Sehr geehrter Herr Prof. Berger!
Bundesminister Hahn hat an der Buchpräsentation am Mittwoch den 25. März teilgenommen. Er hat dort ein paar einleitende Worte gesprochen, da die Mitautorin eine langjährige Freundin und Nachbarin des Bundesministers ist, die ihn zu ihrem 78. Geburtstag inständig darum gebeten hat. Aus persönlicher Verbundenheit hat er diese Begrüßung vorgenommen und mit der für einen Wissenschaftsminister zu diesem Thema notwendigen Distanz und passend witziger Leichtigkeit ein paar Worte an das Publikum gerichtet.
Bitte diesen Auftritt in diesem Sinne richtig einzustufen.
Besten Dank für die Kenntnisnahme, für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Christina Kasess
Mag. Christina Kasess
Büro des Bundesministers Dr. Johannes Hahn
Damit
wäre diese Frage also einigermaßen geklärt. Davon kann man ja halten,
was man will. Dass Minister Hahn einen Hang zur Esoterik hätte, glaube
ich jedenfalls nicht – Granderwasser hin oder her. Dem Magazin Datum jedenfalls sagte er auf die Frage, was er lese und was nicht,
Ich verzichte frohen Herzens auf die immer länger werdenden
Buchhandlungsregale voll mit Werken über Esoterik, unerklärbare
Phänomene, das Transzendentale und seine Phänomenologie sowie die
geheimnisvolle Urkraft des Metaphysischen.
Interessanter als die Frage, warum man so ein Buch bewirbt,
finde ich persönlich die Frage, warum man so ein Buch überhaupt
schreibt. Und damit meine ich jetzt nicht die Autorin Adelinde Rumpler,
denn die ist schließlich Astrologin. Ich meine ihren Ko-Autor Dr.
Christian Temml.
Denn Dr. Temml ist nicht irgendein Quacksalber,
sondern Internist, Epidemiologe und vor allem Leiter der Abteilung
Gesundheitsvorsorge Erwachsene des Gesundheitsdienstes der Stadt Wien.
Warum also schreibt so jemand einen medizinischen Astroschinken? Will
er sich die Reputation zusammenhauen? Dr. Temml müsste wissen, dass sein Werk via Medien einen Beitrag zur
Volksverblödung leisten wird. Das ist im allgemeinen kein
erstrebenswertes Ziel.
Schauen wir uns kurz an, was das Problem mit dieser Form der Astro-Medizin ist. Der Gesundheitsdienst der Stadt Wien bietet seit Jahren Vorsorgeuntersuchungen an, wie es sich auch gehört. Man untersucht und
untersucht also jahrelang und sammelt dabei einen riesigen Haufen
Daten. Was tun damit? Nun ja, zum Beispiel könnte man die in den
Computer füttern und ein dafür geeignetes Programm befragen, wieviel
Prozent der Widder, Wassermänner, Fische, Krebse, Jungfrauen etc.
Probleme mit dem Rücken, mit der Lunge, mit dem Herz, mit dem Gewicht
etc. haben. Das schöne dabei: Es gibt immer ein Sternzeichen, wo der
jeweilige Prozentsatz am höchsten ist; also gewissermaßen jeder Schuss
ein Treffer! Der ältere Widder-Mann z.B. liegt laut Dr. Temml bei Gewichtsproblemen an der Spitze der Sternencharts.
Wer in der Schule in Statistik aufgepasst hat, weiß
jedoch: Das muss gar nichts bedeuten, denn schließlich ist zu erwarten,
dass gewisse Abweichungen auftreten. Die entscheidende Frage ist: Sind
die Abweichungen so groß, dass man die Möglichkeit, dass sie rein
zufällig entstanden sind, mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließen
kann? Wenn also etwa der Widder in unserer Stichprobe von allen
Sternzeichen am häufigsten Gewichtsprobleme hat, so könnten wir uns
fragen: Angenommen, Gewichtsprobleme treten in Wahrheit unabhängig
vom Sternzeichen auf – was ist dann die Wahrscheinlichkeit, dass die
Widder in meiner Stichprobe mindestens den beobachteten Prozentsatz an
Gewichtsproblemen aufweisen? Diese Wahrscheinlichkeit nennt man den p-Wert, und damit kann man viele Menschen ganz schön verwirren – z.B. Homöopathen.
Wenn
diese Wahrscheinlichkeit, also der p-Wert, klein genug ist, sagen wir
kleiner als 1%, dann würden wir vielleicht folgern: Aha, das kann kein
Zufall sein, dass die Widder so häufig Gewichtsprobleme haben. Dann ist
offenbar das Sternzeichen daran schuld.
Und dann hätten wir schon mindestens drei schwere Fehler begangen.
Erster Fehler:
Wir haben aus den Daten unsere Hypothese (Widder haben sehr häufig
Gewichtsprobleme) gewonnen und dann haben wir unsere Hypothese an den
Daten geprüft. Das geht gar nicht. Entweder die Hypothese war bereits
unabhängig von den Daten da (z.B. als überliefertes uraltes Wissen der Astrologen) oder wir prüfen unsere aus den Daten gewonnene Hypothese an einem neuen Datensatz (der sog. Validierungsstichprobe).
Aber sich zuerst die extremsten Werte herauszupicken und dann
statistisch zu “beweisen”, dass diese Werte überzufällig extrem sind,
das ist ein schwerer methodischer Fehler.
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