Viele Meter unter dem Büro von Guido Westerwelle lagern in den drei Tiefgeschossen der ehemaligen Reichsbank die 25 Regalkilometer des Politischen Archivs des Auswärtigen Amtes. Wo hinter dicken Mauern und Stahltüren einst die Devisen- und Goldreserven des „Deutschen Reichs” aufbewahrt wurden, haben seit dem Regierungsumzug vor etwa zehn Jahren die Akten der Auslandsvertretungen, die bi- und multilateralen Verträge der Bundesrepublik sowie 70.000 Personalakten ihren Platz. In einer knapp zweistündigen Führung für Mitglieder des Historikertags erläuterte Referent Martin Kröger die 90-jährige Geschichte des Archivs und zeigte zudem eine große Anzahl von interessanten Beispielen des Bestandes.

Von Philipp Meller

Die gesammelten Dokumente sind oft noch älter als das Archiv selbst. Kröger konnte so zum Teil lustige Anekdoten aus den alten Kaiserzeiten am Ende des 19. Jahrhunderts erzählen und an äußerst interessanten Zeugnissen belegen. Schließlich lagern in dem bedeutenden Archiv mit einer Aufbewahrungsquote von stattlichen 40 Prozent nicht nur langweilige Akten, sondern auch außergewöhnliche Gegenstände, wie der Konstruktionsplan eines über hundert Jahre alten Mercedes-Benz (Gastgeschenk an Äthiopien) oder ein – nach Skizze von Kaiser Wilhelm II. – gefertigter Ärmel einer deutschen Diplomatenuniform. Doch auch die zwischenstaatlichen Verträge sind keineswegs verstaubte Papiere: Sowohl in einen von Königin Viktoria persönlich unterschriebenen Vertrag mit riesiger silberner Schale zur Aufbewahrung des Wachssiegels als auch in die zunehmend nüchternen Ausfertigungen der bundesdeutschen Verträge wurde den interessierten Teilnehmern Einblick gewährt.

i-bad6b5dc146929e809511e5f9797ea59-Historisches_Archiv.jpg

Der Weg ins Politische Archiv des Auswärtigen Amtes

(Verbindungskorridor zwischen dem Neubau und dem Gebäude der ehemaligen Reichsbank).


Wie die vielfältige Geschichte der deutschen Außenpolitik erahnen lässt, werden im Archiv des Auswärtigen Amtes aber nicht nur erheiternde Relikte vergangener Zeiten aufbewahrt. Besonders das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte hinterließ Spuren in den sauberen und sorgfältig geordneten Regalen tief unter der Erde im Herzen Berlins. Während er den Teilnehmern das Faksimile einer Akte von der Wannsee-Konferenz von 1942 zeigte, erläuterte Kröger, dass jedes gefundene Dokument aus der Zeit vor 1945 ins Archiv aufgenommen werde. Auch in den vergangenen Jahrzehnten gab es spannende Momente für die Archivmitarbeiter, wie die schnelle Bemächtigung der Akten des ostdeutschen Pendants zum Bundesaußenministerium 1990 oder der langwierige Umzug von Bonn nach Berlin.

Kommentare (1)

  1. #1 Porte blindate
    Januar 4, 2012

    sehr interessanter Artikel. Es wird sicher eine ganze Weile dauern, den gesamten Bestand zu digitalisieren. Die Arbeit möcht ich nicht machen…