Im Heftinnern werden die Artikel zumeist von Hollywoodbildern in Hochglanz begleitet, die lediglich den eurozentrischen Blick auf den islamischen Kulturraum widerspiegeln. Daneben stehen Historienmalereien aus dem 19. Jahrhundert, die keinesfalls dem realen Bild entsprechen, sondern vielmehr mit Themen wie Exotik und der Anziehungskraft des Fremden, aber aber auch mit Rückständigkeit und der Unterdrückung der Frauen spielen. Auffällig sei hierbei, dass sich die Historienmalerei keinerlei sakraler Bildmotive bediene – das Herausstellen des religiösen Aspektes der islamischen Kultur sei ein ausgesprochen modernes Phänomen. Sachquellen im Bild entsprächen scheinbar nicht den Ansprüchen der Verlage oder wären schwieriger darzustellen, obwohl sie einen authentischeren Zugang ermöglichten, erklärte Schumann.
Einen weiteren Schwerpunkt der Untersuchung bildete die Auswahl der gezeigten Themen: Kreuzzüge, Türkenkriege und andere gewalttätige historische Begebenheiten tauchen häufiger auf als Randthemen, wie sie vor allem P.M. History bietet (z.B. Mythen). * Cover rechts: P.M. History 4/2008.
Insgesamt lasse sich feststellen, dass die Titelblätter der Geschichtsmagazine, über deren Zusammensetzung die Marketingabteilung entscheide, oft in Diskrepanz zum Inhalt der Artikel stünden. Bilder kommunizieren nun mal schneller und eindrücklicher – und überschatten nicht selten die oft sorgfältige Recherche der Autoren und die teilweise auch wissenschaftliche Aufarbeitung des Themas im Artikel.
Zuletzt betonte Schumann, dass die populärwissenschaftliche Bearbeitung von Geschichte nicht nur einem breiten Publikum das Feld zugänglich mache, sondern ebenso dazu beitragen könne, in der etablierten Wissenschaft neue Wege zu beschreiten.
Visuelle Bedrohungsmetaphorik in deutschen Massenmedien
Dr. Sabine Schiffer (Institut für Medienverantwortung, Erlangen), promovierte mit dem Thema „Islamdarstellung in der deutschen Presse” und untersuchte in ihrem Vortrag „Unheimliche Gäste? Visuelle Bedrohungsmetaphorik in deutschen Massenmedien” die Ikonografie von Bedrohung im Kontext von Islambildern.
„Unter dem Titel „Unheimliche Gäste” visualisierte das Wochenmagazin Focus 2004 eine Moschee und betende Muslime hinter einer Art grünem Schleier. Damit reihte es sich ein in die gängig gewordene Praxis, diverse Themen mit islamischer Symbolik zu unterlegen. Ganz konkret wird hier die angesprochene Integrationsproblematik als muslimische Frage monosemiert”, so Schiffer. Im Folgenden präsentierte sie weitere Bildbeispiele, die konkrete Bedrohungsmetaphorik mit dem Islam verbinden. * Cover rechts: Focus Nr. 48 vom 22. November 2004.
Eine Themenverknüpfung von Islam mit Gewalt und Unterdrückung sei laut Schiffer bereits vor dem 11. September 2001 vorhanden gewesen, habe sich aber nach den Terroranschlägen verstärkt. Insgesamt könne man feststellen, dass zur Bebilderung eines Extrems Visualisierungen einer ganzen Gruppe herangezogen würden. Als Bildcodes würden vor allem die Moschee und das Kopftuch dienen. Schiffer sprach hier von einer gefährlichen „verallgemeinernden Zuweisung”, die es zu verhindern gelte. Auch sie stellte fest: „Die dazugehörigen Texte in den Medien sind viel differenzierter! Im Grunde macht die Bebilderung die Bemühungen der Journalisten kaputt.”
Cover (von links nach rechts): Spiegel Nr. 52 vom 24. Dezember 2007 | Spiegel spezial Nr. 2/2003. Beispiel einer Collage. | Spiegel Nr. 13 vom 26. März 2007.
Zuletzt sprach Dr. Christoph Hamann vom Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg über „Global icons. Der Holocaust als visueller Referenzrahmen im Nahost-Konflikt”. In seinem Vortrag stellte er heraus, dass Bedrohungsszenarien oft erst durch teils unterbewusste Vorkenntnisse entstehen. Viele Bilder, so Hamann, seien für sich allein genommen noch nicht bedrohlich.
Es lasse sich somit eine negative Entwicklung neutraler Bildmotive feststellen. Bedenklich sei, dass sich bezüglich des Islam eine Darstellungstradition der Bedrohung etabliert habe. „Bilder sind in unserer heutigen Gesellschaft Teil und Mittel postmoderner Kriegsführung! Sie dürfen in ihrer Wirkung nicht unterschätzt werden und sollten weiterhin Thema der Forschung sein”, so Hamann abschließend. * Cover rechts: Stern vom 11. April 2007. Die Frage „Wie gefährlich ist der Islam?” beinhaltet bereits eine dem Islam zugeschriebene Gefahr. Sie impliziert: Der Islam ist gefährlich, aber wie sehr?
- Link zur Sektionsseite: Ansichts-Sachen. Fremd- und Selbstwahrnehmung des „Islam” in Bildmedien
Christine Buch studiert Europäische Kunstgeschichte, sowie Mittlere und Neuere Geschichte mit Schwerpunkt Medizingeschichte an der Universität Heidelberg. |
(Redaktion: KP/MS/CJ)
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