Auf eine Forschungsfrage von Carolin Krahn mit der Zusatzbemerkung: “Die Frage ist nicht auf verschiedene Musikstile oder individuellen “Geschmack” ausgerichtet, sondern auf den Zusammenhang zwischen “Gehörbildung” und (Fremd-) Sprache(n)” antwortet Marc Scheloske:
Jüngere Untersuchungen zeigen recht deutlich, dass die Muttersprache bzw. dass das Aufwachsen in bestimmten Kulturkreisen unser Gehör prägt. Das ist eigentlich auch wenig erstaunlich, wenn man sich vergegenwärtigt, welche Bedeutung der Spracherwerb für den Säugling hat und wie zentral für die Entwicklung die sprachliche Kommunikation und das Erlernen der Muttersprache ist.
Und Sprachen unterscheiden sich eben ganz erheblich. Das beginnt bei der Anzahl der verschiedenen Laute, die innerhalb einer Sprache gebraucht werden. (Die Zahl der Phoneme reicht von 13 Phonemen beim Hawaiischen bis zu über 100 Phonemen bei anderen Sprachen.) Noch wichtiger ist aber sicherlich der Unterschied hinsichtlich der Tonalität der Sprachen.
Als tonale Sprachen gelten diejenigen, bei denen eine Änderung der Tonhöhe gleichzeitig einen Bedeutungsunterschied des jeweiligen Wortes markiert. Hier sind als Beispiel vor allem die sino-tibetischen Sprachen (z.B. Mandarin, Kantonesisch) und die Bantu-Sprachen Südafrikas zu nennen.
Und dass diese Unterschiede unser Gehör ganz entscheidend prägen, zeigt etwa die Forschung zum so genannten “absoluten Gehör”. Lange Zeit wurde geglaubt, dass die Fähigkeit eine Tonhöhe präzise (ohne Bezugston) zu bestimmen, eine genetische Grundlage habe.
In Europa und Nord-Amerika haben nur etwa 0,01% der Bevölkerung dieses Talent. In Asien ist das absolute Gehör viel weiter verbreitet – das deutet eben auf einen erblichen Hintergrund hin.
Das ist allerdings falsch! Studien der letzten Jahre (v.a. der Musikpsychologin Diana Deutsch) haben gezeigt, dass nicht die Gene, sondern die Muttersprache der (mit-)entscheidende Faktor ist. Wer mit einer tonalen Sprache aufwächst, der hat eine höhere Chance eine absolutes Gehör auszubilden, als derjenige, der mit Englisch oder Deutsch aufwächst.
Wie genau diese Prozesse (in der Ausbildung der neuronalen Infrastruktur in Hirn und Hörnerv) ablaufen, ist bislang nicht geklärt. Allerdings kann man aber eben recht eindeutig feststellen, dass unsere Muttersprache doch einen gehörigen Einfluss darauf hat, was und wie wir hören.
» Marc Scheloske ist Wissenschaftssoziologe und Redakteur von ScienceBlogs |
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