Vergessen Sie den 10:23 ‘overdose’ event, der am 30. Jänner in Großbritannien stattgefunden hat! Die ultimative homöopathische Überdosis setzte es vergangenen Mittwoch im Wiener Resselpark. Neben einer Handvoll heroischer freiwilliger Probanden von den Wiener Skeptikern – darunter auch meine Wenigkeit – trafen sich dort trotz strömenden Regens am späten Nachmittag einige Dutzend Bildungshungrige zum Vortrag und Happening von und mit Science Buster Heinz Oberhummer.
Heinz hatte im Rahmen der Woche der freien Bildung einen Vortrag inklusive “homöopathischem Vollrausch” angekündigt. Immerhin hatte er an diesem Tag auch Geburtstag! Während wir Versuchskaninchen also insgesamt zweimal jeweils ca. 15 Globuli der homöopathischen Hochpotenzen Sulphur C1000, Irgendwas C200 und Nochwas C100* einnahmen, pipettierte und schüttelte Heinz eine C12-Potenz von 80%igem Stroh-Rum** nach der Mehrglas-Methode.
Am Ende leerte Heinz seinen Rum C12 in einem Zug und auch das Publikum
traute sich über ein paar der tieferen Potenzen. Die Ursubstanz wurde
selbstverständlich nicht angetastet! Gleichzeitig bangten wir Probanden
den von einigen Homöopathen prognostizierten dramatischen Auswirkungen
unserer Arzneimittelprüfung entgegen. Tatsächlich registrierten einige
von uns einen langsamen Abfall der peripheren Körpertemperatur, was ob
des nasskalten Wetters aber keine Spontanbekehrungen zur Folge hatte.
Auch Heinz war leider nichts vom homöopathischen Vollrausch anzumerken. Vielleicht liegt das an der Avogadro-Grenze, die er mit seiner C12-Potenz erreicht hatte. Die Menge an Rum, die er schlussendlich zu sich nahm, war etwa 0,0000000000000000000000003 Liter oder nicht ganz ein Molekül. Die Menge an Sulphur, die ich selbst mit dem Milchzucker aufnahm, war exakt null Gramm. Für die theoretische Verdünnung stellen Sie sich hier einfach 2000 Nullen nach einem Komma vor.
Klassische Homöopathen würden zu unserem mutigen Selbstversuch vermutlich einwenden, die typischen Reaktionen träten erst auf, wenn man die Globuli stündlich über ein bis zwei Tage einnähme. (Das ist etwa die Zeitdauer, nach der jeder Mensch bei intensiver Selbstbeobachtung auch nach Placebogabe irgendein Zipperlein an sich wahrnimmt.) Aber Homöopathen sind ja auch als äußerst humorlos bekannt.
Für die in der Collage verarbeiteten Fotos herzlichen Dank an Co-Proband Christian Weihs!
* [Nachtrag vom 24. Mai:] Tatsächlich handelte es sich, wie ich inzwischen informiert wurde, um Milchzucker mit dem Namen “Phosphor D200” bzw. “Lytta vesicatoria C1000”.
** Die hierzulande sehr bekannte Marke,
die sich “The Spirit of Austria” nennt, ist vermutlich besonders gut
geeignet, die von Hahnemann postulierten “geistartigen” Kräfte
freizusetzen!
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