Bescheidenheit war nie Craig Venters Sache. Auf der DLD-Konferenz von Burda in München kündigte der Unternehmer, Abenteurer und Genrevoluzzer nun an, das Klimaproblem lösen zu können – zumindest theoretisch.
Venter arbeitet daran, künstliche Organismen zu schaffen, zum Beispiel Bakterien, die eine neue Form von Energie produzieren oder die CO2 vernichten könnten. Für ihn sind Zellen letztendlich Maschinen, die wir nach beliebigen Bauplänen konstruieren können. Fast scheint es in es einem Denken keinen Unterschied mehr zu geben zwischen Biologie und Computern, die bestimmte Funktionen ausführen. So erklärte er einen erstaunten Publikum, dass er mit Hilfe der vier genetischen Grundbausteine neue, künstliche Chromosomen schaffen könne, die er in Organismen einschleusen will. In den vergangenen Jahren hat der passionierte Segler und Abenteurer auf seinen Weltumsegelungstouren Tausende solcher Organismen aus dem Ozean gefischt und in ihre genetische Einzelbausteine zulegt. Dabei stieß er auf eine Vielfalt von Bakterien, die nie zuvor beschrieben wurden.
Ob er diese Bakterien genetisch aufrüsten und in kleine Kraftwerke verwandeln möchte, hat er noch nicht verraten. Ebenfalls nicht, wie weit seine Arbeit bereits fortgeschritten ist. In der pharmazeutischen Industrie werden gentechnisch veränderte Zellen seit langem dazu verwendet, gentechnisch hergestellte Medikamente wie EPO oder Insulin herzustellen. Zumindest theoretisch könnte sich Venter vorstellen, dass Bakterien künftig anstelle von Wirkstoffen neue Arten von Treibstoff herstellen können. „Wenn die ersten alternativen Treibstoffe auf den Markt kommen, geht der Ölpreis runter“, kündigte er weiter an. „Warum solle man es einer Handvoll von Leuten überlassen, den Ölpreis festzulegen?“
Auf die kritischen Einwürfe von Richard Dawkins (Buchautor von „Der Gotteswahn“), der auf dem Podium mit Venter diskutierte, ging er kaum ein. Dawkins befürchtet, dass künstliche Organismen unserer Genom ein für allemal verändern könne. Venter wiegelte ab. Von einem künstlichen Chromosom aus seinem Labor ginge kein annähernd so großes Risiko aus, wie von den Abermillionen von Bakterien und Viren, die in unserer natürlichen Umwelt herumschwirren.
Wenn Venter seine Zukunftsvisionen ausbreitet, klingt das so simpel wie ein Experiment aus dem Chemiebaukasten für Fortgeschrittene. Würde man Venter nicht kennen, müsst man ihn sicher für einen Phantasten halten. Tatsache aber ist, dass er seinen letzten aberwitzigen Plan pünktlich umgesetzt hat. Ende der Neunziger Jahre gründete er die Firma Celera und sequenzierte mit ihren Supercomputern im quasi im Alleingang das menschliche Genom – innerhalb von nur drei Jahren. Damit überholte er die damaligen Anstrengungen einer Weltgemeinschaft, die mit dem staatlich finanzierten Humanen Genomprojekt genau dieses Ziel verfolgte. Zu langsam für Venter. Bei einer wissenschaftlichen Veröffentlichung kann immer nur einer der erste sein, und so gewann Venter das Wettrennen um die Publikation des ersten kompletten menschlichen Genoms.
Was also zunächst wie Irrsinn klingt, kann in Venters Fall in wenigen Jahren schon Realität sein. Hinzu kommt, dass er aufgrund des finanziellen Megaerfolgs von Celera an der Börse über die notwenigen Mittel verfügt, seine Pläne umzusetzen.
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