde ich sie völlig in Ordnung.

  24. #24 JK
    September 18, 2011

    @ Jürgen Schönstein, @ Nils: Mir scheint, die Grafik interpretiert mit ihrer Fokusierung auf die Herausbildung des aufrechten Gangs (und ansatzweise den Werkzeuggebrauch) die menschliche Entwicklung zu einseitig, weil für den Menschen Sozialität und Sprache mindestens genauso kennzeichnend sind.

    @ MartinB: Sieht die Verbreitung der Fliegen nur gerichtet aus oder ist sie es, analog zur Zunahme der Entropie?

  25. #25 MartinB
    September 18, 2011

    @JK
    Das ist eine Frage des Standpunkts, denke ich. Da sich einige Fliegen immer weiter weg von der Wand entfernen, erhöht sich der mittlere Abstand der Fliegen von der Wand tatsächlich. Daraus darf man aber eben nicht schließen, dass die Bewegung der Fliegen irgendwie gerichtet ist oder das sie von der Wand wegfliegen “wollen” oder dass es irgendeine Kraft gibt, die sie von der Wand wegtreibt. Der Vergleich mit der Entropie ist ganz gut, denke ich.

    @Jürgen
    Etwa so vielleicht?
    https://darwiniana.org/famtree3b.gif

    Das hier ist auch nett (ich hoffe, zwei Links klappen)
    https://relichunter.co.uk/assets/images/image.jpg

  26. #26 Sim
    September 18, 2011

    Folgender Gedanke: Spezies A besiedelt Umwelt X. Umwelt X bleibt über den gesammten zu betrachtenden Zeitraum hinreichend konstant. Aus Spezies A entwickelt sich Spezies B (Beide Spezies leben also nicht gleichzeitig)

    Würde man also Vertreter der Spezies A und Spezies B in eine Zeit stecken, dann könnten sie keine Nachkommen zeugen.

    Jetzt folgende Betrachtung: Spezies A und Spezies B werden in die nicht von einer dieser Spezies besiedelten Umwelt X eingeführt. Wenn jetzt Spezies B, im Experiment Spezies A immer wieder verdrängt, könnte man schon sagen, dass Spezies B, da besser an Umwelt X angepasst, fortschrittlicher ist als Spezies A aber eben immer nur in Bezug auf Umwelt X.

    Jetzt ist natürlich folgender Einwand nicht von der Hand zu weisen: Die Forderung dass Umwelt X konstant bleibt, ist künstlich. Denn während Spezies A in der Umwelt X evolviert, kommt es ja unweigerlich zu Rückkopplungseffekten. Die Spezies ist ein Teil der Umwelt und die Umwelt passt sich auch an Spezies A an.

    Jedenfalls denke ich, ist Fortschritt immer nur bezüglich eines definierten Zieles, auf das hin fortgeschritten werden kann möglich. Zum Beispiel die Anpassung an eine bestimmte Umwelt. Oder nehmen wir die Evolution eines Wirbeltierauges welches klar fortschrittlicher ist als ein Lochauge aber eben nur in Bezug auf die Leistungsfähigkeit des Sehvermögens, welches ein sehr eingeschränktes Ziel darstellt und nur in sofern positiv wahrgenommen wird, weil wir Menschen selber, sehende Tiere sind die sich etwas auf ihre Augen einbilden. Aber als im Dunkeln lebende Fische bräuchte man so einen Tand gar nicht. Und natürlich kann auch ein Lochauge effizienter sein als ein Wirbeltierauge, weil es mit weniger Energie eine Aufgabe hinreichend gut erfüllen könnte.

    Ich denke, der Begriff Fortschritt, hat schon seine Berechtigung, aber man muss ihn vorsichtig und weise einsetzen. Man muss eben wissen, dass man als Mensch selber ein positives Ziel formuliert und gewisse evolutionäre Bestrebungen die auf dieses Ziel hinschreiten als Fortschritt wertet. Es muss völlig klar sein, dass die ‘Natur’ oder die ‘Evolution’ eben keiner Personifizierung anheim fallen dürfen, welche irgendwelche Intressen verfolgen und solche wertenden Begriffe wie ‘Fortschritt’ laufem diesem Gedanken eben etwas zuwieder.

  27. #27 Radicchio
    September 18, 2011

    Es ist nur sehr leicht, sie misszuverstehen und eine Art Fortschritt hereinzuinterpretieren, der aber gar nicht da ist.

    um noch mal auf diesen satz zurückzukommen:
    es ist natürlich unkar, wohin die evolution verlaufen wird. betrachtet man einen prozess aber rückblickend, ist vom standpunkt des betrachters aus eine richtung vorhanden, an deren derzeitigen ende er steht. aus diesem blickwinkel ist die entwicklung folgerichtig und das resultat einer fortschreitenden und nachvollziehbaren entwicklung. ob das ergebnis nun “fortschrittlicher” ist, ist interpretation. genauso verhält es sich mit der wal-grafik. wenn man vom wal aus rückwärts schaut, ist die linie folgerichtig. und das wird für alle seine nachfolger zutreffen. dann rutscht der wal in die reihe der vorfahren aka zwischenformen. man könnte aber genauso gut vom seehund rückwärts schauen und eine linie vorfinden, obwohl der seehund nicht der wasserlebenden weisheit letzter schluss zu sein scheint.

  28. #28 Nils
    September 18, 2011

    @Martin:
    “Das hier ist auch nett (ich hoffe, zwei Links klappen): https://relichunter.co.uk/assets/images/image.jpg
    Der Stammbaum ist natürlich die beste Darstellung. Das sehe ich auch so. Aber das andere Bild ist eher ein politisch korrekter Trick. Indem Homo sapiens den anderen hinterher läuft, wird zwar der Eindruck einer Richtung aufgehoben, aber dafür geht die Zeitachse verloren. Und Homo habilis ist doch arg klein geraten. Soweit ich weiß schwankte der in der Größe sehr stark (so stark, dass man lange Zeit bestritt, die verschiedenen Funde gehörten zur gleichen Art). Es gibt auf jeden Fall Skelette, die genauso groß sind wie A. afarensis. Von den beiden Details dann abgesehen, ist es aber im Wesentlichen die gleiche Abbildung wie unser “MoP.”
    Ich bevorzuge den Stammbaum. 🙂

  29. #29 Nils
    September 18, 2011

    Kleiner Nachtrag: Im Original war die Abbildung ja auf einem Faltblatt. Interessanterweise verschwinden beim Falten die 7 Hominiden in der Mitte, so dass z.B. die kleineren Arten nicht mehr zu sehen sind. (H. habilis hingegen war auf dem Original noch gar nicht drauf.) Die mittlerweile zur Ikone gewordene Grafik zeigt nur drei der ersten fünf, und dann wieder die letzten drei, so dass jegliche Variation verloren geht. DAS finde ich doch sehr selektiv …

  30. #30 Jürgen Schönstein
    September 18, 2011

    @MartinB
    Ich finde, dass die beiden Beispiele, die Du gibts, definitv nicht “besser” sind. Was mich an dem Stammbaum ganz massiv stört, ist die Platzierung des homo sapiens ganz oben: Nach den Gepflogenheiten unserer Ikonographie ist “oben” = “höher” = “besser”. Insofern ist diese Stammbaum-Grafik also noch falscher, weil sie tatsächlich eine Rangordnung, eine Überlegenheit auszudrücken scheint. Und der “rückwärts” gehende homo sapiens ist doch nur ein Gimmick, wie Nils auch schon gesagt hat.

    Aus der Sicht des modernen homo sapiens ergibt sich nun mal rückblickend eine gerade Ahnenreihe. Wenn mein Ururgroßvater eine unverheiratete Schwester und einen kinderlosen Bruder hatte, dann wäre das zwar interessant, aber für meine Genealogie nicht wirklich maßgeblich. Ich stamme nun mal nicht von meinem Ururgroßonkel ab (wobei “-onkel” hier rein die biologischen Verwandtschaftsverhältnisse beschreibt; über den Lebenswandel und die eheliche Treue meiner Ururahnen weiß ich nicht Bescheid). Und man sollte nicht vergessen, dass es sich bei der Abbildung um eine journalistische Illustration handelt, die einen bestimmten Aspekt der Faktenlage beleuchten soll – nämlich den, dass wir Menschen abstammen, also nicht das Produkt einer Schöpfung sind. Und das, so finde ich, vermittelt sie ganz klar. Um den Preis der Unvollständigkeit, gewiss – aber als Geograph weiß ich auch, dass Klarheit manchmal nur durch Weglassen erreicht werden kann. Versuch Dir mal eine Straßenkarte vorzustellen, die jedes Detail der Realität abbildet, anstatt sich auf das Wesentliche, nämlich die Wegdarstellung, zu beschränken …

  31. #31 MartinB
    September 18, 2011

    @Jürgen
    “Was mich an dem Stammbaum ganz massiv stört, ist die Platzierung des homo sapiens ganz oben”
    Stimmt – irgendwo mittig oder so wäre besser gewesen, oder unten.

    “Und der “rückwärts” gehende homo sapiens ist doch nur ein Gimmick”
    Ich finde den auch nicht gut, weil er rückwärts geht, sondern weil man sieht, dass es nicht linear ist – der homo habilis ist kleiner (evetuell zu klein?), der H. erectus ziemlich groß. Das druchbricht die scheinbare Linearität.

    “Versuch Dir mal eine Straßenkarte vorzustellen, die jedes Detail der Realität abbildet, anstatt sich auf das Wesentlich, nämlich die Wegdarstellung, zu beschränken …”
    Aber ne Straßenkarte, auf der alle Kreuzungen fehlen, wäre schon irritierend (vor allem, wenn man irgendwo abbiegen soll…)

  32. #32 Jürgen Schönstein
    September 18, 2011

    @MartinB

    Aber ne Straßenkarte, auf der alle Kreuzungen fehlen, wäre schon irritierend (vor allem, wenn man irgendwo abbiegen soll…)

    OK, dann präzisieren wir das Wege-Beispiel doch (passt sowieso besser): Wenn Du wissen willst, wie Du von A nach B kommst, dann hilft es Dir wenig, wenn ich Dir nicht nur den Weg dorthin beschreibe, sondern auch alle Wege, die NICHT dorthin führen – was ich aber, nach dieser Logik, tun müsste, um den Eindruck zu vermeiden, dass B irgendwie besser oder anderen Destinationen vorzuziehen wäre.

  33. #33 Radicchio
    September 18, 2011

    was wäre eigentlich so problematisch an der sicht, dass es von menschen- und affenvorfahr bis zum menschen einen fortschritt im sinne einer entwicklung zum “höheren” gegeben hat?

    … immerhin schreiben die affen hier nicht mit (ok. … mit ausnahmen).

  34. #34 MartinB
    September 18, 2011

    @Jürgen
    Ja, schon o.k. – aber wenn mich wirklich der Weg interessiert, dann sollte ich zumindest wissen, dass es Kreuzungen und Abzweigungen gibt.
    Ich glaube, das ist jetzt aber genug plattgewalzt, oder?

    @radicchio
    Wohl nie “Planet der Affen” gesehen?

  35. #35 Geoman
    September 19, 2011

    Das Problem, über das diese Abbildung hinwegtäuscht, scheint mir zu sein, dass wir es mit keiner Entwicklung zu tun haben, sondern dass diese Typen fast alle gleichzeitig gelebt und sich kreuzweise mit einander gepaart haben und nicht erst Homo sapiens… sondern schon Homo erectus olympiareife Speere hatte. Also völlig tendenziös ahistorisch schwachsinnige Abbildung.

  36. #36 DieterS
    September 20, 2011

    Geoman bringt’s auf den Punkt!
    Wurde uns sogar in der Schule beigebracht, dass diese Grafik so falsch ist.

  37. #37 Geoman
    September 20, 2011

    Um es noch mal auf den Punkt zu bringen. Diese Abbildung ist nicht falsch oder unsinnig, weil sie sachliche Fehler enthält und die Gefahr besteht, sie fehl zu deuten, sondern sie ist die Inkarnation einer völlig falschen Vorstellung von Evolution, weil sie das Bild von der Evolution als Marsch des Fortschritts instinktiv verfestigt. Es ist ein sehr mühsames Unterfangen den intellektuellen Schaden, den solche Bilder anrichten, rational zu bekämpfen. Das zeigt nicht zuletzt auch dieser Blogpost, der die falsche Ikonographie dieser Abbildung völlig unterschätzt oder relativiert. Ich empfehle hierzu, Stephen Jay Gould: “Die Leiter und der Kegel: Ikonographien des Fortschritts” zu lesen. In: ” Zufall Mensch”, 1991.

  38. #38 Eric
    September 20, 2011

    Ich versuche mal dilletantisch zu einem Post von Brian Switek zu diesem Thema zu verlinken:
    https://blogs.scientificamerican.com/guest-blog/2010/12/03/breaking-our-link-to-the-march-of-progress/

    Zu der Abbildung selbst: Ich mag sie nicht. Hauptsächlich weil sie einfach nicht stimmt und dann noch wegen all der netten Gründe die hier schon genannt wurden (Fortschrittsquatsch und so weiter).

  39. #39 Nils
    September 20, 2011

    @Geoman & Eric:
    Ihr zitiert beide Stephen Jay Gould (im SciAm-Artikel von Eric wird zu dem von Geoman erwähnten Artikel Stellung genommen). Ja, er war der wohl bekannteste Gegner des “March of Progress”, aber das verfehlt den Kern meines Blogposts. Diese Abbildung wird immer als Beispiel für die Evolution des Menschen angeführt, aber was sie tatsächlich ist, ist eine Liste der Vorfahren des Menschen. Reisen wir von heute zurück in die Vergangenheit und treffen einen Vorfahren nach dem anderen, lässt sich eine Linie von Vorfahren des Homo sapiens erstellen. Diese Linie sollte Zallinger damals illustrieren. Richard Dawkins macht in seinem Buch “The Ancestor’s Tale” nichts anderes, und zwar weil es den Menschen in den evolutionären Kontext rückt (und ich will hier damit keine Dawkins vs. Gould Debatte neu ins Leben rufen).

    Ich finde die Popularität dieser Grafik nicht schlimm, gefallen tut sie mir deshalb noch lange nicht. Geoman, du hast vielleicht Recht dass ich den Schaden dieser Abbildung unterschätze (wäre mal interessant, das genauer zu untersuchen). Aber wie ich schon sagte, einen komplizierten Prozess wie Evolution auf das Wesentliche zu reduzieren (in diesem Fall: Wer kam vor Homo sapiens?), ist manchmal kein schlechter Weg, um eine klare Aussage zu machen.

    Ohne eine weitere “berühmte” Debatte zurück ins Leben zu rufen, ich stimme Jürgen deshalb zu, dass Kreuzungen und Abzweigungen völlig irrelevant sind, wenn man “nur” den Weg dahin illustrieren möchte – egal ob nun Mensch, Wal oder Ameisenlöwe.

    Das für mich viel größere Problem ist daher nicht die Entscheidung, den Menschen als (momentanes) Ende einer Linie zu zeigen, sondern die selektive Entscheidung, welche Vorfahren jetzt in so einer Abbildung gezeigt werden und welche nicht. Aber wie gesagt, kann sein, dass ich da etwas zu naiv bin was die Reichweite der Fehlinterpretation angeht …

  40. #40 Eric
    September 21, 2011

    Das Problem an dem ganzen ist jedoch, dass niemand genau weiß, wer denn jetzt genau alles in unsere Vorfahrenlinie gehört. Wir können lediglich unterschiedliche Grade an Verwandtschaft festellen, wirklich wissen welche von diesen Formen jetzt in unserer direkten Vorfahrenlinie steht, geht einfach nicht. Wir waren dummerweise nicht dabei als das ganze passiert ist und so bleibt alles was wir herausfinden irgendwo halb im hypotethischen Raum hängen.
    Natürlich könnte man versuchen eine Art Kompromiss zwischen allen möglichen Hypothesen zu finden, doch klaffen die Meinungen innerhalb des Feldes teilweise so weit auseinander, dass der Kompromiss zu einem ziemlich indifferenten Ergebnis führt.
    Ich persönlich bin der Meinung, dass man nicht versuchen sollte die Komplexität und die wissenschaftstheoretischen Probleme die die Paläoanthropologie mit sich bringt für die Außendarstellung zu reduzieren. Vielmehr sollte man diese Dinge betonen und versuchen sie vernünftig zu erklären, denn es sind diese Dinge die, zumindest für mich, den Reiz dieses Faches ausmachen.
    Aber da ich ja eher zu den direkt Betroffenen in diesem Falle gehöre bin ich vielleicht auch der falsche Ansprechpartner für solche Sachen.

  41. #41 Nils
    September 21, 2011

    Eric, ich kann dich gut verstehen. Ich finde es immer schrecklich, wenn Insekten plötzlich mit 4 Beinen dargestellt, werden, Mücken mit 4 Flügeln, oder Fliegen als Bienen bezeichnet werden. Das ist zwar vergleichsweise harmlos, aber es stört mich einfach.

    Ja, unsere Liste der Vorfahren wird noch viele Veränderungen/Ergänzungen erfahren. Aber trotzdem ist eine Form der “Vereinfachung” von komplexen Vorgängen meiner Meinung nach nicht vermeidbar. In der Uni lernen wir wie Informationsvermittlung an Synapsen mittels Schlüssel-Schloss-Prinzip abläuft, mit Dreieck-Botenstoffen, die nur in Dreieck-Rezeptoren passen. Würden wir das direkt so darstellen, wie es tatsächlich abläuft, glaube ich, dass da eine Menge Studenten bei verloren gehen würden.

    Ich bin übrigens nicht der Meinung, dass unsere fehlende Anwesenheit zu “Lucys” Zeiten bedeutet, dass wir nie wissen können was tatsächlich passiert ist. Ich denke wir wissen schon sehr viel, allein durch paläontologische Funde. Ich bin auf jeden Fall auf deine Posts zu A. Sediba gespannt …

  42. #42 Geoman
    September 21, 2011

    @ Niels

    Nachdem ich zwischenzeitlich den Eindruck hatte, dass Du etwas Einsicht gezeigt hast, habe ich jetzt wieder den gegenteiligen Eindruck:

    Diese Abbildung ist keine vereinfachte Darstellung eines komplexen Vorganges, sondern schlicht eine Verdummung. Sie hat mir Evolution und dem was wir über die Evolution des Menschen wissen so gut wie nix zu tun. Sie transportiert Vorurteile über Evolution, die offenbar auch bei Biologen noch tief verankert sind.

    Als ersten Schritt zur Entwöhnung von dieser ikonigraphischen Abbildung empfehle ich Dir, den auf ihr dargestellten Typen der Reihe nach wissenschaftliche Namen zu geben, dann sehen wir weiter.

  43. #43 Nils
    September 21, 2011

    Geoman, du missverstehst grundsätzlich nur um zu provozieren, oder? Bei einem deiner letzten Kommentare hatte ich tatsächlich den Eindruck, du könntest auch ausschließlich über eine Thematik diskutieren, ohne die Autoren, Kommentatoren etc. anzugeifen. Du hast Recht, ich war wohl zu naiv. Die wissenschaftlichen Namen sind übrigens oben verlinkt.

    Wir haben hier bei den Sb eine Netiquette. Wenn du es nicht schaffst, sachlich auf Argumente einzugehen, widersetzt du dich dagegen. Ich habe dir schon mehrfach nahegelegt, deine aus der Luft gegriffenen Unterstellungen (“die offenbar auch bei Biologen noch tief verankert sind”) zu unterlassen, solange du sie nicht deutlich belegen kannst. Solltest du das nicht können, kann ich dir helfen dich von den ScienceBlogs zu “entwöhnen”. Das Angebot hab ich dir, glaube ich, schon mehrmals gemacht.

    (Du kannst dir sparen, auf diesen Kommentar zu antworten, da er nichts zu diesem Thema beisteuert.)

  44. #44 Dr. Webbaer
    September 24, 2011

    Nils, für Abstammungsgeschichten böte sich eine vielleicht sogar vage gehaltene (Sie kennen die Prädezessoren der Menschen sicherlich besser als der Schreibär dieser Zeilen) Baumdarstellung an. Die Linearität, die Geoman hier anscheinend unfroh werden ließ, kann durchaus als Verdummung verstanden werden. – Fragen Sie mal in der Bekanntschaft wie dort die allgemein bekannte Grafik verstanden wird.
    Das mit dem Entwöhnen, lol, war jetzt nicht sehr cool.

  45. #45 Eric
    September 24, 2011

    “Ich bin übrigens nicht der Meinung, dass unsere fehlende Anwesenheit zu “Lucys” Zeiten bedeutet, dass wir nie wissen können was tatsächlich passiert ist. Ich denke wir wissen schon sehr viel, allein durch paläontologische Funde. Ich bin auf jeden Fall auf deine Posts zu A. Sediba gespannt …”

    Ich kann dazu nur sagen, dass die meisten Personen die in dem Feld selber arbeiten, wesentlich pessimistischer sind, was unsere endgültige Aussagekraft über unsere Evolution angeht. Das heißt nicht, dass wir garnichts sagen können, nur sind, wie gesagt, die Aussagen die wir treffen können wesentlich langweilger und bewegen sich immer(!) in einem hypothethsischen Raum.
    Ich habe ein bisschen über dieses Thema in meinem Blog geschrieben, die Analogie die ich benutze ist zwar etwas komisch, aber ich denke sie passt trotzdem ganz gut.

    https://affeonline.blogspot.com/2011/05/der-stopknopf-offnet-nicht-die-tur-was.html

    Die Sedibafunde sind im übrigen ein wunderbares Beispiel dafür, dass diese Darstellung über die hier diskutiert wird ein ganz furchtbar schlechtes Modell für die Evolution des Menschen ist. Diese Funde zeigen uns nämlich im Grunde genommen, dass das Bild wie die Hominiden sich in Afrika ausgebreitet und entwickelt haben sehr wahrscheinlich wesentlich komplexer ist und das eine simple gerade Linie ihr nicht gerecht wird.

    Ich finde auch deine Analogie zu den Neurotransmittern nicht passend, denn der Unterschied zwischen der Darstellung von Neurotransmittern als Dreiecken und der Darstellung der Evolution des Menschen in der Art des “March oof Progress” ist, dass im ersteren Fall, die wesentlichen Informationen (Neurotransmitterreaktionen laufen nach dem Schlüssel Schloss Prinzip ab) nicht verloren geht. Wohingegen der March of Progress eine Art gradualistische Evolution der Hominiden suggeriert die, zumindest in den früheren Teilen unserer Evolution in der Art sehr wahrscheinlich nicht stattgefunden hat.
    Ich bin kein Gegner von Vereinfachung per se, ich bin nur ein Gegner von Vereinfachungen die durch den Prozess der Vereinfachung den eigentlichen Sachverhalt falsch darstellen und das ist beim “March of Progress” der Fall.

  46. #46 Nils
    September 24, 2011

    Eric, dein Busfahrbeispiel fand ich schon im Mai ziemlich gut. Es ist schon schön, zu sehen, dass man die wissenschaftliche Methode fast überall im Alltag irgendwie anwenden kann.
    Ich gebe dir auch, wie den vielen anderen Kommentatoren, Recht, wenn ihr sagt die Grafik ist nicht gut. Aber wir diskutieren weiterhin aneinander vorbei. Jeder Mensch ließe sich (wenn wir entsprechende Methoden hätten) linear zurückverfolgen zu einem Vorfahren, der wahrscheinlich aussähe wie ein Fisch. Ich hatte immer angenommen, dass uns das diese Grafik suggeriert und ich denke, das ist etwas, das vielen Leuten erst durch diese Grafik bewusst wird. Ich hatte nie angenommen, dass hier die Evolution des Menschen dargestellt werden sollte, denn das ist nun mal ein komplexer Prozess von dem wir – wie du sagst – noch viel zu wenig wissen. Doch wir kennen mittlerweile viele Vorfahren, die mehr (A. sediba?) oder weniger (H. neanderthalensis?) stark mit uns verwandt sind und die auf einer Zeitachse eindeutig vor uns liegen. Oder liege ich da so falsch?
    Was deine wissenschaftstheoretische Kritik am Ende deines Artikels angeht, stimme ich aber nicht ganz mit dir überein. Die Evolutionstheorie (oder speziell hier: Natürliche Selektion) funktioniert nicht nur in der Retrospektive. Abgesehen von den schon von dir erwähnten Laborversuchen, lässt sich vor Allem auch durch vergleichende Anatomie und Entwicklungsphysiologie viel über die Rolle von Adaptionen sagen. Aber ich denke das ist vielleicht ein Gespräch, das woanders besser hin passt. Vielleicht schaue ich mal dafür bei deinem Blog vorbei … 😉