Sie erinnern sich: Die Kärntner Uhrenfirma Jacques Lemans hat ein ganz originelles neues Produkt auf den Markt gebracht: eine Voodoo-Uhr namens ISEE-Energywatch. Und … I see Energyquatsch:
Durch das Tragen der ISEE ENERGYWATCH® werden verstärkt Biophotonen auf
natürliche Weise in die Energiebahnen des Körpers transportiert und
gespeichert.
Vollgepumpt mit Biophotonen schlafen ISEE-Träger angeblich besser, weil in der Uhr ein als “Quantenchip” bezeichnetes Carbonplättchen eingebaut ist, das die schlafoptimierenden “quantenphysikalisch aufbereitete Frequenzen” eingespeichert hat, oder so ähnlich. Nun gut, esoterischen Klimbim dieser Kategorie kennen wir zwar bereits zur Genüge, und die Idee mit der Voodoo-Uhr ist auch nicht wirklich neu. Doch die ISEE Uhr ist anders: Sie wird mit der in Riesenlettern verbreiteten Frohbotschaft “Wirkung wissenschaftlich bestätigt” beworben. Wie das?
Nun, die Uhrenhersteller haben da eine “Studie”. Die stammt aus
Münster, und zwar von einem gewissen ISIS, kurz für Institut für
Schlafmedizin und Interdisziplinäre Schlafforschung. Dieses private Institut besitzt
zwar angeblich ein Schlaflabor, es muss sich aber um eine Art
Geheimgesellschaft handeln. Denn bis auf die veraltete Unterseite einer
selbstgestrickten Vereins-Webauftritts gibt es so gut wie keine öffentliche
Information über das Institut. Keine e-mail Adresse, keine Namen, keine
Telefonnummern. Eine eigene Homepage flackerte vor einigen Wochen kurz
auf, ging nach ein paar Tagen aber wieder offline. Trotzdem finden
einige studienbedürftige Auftraggeber ihren Weg zum ISIS, was sich dann
in tollen “Prüfberichten” niederschlägt.
Dank ISIS wissen wir
etwa, dass 80% der Probanden in Zapf-Betten besser schlafen, oder dass
das biodynamische Qipendi-Bett ganz etwas Tolles ist. Oder eben, dass die ISEE-Uhr
das nächtliche Wohlbefinden steigert. Die “Studie”, die das ISIS dazu
durchgeführt hat, treibt jedem Forscher die Tränen in die Augen. Sage
und schreibe 8 Personen in der Versuchsgruppe, 8 in der Kontrollgruppe.
Von Verblindung ist keine Rede. Eine inferenzstatistische Auswertung,
sagt das ISIS selbst, ist da leider nicht möglich. Das hindert die
Studienautoren aber nicht daran, von positiven Resultaten zu schwärmen,
wo sie bestenfalls einen banalen Placeboeffekt dokumentiert haben.
Der
Studienverantwortliche ist Dr. Gerd Rosenberg, Absolvent eines
Sportstudiums und ehemaliger Tennislehrer. Wissenschaftliche
Publikationen aus seiner Feder sind unbekannt, seine Expertise liegt
offenbar im (mäßig erfolgreichen) Wasserbetten-PR. Immerhin schreibt er
ganz richtig, dass eine doppelblinde Studie mit 200 Probanden notwendig
wäre, um den angeblichen Effekt abzusichern.
Wir von der GWUP-Wien haben, wie berichtet, dem “Quantenchip”-Hersteller, Herrn
Wittmann, übrigens einen seriösen Test unter kontrollierten Bedingungen
angeboten. Gemeinsam mit Roland K. haben wir ein Protokoll
ausgearbeitet: Doppelte Verblindung, lückenlose Dokumentation, hohe
statistische power. Und alles gratis. Herr Wittmann hat das Protokoll
studiert, mit seinen Beratern Rücksprache gehalten und den Kontakt
mit Roland K. abgebrochen.
Dem ISIS ist das nicht passiert. Es durfte eine Langzeitstudie mit der
Energywatch durchführen. Seit September 2009 ist sie da, die Langzeitstudie, und laut ISEE-Webseite ist die Quantenwirkung erneut
“Wissenschaftlich bestätigt!“. Mal sehen. Leicht zu bekommen ist sie
nicht, die Langzeitstudie. Meine Anfrage beim ISIS wird von einem
geheimnisvoll mit “uthünemann” signierenden Menschen mit dem lapidaren
Hinweis beantwortet, ich solle mich doch an den Uhrenhersteller wenden. Dort findet man nach intensiver Suche und mehrmaligen Anfragen eine dürftige
Kurzdarstellung des neuen “Prüfberichts”. Mein erneutes Ansuchen um Zusendung des Volltexts beim ISIS bleibt unbeantwortet. Vielleicht ist die
Kurzfassung ja auch tatsächlich alles, was schriftlich existiert. Wozu
auch eine genaue Methodenbeschreibung und Datenanalyse, wenn es ganz
offenbar nicht um Wissenschaft geht, sondern um Marketing und PR? Auf seiner XING-Seite bietet Herr Rosenberg jedenfalls “wissenschaftliche PR Berichte” an.
Aber
groß ist sie dafür, die neue Langzeitstudie: 100 Probanden in der
Versuchsgruppe! Mehrere Parameter wurden angeblich gemessen,
ausgewertet hat man aber offenbar nur die Fragebögen zur subjektiven
Verbesserung der Schlafqualität. Über 80% der Personen in der
Versuchsgruppe erlebten eine subjektive Verbesserung. Und wieviele in
der Kontrollgruppe? Ach, auf eine Kontrollgruppe hat man diesmal
verzichtet. Das hätte womöglich den dokumentierten Placeboeffekt in ein
unschönes Licht gerückt.
Kommentare (3)