Das ist nur leider schwierig, da viele Familien von Kindern, die in meinen Zuständigkeitsbereich fallen, gar nicht von mir behandelt werden, sondern entweder von anderen hausärztlichen Kolleg*innen (von denen fast alle im Bezirk die laxe Impf-Haltung meines Praxisvorgängers teilen) oder auch von einer nahegelegenen Kinderarztpraxis (die allerdings meine rigorose pro-Impf-Haltung teilt) versorgt werden.
Nicht wenige Familien in unserem Bezirk jedoch gehen von vornherein gar nicht zum studierten Arzt, sondern lieber zum „Naturarzt“ – was eine hier in der Schweiz gebräuchliche, sehr irreführende Bezeichnung für Heilpraktiker ist (die/der durchschnittliche „Naturarzt“-Besucher*in kennt den Unterschied leider überhaupt nicht). Diese raten fast durchgehend vom Impfen ab – was allerdings angesichts der geographischen Nähe zur Arlesheim, der Hochburg der sog. „Anthroposophischen Medizin“, auch nicht weiter verwunderlich ist. In den von mir betreuten Dörfern sind leider Masern- und Windpocken-Parties immer noch an der Tagesordnung.
Ich habe der Lehrerin dann mitgeteilt, dass ich mitnichten verpflichtet sei, Impfgegnern in einem Infoblatt Behandlungs-Tips zu geben, die deren impfgegnerische Haltung nur noch unterstützen würden. Ausserdem informierte ich sie, dass Nicht-Impfen ohne medizinischen Grund laut WHO eine Form von Kindesvernachlässigung sei. Und dann wurde es richtig abstrus.
Nachdem die Lehrerin nach meiner letzten Aussage zuerst in höhnisches Gelächter ausgebrochen war, meinte sie, ich solle lieber das Infoblatt gemäss ihren Wünschen fertigstellen, sonst würde sie sich selber die Informationen „zusammensuchen“. Ich antwortete, dass sie das gerne machen könne, aber dann sicherlich nicht mit meinem Namen darunter. Daraufhin bekam ich zur Antwort, dass es ja meine Aufgabe sei, die Eltern über „die von mir behauptete“ Notwendigkeit des Impfens zu informieren – nur eben nicht im genannten Infoblatt.
Ich antwortete: „Wenn die Kinder korrekt durchgeimpft sind, hat sich das Infoblatt zu diesen Themen doch komplett erledigt.“ Reaktion der Lehrerin: das sei allein die Entscheidung der Eltern. Und ich als Schularzt sei doch verpflichtet, diese dabei zu unterstützen. Die Aufklärung über das Impfen wiederum sei “allein die Aufgabe der Schule”.
Ich überlegte kurz, ob ich die Lehrerin darauf hinweisen sollte, dass sie sich soeben grandios selbst widersprochen hatte. Aber noch bevor ich diesen Gedankengang zu Ende führen konnte, meinte sie, sie würde sich mit der Schulleitung besprechen, wie man mich zur gewünschten Gestaltung des Informationsblattes zwingen [sic!] könne. Danach legte sie ohne weitere Worte einfach auf.
Ich habe dann noch versucht, den Schulleiter telefonisch zu erreichen, aber er leider war nicht mehr im Hause.
Puh, das war jetzt wirklich Hardcore. Ich bin mir im Moment gar nicht so recht sicher, ob ich da heute Nachmittag mit einer Impfgegnerin telefoniert habe, oder nicht vielleicht einfach mit einer Person, die ihre Kompetenzen massiv (und sehr patzig) überschritten hat (mir kam da spontan der “Dunning-Kruger-Effekt” in den Sinn). Aber der Schulleiter wird von mir am kommenden Montag definitiv einen Anruf erhalten. Ob das tatsächlich etwas bringt, bleibt abzuwarten.
Wie denkt Ihr über mein Erlebnis?
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