(Ein Gastbeitrag von “noch’n Flo”)
Liebe Blogleser*innen!
Ich habe mich bislang ja vor allem
a) auf Moderationen in Ulrichs Blog und
b) auf Hinweise auf unsere Basler Skeptiker-Aktivitäten ebendort
beschränkt.
Aber heute ist Schluss damit. Und das aus gutem Grund. Leider!
Ich erhielt heute in meiner Schweizer Arztpraxis eine eMail von einem mir bis dahin nicht bekannten Herrn:
Vorab: Jahresumsatz mit Fentanylpflaster 50’000, wer nicht will, muss nicht.
1 In Notfällen und wenn es unmöglich ist, eine ärztliche Verschreibung zu erlangen, darf die verantwortliche Apothekerin oder der verantwortliche Apotheker ausnahmsweise ohne Verschreibung die kleinste im Handel erhältliche Packung eines Arzneimittels mit kontrollierten Substanzen abgeben.
2 Sie oder er hat bei Arzneimitteln mit kontrollierten Substanzen der Verzeichnisse a, b und bei zugelassenen Arzneimitteln mit kontrollierten Substanzen des Verzeichnisses d ein Protokoll über den Namen und die Adresse der Empfängerin oder des Empfängers sowie über den Grund der Abgabe aufzunehmen. Das Protokoll ist innert fünf Tagen der zuständigen kantonalen Behörde zuzustellen. Die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt ist gleichzeitig zu informieren.
Guten Tag
Aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen ist mir eine Konsultation nicht möglich, benötige aber dringend Medikamente und Dauer -Rezepte für folgende Medikamente unter Hinweis auf Art. 26 und 26bis IVG, Art. 26 HMG, Art. 41 und 51 Abs. 3 und 52 BetmKV und Art. 112, 113 und 128 STGB und die Möglichkeit, die bisherigen Medikamente bei der Zurrose verlängern zu lassen oder selbst für drei Monate zu liefern.
Es ist mir nicht möglich zu diskutieren. Wer mir nicht hilft, bringt mich in Lebensgefahr, darüber muss nicht diskutiert werden. (abruptes Absetzen Fentanyl)
Die Krankengeschichte will ich auch nicht offen halten wie das andere Reisende auch nicht tun müssen um Medikamente zu bekommen (dh. Sie können sie bei der Zurrose einsehen, ich möchte sie aber nicht per mail herumschicken).
Das Spital xxx (Name dem Autoren bekannt) hat mich betrogen und ein falsches Betm Rezept ausgestellt und es wollte es im Nachhinein nicht korrigieren und hat mich einfach sitzen gelassen.
Besten Dank im voraus.
Mit freundlichen Grüssen
xxx
(Angabe einer Adresse in der Ostschweiz, von der meine eigene Praxis gut 150km entfernt liegt)
(…)
(da stehen dann einige Medikamente, welche aber in diesem Zusammenhang eher unbedeutend sind – bis:)
Fentanyl TT Schmerzpflaster, alle 48 Stunden, 650mcg (sechshundertfünfzig, kein Witz)
Remeron 30mg 0-0-1
(…)
(Hervorhebungen von mir)
Also mal im Klartext:
Da kontaktiert mich ein Herr, welchen ich in meiner Praxis noch nie gesehen habe, und meint, unter inflationärer Nennung verschiedener Paragraphen, mir ein Rezept für ein Betäubungsmittel (BTM) (Fentanyl) abpressen zu können, weil er ohne dieses Medikament sterben könne.
Dieses BTM (Fentanyl) braucht der gute Mann in einer aberwitzigen Dosierung von 650ug/h. Und jedes Pflaster alle 48 Stunden, nicht – wie eigentlich vorgesehen – alle 72 Stunden.
Zur Orientierung: die maximal zulässige Dosierung von Fentanyl (ein extrem starkes Schmerzmittel, welches einige von Euch vielleicht aus der Serie «Dr. House» kennen, und welches u.a. für die seit Jahren eskalierenden Opiatmissbräuche in den USA verantwortlich ist) liegt bei 100ug/h.
Der Absender der eMail fordert also die 6.5fache normale Dosis für sich ein. Also wenn man statt pro 72 Stunden auf pro 48 Stunden gehen würde. Ansonsten wäre es noch sehr viel mehr.
Der Umstand, dass der Patient noch «Remeron»(TM) (Wirkstoff Mirtazapin) dazu haben möchte (ein Antidepressivum), lässt ja den Schluss zu, dass da eine psychische Komponente im Spiel ist.
Ich poste die ganze Geschichte hier vor allem, um andere Kolleg*innen in D/A/CH davor zu bewahren, in der üblichen Eile in der Praxis den Fehler einer Falschverordnung zu begehen. Und leider deutet die Absenderadresse auch auf eine Nähe zum österreichischen Bundesland Vorarlberg hin – vielleicht hat der Herr ja auch schon dort versucht, an seinen «Stoff» zu gelangen.
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