Die meisten ökonomischen Theorien minimieren in ihren Modellen den Einfluss von menschlichen Emotionen auf ökonomische Entscheidungen und betonen dagegen den Einfluss rationalen Denkens. Menschlichen Handlungen soll demnach eine Strategie der „Gewinnmaximierung“ zugrunde liegen: Man würde etwa kalkulieren, wie viel ein bestimmtes Produkt im Vergleich zu anderen Produkten wert ist, mit welchen Vorteilen zu rechnen ist und wie sich die eigene Entscheidung im Kontext der Entscheidungen anderer Individuen auswirkt. Ein relativ neues Forschungsgebiet innerhalb der Neurowissenschaften, Neuroökonomie (neuroeconomics, behavioral economics),
hat nun begonnen, diese Paradigmen in Frage zu stellen und ein realistischeres Menschenbild auch für ökonomische Entscheidungen zugrunde zu legen. Hierbei werden nicht nur die Fähigkeit zur rationalen (kognitiven) Erwägung, sondern auch der Einfluss von Affekten (Gefühlen) auf ökonomische Entscheidungsprozesse berücksichtigt.
Um ökonomische Entscheidung einer Gehirnfunktionsanalyse unterziehen zu können, gibt es immer mehr Studien, die mit bildgebenden Verfahren Menschen bzw. ihren Gehirnen beim Denken und Entscheiden in ökonomischen Situationen zuschauen.
Es wird z.B. analysiert, wie das menschliche Gehirn auf faire und auf unfaire Angebote reagiert und welche Gehirnareale bei Entscheidungen dieser Art aktiv sind. Was geht in Gehirnen von Menschen vor, wenn sie unfaire Angebote erhalten? Eine starke Aktivierung zeigt hier die vordere insuläre Region (Insula anterior). Die Insula ist vor allem an der Verarbeitung negativer Emotionen (wie Schmerz, Ekel, Stress) beteiligt. An der Stärke der Reaktion in der Insula, in diesem Fall vor allem in der rechten Gehirnhemisphäre, lässt sich sogar die Entscheidung der Probanden vorhersagen. Dies ist nur interessant und für ökonomische Theorien bedeutsam, sondern es wirft auch ethische Fragen auf: so gibt es eine Recht auf eine Unversehrtheit der Privatsspähre zum Beispiel in seinem eigenen Zuhause, gilt dies eigentlich auch für Denkvorgänge in unserem Gehirn? Wie steht es um unsere Privatssphäre, wenn man uns beim Denken zu schauen könnte?
Zukünftige Modelle über menschliches Verhalten werden also Affekte als vitale und dynamische Komponenten für Entscheidungsfindungsprozesse in einer realen Welt stärker berücksichtigen müssen, auch wird man die ethischen Maßstäbe an solcher Art Forschung verschärfen müssen, sonst sind unsere Computer bald besser geschützt als unsere Köpfe.
Beispiel für einen interessanten Artikel:
C. F. Camerer, Science, 300, 1673 (2003); [2] A. Sanfey et al., Science. 300, 1755 (2003).
Wikepedia über Neuroeconomics
Focus Jahrbuch 2007 über Neuroökonomie
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