Neben dem Befragungsverfahren der Verhaltenswissenschaften, das häufig eher rationale Bewertungen der Verbraucher bzw. Mediennutzer abbildet, entstehen mit bildgebenden Verfahren wie der funktionellen Magnetresonanztomografie neue Möglichkeiten, die emotionale, ungefilterte Verbrauchersicht darzustellen.
Manchmal liefern Befragungsmethoden keine ausreichenden Erkenntnisse, weil gerade Entscheidungsprozesse vom Befragten nicht immer verbalisiert werden können. So gibt es etwa deutliche Differenzen zwischen der Kaufabsicht und dem tatsächlichem Kaufverhalten (ermittelt z. B. bei der Werbewirkungsmessung). Auf der anderen Seite weisen Erkenntnisse aus Online-Portalen darauf hin, dass das Kauf- bzw. Nutzungsverhalten häufig spontan, ohne explizite Absicht stattfindet.
Besonders deutlich wird das Defizit der Befragungsmethode beim Konstrukt der Markensympathie: So ist bekannt, das die Markensympathie einen erheblichen Einfluss auf den Kauf einer Marke ausübt. Gleichwohl rätselt man seit langem, wie Sympathie positiv beeinflusst werden kann. Fragt man Menschen danach, warum sie eine Marke sympathische finden, erhält man regelmäßig so genannte „Kulissenmotive”, also vorgeschobene Antworten.
Wie sieht die Vorgehensweise der Neuroökonomie aus: hier würde man zunächst mit Hilfe experimenteller Designs das neurologische Korrelat zur Markensympathie identifizieren. Im nächsten Schritt könnte dann durch kontrollierte Experimente mit abstrakten Stimuli die Entstehung einer „Stimuli”-Sympathie visualisiert werden. So erhält man wertvolle Hinweise darauf, welche Areale welche Bedeutung für die Entwicklung von Markensympathie haben. Man könnte nach Meinung von Neuroökonomen somit – stark verkürzt dargestellt – unter den kontrollierten Bedingungen des Labors eine Marke „züchten”. Und dies ohne den Probanden zu befragen.
In vielen anderen Fällen helfen aber auch klassische physiologische Untersuchungsmethoden, wie sie ja in der Marktforschung bereits bekannt sind . Bildgebende Verfahren der Hirnforschung läuten hier aber insofern eine neue Ära ein, als dass sie weit reichende Informationen über implizite Prozesse im menschlichen Gehirn liefern können.
Beide Ansätze – die klassische empirische Sozialforschung und die medizinisch-physiologische Forschung – können und sollten sich im Bereich der verhaltenswissenschaftlich ausgerichteten Marketingforschung somit hervorragend ergänzen.
Die neuen, sicher sehr beeindruckenden Methoden der Brain Sciences werden unser Wissen vermutlich nicht kurzfristig revolutionieren. Fundamentale Erkenntnisfortschritte benötigen ihre Zeit. Zudem beschäftigen sich die Neurowissenschaftler im Bereich der Ökonomie gegenwärtig noch überwiegend mit Grundlagenforschung. Auf die weiteren Entwicklungen, insbesondere für Anwendungen im Marketing, darf man aber schon heute sehr gespannt sein. Dann werden auch auf viele Fragen zur Güte effektiver Kommunikation noch sehr interessante Antworten zu erwarten sein.
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