Auf eine Forschungsfrage von Benno Kirsch antwortet Dr. Oliver Schuster:

Die Antworten zu dieser Frage sind ganz einfach: Ja! Nein! Vielleicht! Es kommt ganz auf den Blickwinkel an.

1. Aus chemischer Sicht gibt es grundsätzlich keinen Zweifel, denn Leben besteht im Grunde aus nichts anderem als komplexer Chemie. Proteine, DNA, Zellmembranen, Botenstoffe, usw. – alles komplexe chemische Verbindungen. Darum muss es im Umkehrschluss auch möglich sein, Leben aus diesen komplexen chemischen Verbindungen zu schaffen.

2. Methodisch ist fraglich, ob wir tatsächlich in der Lage sind/sein werden, dies auch zu tun. Leben wie wir es kennen, ist höchst organisiert, aber nicht im chemischen Gleichgewicht. Selbst wenn wir optimistisch davon ausgehen, dass es mit modernen Synthesemethoden und viel Aufwand möglich sein sollte den “Inhalt” einfachen Lebens aus den Elementen nachzubauen, wäre es wohl immer noch unmöglich diese Bestandteile zu einem höchst organisierten Ungleichgewicht zusammenzufügen.

3. Unabhängig von unseren Möglichkeiten muss man sich natürlich auch fragen: “Was ist Leben?” Dazu kenne ich allerdings die Antwort nicht, weshalb ich die Frage gleich als Forschungsfrage weitergereicht habe. Vielleicht ist es ja mehr als nur die Summe der einzelnen chemischen Teile…

Weitere Antworten und Diskussionen sind erwünscht!

 » Dr. Oliver Schuster ist Chemiker und twittert als Olchemist Oliver_Schuster_40.jpg

Kommentare (15)

  1. #1 Fischer
    Juli 23, 2009

    Innerhalb der nächsten zwanzig Jahre gibt es die ersten künstlichen belebten Systeme im Labor. Und wir wären wahrscheinlich schon längst viel weiter, wenn sich nicht alle auf die blöden Replikatoren gestürzt hätten. Pah!

  2. #2 Arnd
    Juli 23, 2009

    Je nachdem wie man Leben definiert haben wir evtl. schon längst künstliches Leben geschaffen! Dies ist allerdings kein biologisches Leben… ich rede hier natürlich von Computerviren und andren, ähnlich gestalteten Computerprogrammen.

  3. #3 adenosine
    Juli 23, 2009

    Ich tippe mal, dass Leben die Fähigkeit haben muss, an der Evolution teilzunehmen und sich an Änderungen der Umgebung anzupassen. Alles andere sind nur Automaten.

  4. #4 Ronny
    Juli 23, 2009

    Ich sehe im Prinzip kein Problem, nur ist die heutige Synthesetechnik noch nicht soweit. Andererseits, wozu ? Man kann doch ein Bakterium nehmen und entsprechend umbauen. Ist viel einfacher und wird schon gemacht.
    Damit hat man von der Spezies betrachtet schon Leben geschaffen.

  5. #5 Karol Babioch
    Juli 23, 2009

    Ronny
    Andererseits, wozu ?

    Naja, ganz uninteressant ist diese Frage nicht, denn so schön und gut die Evolutionstheorie ist, den eigentlichen Ursprung des Lebens erklärt sie nicht 🙁 und das ist noch, zumindest mehr oder weniger, ein großes Mysterium.

  6. #6 rolak
    Juli 23, 2009

    Leben … Vielleicht ist es ja mehr als nur die Summe der einzelnen chemischen Teile…

    Ist das bei einem derart komplexen System wie schon einer einzigen ‘aktuellen’ Zelle nicht völlig normal? Für mich stellt sich eher die Frage, ob sich die genesefreudige Forscherschar auf einen Zellaufbau ‘zurückdenken’ kann, der -wie formuliere ich es bloß- gestartet werden kann. Also einfach genug, um hergestellt zu werden und komplex genug, um zu laufen bzw leben.

    Was ist eigentlich mit einer Minimaldefinition von Leben á la (ernähren, vermehren)?

  7. #7 Ronny
    Juli 27, 2009

    @rolak
    Soweit ich weiß ist Leben definiert als ein System welches:
    1) Sich selbst erhält
    2) Stoffwechsel betreibt
    3) sich fortpflanzt

    @Karol
    Tja, wie die erste DNA nun wirklich entstanden ist bleibt vermutlich immer ein Rätsel. Persönlich würde ich ausnahmsweise hier mal den Zufall zu Hilfe nehmen. Es ist zwar äußerst unwahrscheinlich, dass eine sich selbst replizierende Substanz entsteht,
    aber:
    1) wir sind da also muss es passiert sein
    2) die Natur hatte viel Zeit zum Herumprobieren
    3) es ist nur ein einmaliger Zufall notwendig, den Rest erledigt elegant die Evolution
    4) persönlich würde ich es seltsam finden, dass eine etwaige Lebenskraft einmal aktiv wird und dann der Evolution das Feld überlässt. Klingt irgendwie konstruiert.

  8. #8 Astronove
    Juli 27, 2009

    Es wird nie gelingen, ohne Inanspruchnahme von Leben nur aus chemischen Verbindungen Leben entstehen zu lassen. Da müßte man schließlich auch wissen, was man basteln möchte.
    Es gelingt auch nicht, ein eben gestorbenes Lebewesen wieder zum Leben zu erwecken, obwohl alles noch in perfekter “Mischung” vorliegt.
    Die Lebensentwicklung aus einem Samen geschieht nach einem ganz bestimmten Plan und es werden die verschiedenen Baustellen genau so weitergebaut, wie es gerade erforderlich ist.
    Nicht einmal ein Bakterium wird man herstellen können. In den nächsten 100 Mio Jahren.
    Das Ansinnen, Leben aus nackter Chemie herstellen zu wollen ist ähnlich vermessen wie wenn einige Bakterien (Wissenschaftler) sich die Aufgabe stellen würden, einen modernen Düsenjet herstellen zu wollen.

  9. #9 S.S.T.
    Juli 27, 2009

    “Prognosen sind immer schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen” (K. Valentin)

  10. #10 Christian A.
    Juli 27, 2009

    Hallo Arnd,

    Je nachdem wie man Leben definiert haben wir evtl. schon längst künstliches Leben geschaffen! Dies ist allerdings kein biologisches Leben… ich rede hier natürlich von Computerviren und andren, ähnlich gestalteten Computerprogrammen.

    Ronny hatte ja schon eine Liste an Punkten aufgestellt, die ein System erfüllen muß, damit man es als Leben bezeichnen kann. Bei Computerviren hat man ja die Eigenschaft einprogrammiert, dass sie sich fortpflanzen, von daher … der Name “Virus” für die Dinger ist ja auch nicht ohne Zweck gewählt 😉

    Ich hatte vor einigen Jahren mal etwas faszinierendes gehört, und zwar gab es einen Wettbewerb oder Wettkampf zwischen Programmen, die sich im Hauptspeicher eines PCs austoben durften. Die sind gleichzeitig gestartet und mussten versuchen, den Gegner zu plätten. Die Programmierer haben sich da natürlich lustige Strategien ausgedacht, wie zum Beispiel hat sich ein Programm einfach immer weiter durch die Register kopiert, bis alles voll war von ihm, was allerdings von anderen Programmen gekontert werden konnte. Leider weiß ich nicht mehr, wo ich das her habe oder wie sowas heute aussehen sollte, es klingt aber witzig.

  11. #11 Anhaltiner
    Juli 28, 2009

    @Astronove “Es wird nie gelingen…” Mit dem Wörtchen “nie” sollte man in der Forschung immer sehr sparsam umgehen. Die Geschichtsbücher sind voll von Dingen die irgendwann trozdem gingen, obwohl die meisten das Gegenteil behaupteten.

    Es ist nicht die Frage ob, sondern eher wann der Mensch es schafft. Einzeller schaffen es ja auch durch Aufnahme von Nährstoffen neue Einzeller zu schaffen.

  12. #12 Astronove
    Juli 29, 2009

    @Anhaltiner, ich gehe mit dem Wort “nie” durchaus sehr sparsam um. Es gibt aber eben Situationen wo das gerechtfertigt ist. Bei der Lebensschaffung aus toter(!) Materie haben wir mit dem Problem zu kämpfen, daß einmal die Gehirnkapazität nicht ausreicht, das notwendige überaus komplexe Geschehen in einem einzigen Gehirn überhaupt erfassen zu können. Das ist aber bereits Voraussetzung, damit man z.B. ein Bakterium herstellen kann. Das zweite Problem ist, daß alleine die “Mechanik” nicht in der Lage sein wird, den atomaren Aufbau leisten zu können. Auch dann nicht, wenn tausend Hände und Gehirne helfen möchten.

    Offensichtlich sind wir einfach nicht in der Lage, etwas ähnliches wie “Geist” herstellen zu können. Die Natur ist bis in die kleinsten Einheiten beseelt, intelligent. Daher sagte ich auch, ein frisch verstorbenes Lebewesen (Bakterium) kann bereits nicht wieder zum Leben erweckt werden. Obwohl alles noch vorhanden ist. Es fehlt nur eine winzige Kleinigkeit: Leben.

    Etwas ganz anderes ist es, wenn man auf bereits bestehendes Leben zurückgreifen kann (Gentechnik). Aber mehr als Schrott bekommt man dadurch nicht.

    Man muß sich einfach einmal vorstellen, wie ungeheuer leistungsfähig biologische Produkte sind. Etwa Enzyme. Die schaffen total optimiert auf ihre spezifische Aufgabe einen spezifischen Umsatz, der einfach traumhaft ist. Sozusagen alles, was die chemische Industrie Deutschlands in einer Sekunde produziert, kann von 1 kg “Enzym” auch in einer Sekunde produziert werden. Jedenfalls von einem “guten” Enzym 🙂

  13. #13 Fischer
    August 10, 2009

    Sozusagen alles, was die chemische Industrie Deutschlands in einer Sekunde produziert, kann von 1 kg “Enzym” auch in einer Sekunde produziert werden. Jedenfalls von einem “guten” Enzym

    Das ist totaler, völliger Quatsch.

  14. #14 Anhaltiner
    August 20, 2009

    @Astronove (ist zwar schon ne Weile her, aber: ) Wenn Leben fehlt, warum funktioniert dann Organtransplantation? Lebt das Organ noch? Oder ist der Spender gar nicht tot?
    Was ist überhaupt deiner Meinung nach “Leben”, oder die “Seele” ?

    Wenn die Gentechnik nur Schrott produziert, warum hat man, besonders in Dtl. – aber nicht nur, soviel Angst davor das sich gentech-Saatgut in der freien Natur verbreitet und die ursprünglichen Arten verdrängt?

  15. #15 Engywuck
    September 8, 2009

    @Christian A.:
    Das Programm das sie Suchen heisst “Core War” (nach einer alten Technik, Computerspeicher zu bauen). Siehe z.B. https://de.wikipedia.org/wiki/Core_War