Auf eine aktuelle Forschungsfrage von Forscherlein antwortet Marc Scheloske:
Ohrwürmer sind ziemlich hartnäckige Biester. Wenn sie sich erst einmal festgesetzt haben, dann wird man sie häufig nur schwer wieder los. Die Ohrwurmforschung – es gibt tatsächlich Psychologen und Neurowissenschaftler, die sich mit diesem Phänomen beschäftigen – hat jedenfalls herausgefunden, dass eigentlich alle Menschen für dieses Phänomen anfällig sind. In Befragungen geben mehr als 95% zur Auskunft, dass sich bei Ihnen von Zeit zu Zeit eine Melodie im Kopf festsetzt, die dort in einer Endlosschleife abgespielt wird.
Doch wie kommt der Ohrwurm dahin? Was zeichnet ihn aus? Wer ist besonders anfällig für diesen auditiven Plagegeist? Die Ohrwurmforschung hat noch viele offene Fragen zu beantworten. Klar ist, dass eigentlich jedes Musikstück ein Ohrwurmpotential hat.
Besonders chancenreich sind allerdings Lieder, die eine simple Grundstruktur aufweisen und idealerweise eingängige, sich häufig wiederholende Textpassagen und Rhythmen haben. Und je näher ein Musikstück an den (kulturell geprägten) musikalischen Konventionen dran ist, desto besser. Wenn mit einem Lied noch bestimmte Emotionen verbunden sind, dann ist die Ohrwurmgefahr besonders hoch. (Manchmal genügt nämlich schon die Erinnerung an eine bestimmte Situation und schon ist der Ohrwurm präsent.)
Einer der entscheidenden Faktoren ist allerdings die Wiederholung. Lieder, die man gut kennt (alte Schlager, Pophits etc.), sind geradezu prädestiniert für eine erfolgreiche Ohrwurmkarriere. Das liegt einerseits an unserem meist gut ausgebildeten Musikgedächtnis, andererseits an dem neuronalen Wechselspiel von Hör- und Sprach- bzw. Singzentrum.
Es genügen meist wenige Takte einer bekannten Melodie und schon ist unser Gehirn angefixt und wiederholt beispielsweise den Refrain im endlosen, inneren Echo. Dieser Effekt wird dadurch begünstigt, dass wir beim Musikhören dazu tendieren das Gehörte auch innerlich mitzusingen oder mitzusummen.
Und häufig – so der Verdacht der Forscher – spielt auch die Tendenz unseres Gehirns eine Rolle, unvollständige Muster und Strukturen von selbst zu vervollständigen. Hören wir also nur einen kurzen Ausschnitt einer bekannten Melodie, dann komplettiert unser Gehirn die Lautfolge und nervt uns dann durch abspielen dieser erinnerten Passage.
Besonders gefährdet für einen plötzlichen Ohrwurmbefall sind wir übrigens, wenn wir müde oder gestresst sind oder während Routinetätigkeiten (Hausarbeit, Bügeln etc.). Und Frauen scheinen häufiger vom Ohrwurm befallen zu werden, als Männer.
Um sich von Ohrwürmern zu befreien, gibt es kein Patentrezept. In vielen Fällen ist es angeblich erfolgreich, wenn wir das Musikstück einige Male komplett zu Ende hören. Dann braucht das Gehirn (wie oben angedeutet) wenigstens nicht mehr die begonnene Melodie selbst zu vervollständigen.
» Marc Scheloske ist Wissenschaftssoziologe und Redakteur von ScienceBlogs |
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