Auf eine aktuelle Forschungsfrage von Sara antwortet Marc Scheloske:
Auch wenn die Krokodilstränen sprichwörtlich geworden sind – Tiere weinen nicht, wenigstens nicht aus Schmerz oder Trauer. Emotionale Tränen sind eine ausschließlich menschliche Eigenschaft.
Wobei man natürlich unterscheiden muß. Träne ist nicht gleich Träne. Denn rein physiologisch gesehen können natürlich auch andere Säugetiere “weinen”, denn sie besitzen schließlich einen Tränenapparat, der zunächst einmal das Austrocknen des Auges verhindert. Und wenn ein Fremdkörper ins Auge gelangt, dann wird dieser mit Hilfe von Tränenflüssigkeit ausgespült. Diese reflektorischen Tränen – wie die Fachleute sagen – kennen wir ebenso vom Zwiebelschneiden oder bei Allergien.
Und dann gibt es eben noch die sogenannten “emotionalen Tränen”. Doch die findet man nach bisherigem Kenntnisstand in der Tierwelt nicht. Das menschliche Weinen ist eine sehr ursprüngliche Art des Sozialverhaltens. Kleinkinder machen durch das Weinen – wenn ihnen noch keine anderen Kommunikationsformen zur Verfügung stehen – auf sich und ihre Unzufriedenheit aufmerksam. Bei Erwachsenen ist das Weinen dann der Ausdruck verschiedenster Gefühlsregung: Verlust, Trauer, Kränkung, Wut, Rührung oder Freude können Anlaß sein. Und solche Tränen unterscheiden sich auch chemisch von den reflektorischen Tränen. Die emotionalen Tränen enthalten etwa 25% mehr Proteine.
Bei Tieren gibt es diesen Unterschied nicht. Auch die Krokodilstränen gehören zu den reflektorischen Tränen. Wenn die Reptilien beim Fressen ihr Maul aufsperren, kann ein höherer Druck auf die Tränendrüsen entstehen, worauf eben Tränenflüssigkeit austritt. Mit (geheucheltem) Mitleid mit dem Opfertier haben die Krokodilstränen also nichts zu tun. Tiere haben einfach eine andere Art, ihre Emotionen mitzuteilen – Schmerz und Trauer empfinden sie sehr wohl, auch ohne vergossene Tränen.
» Marc Scheloske ist Wissenschaftssoziologe und Redakteur von ScienceBlogs |
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