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Im zweiten Teil von “media targeting – Kommunikation, die effektiv ins Ziel trifft” kommt ein Verfahren zur Sprache, das aufgrund des Zeitpunktes Assoziationen an die letzten – besinnlichen wie fröhlichen – Tage des Jahres weckt, damit aber letztlich nur bedingt zu tun hat. Vielmehr sucht der Mensch ständig – in dem, was er tut, mit welchen Menschen er sich zusammenfindet etc. – nach Belohnung und irgendwie auch Glück. Die Hirnforschung hat hierfür mit dem nucleus accumbens im limbischen System sogar einen sprezifischen Ort in unserem Denkorgan ermittelt.

Im Kampf um die Aufmerksamkeit des Publikums dominiert bei erfolgreichen Medienangeboten – bei Zeitschriften ebenso wie beim Fernsehsendungen oder dem Internet – zunehmend Themenkompetenz gegenüber purer Vielfalt. Medien können nur dann glaubwürdig eine „Agenda” besetzen, wenn sie für den Leser, Seher oder Hörer auch “für diese stehen”, von ihm entsprechend wahrgenommen und akzeptiert werden. Diesen „Mehrwert” zu schaffen, eben nicht nur zu informieren oder zu unterhalten, macht den markenbildenden Charakter von Medienangeboten aus.

Wie kann man aber diesen Mehrwert einer Medien-Marke erkennen? Da sich der Markenwert nicht per se – wie im 1. Teil angeführt -, sondern vielmehr als Mehrwert zu den funktionalen oder emotionalen Leistungen eines Medienangebots ergibt, kann er sich nur `in den Köpfen` der Mediennutzer wiederfinden. Folglich müssen diese – mit ihren Nutzungsmotiven für die eigene Medienwahl – berücksichtigt werden. Doch für die Markenbindung reicht dies allein nicht aus: Neben Nutzungsmotiven ist die Relevanz zum Beispiel eines Zeitschriftentitels für die Beschreibung der individuellen Bedürfnisse sowie das Zufriedenstellen dieser Nutzungsbedürfnisse von entscheidender Bedeutung. Die Medienforschung hilft hierbei die Frage zu beantworten, warum beispielsweise jener Zeitschriftentitel genutzt, ein anderer aber vom Konsumenten abgelehnt wird. Dies lässt sich ebenso für andere Mediengruppen (TV, Online etc.) ausmachen.

Erklärungen hierzu finden wir im Gratifikationsansatz (im Original „Uses and gratfications-approach”), der bereits Mitte des letzten Jahrhunderts Eingang in die Medienforschung gefunden hat (und inzwischen vielfach weiterentwickelt wurde), leider aber immer noch nicht fester Bestandteil von Planungsaktivitäten rund um Mediaentscheidungen ist.

Der Uses- and Gratifications-Ansatz

Neben der redaktionellen Schwerpunktsetzung, die das ´Wesen´ einer Publikumszeitschrift oder allgemein eines Medienangebots ausmacht, ist wesentlich, warum sich ein Käufer zum Beispiel für einen Titel entscheidet, aus welchen Gründen der Leser einen Titel (regelmäßig) nutzt und wie der Leser mit einzelnen Beiträgen beziehungsweise mit Werbung umgeht. Voraussetzung hierfür sind psychologische Er-wartungen, die Rezipienten in Bezug auf die Nutzung von Medienangeboten haben und wie diese Erwartungen durch die Nutzung erfüllt werden.

Dabei kommt es darauf an, trennscharfe und differenzierende Indikatoren zu identifizieren. Der Uses- and Gratifications-Ansatz bietet hierzu ein theoretisches Fundament.

Fokussiert wird der Rezipient selbst und damit die Frage, warum bestimmte Personen bestimmte Medien nutzen und wie sie davon profitieren. Da die Nutzungsmotive in der Regel eher abstrakt anmuten, werden sie als Motivdimensionen verstanden, die selbst durch eine Vielzahl von Items repräsentiert werden, die konkreter zu erfassen sind (zum Beispiel wird das Nutzungsmotiv „Information” oftmals durch Items wie „erweitert mein Wissen”, „gibt mir Entscheidungshilfen”, „gibt mir einen Überblick über unterschiedliche Meinungen” etc. dargestellt).

UsesandGratifications.PDF

Der Ansatz bietet die Möglichkeit, mehr über die Mediennutzung und den Mediennutzer zu erfahren und hiermit den Mediaplanern ein Instrumentarium zur Unterstützung strategischer Planungs- und Entscheidungsprozesse zur Verfügung zu stellen.

Was lehrt uns der Gratifikationsansatz? Greifen wir hierzu nun einmal eine reale Problemstellung in der Print-Mediaplanung auf, die redaktionellen Umfelder von Anzeigen im Heft. Annahme ist, dass thematisch zum Botschaftsinhalt der Anzeige „passende” homogene Umfelder die Werbewirkung fördern, während botschaftsferne Themen diese hemmen. Zu diesem Sachverhalt liefert die Rezeptionsforschung bereits seit Jahren widersprüchliche Befunde. Einziges stabiles Erklärungsmerkmal ist hier die Person selbst – nämlich ihre Einstellung gegenüber dem Botschaftsinhalt, geprägt durch Kenntnisse über das Produkt/die Marke, dem individuellen Interesse daran beziehungsweise den Erfahrungen damit.

Es ist daher angemessener, anstelle eines Umfeldeinflusses von Effekten des Werbeträgers als Ganzem, also der Medienmarke, auf die Rezeption der Anzeige auszu-gehen. Der Gratifikationsansatz beschreibt die Erlebniswelt der Medienmarke, die eine individuelle Rezeptionsverfassung beim Leser schafft, der sie ja eben deshalb auch nutzt.

Es ist deshalb davon auszugehen (Untersuchungen aus dem Bereich der Neuromarktforschung konnten dies bestätigen ), dass die „Strahlkraft” der Medienmarke einen höheren Erklärungsbeitrag für die Anzeigenwirkung (Imagetransfer) beisteuert als das unmittelbare redaktionelle Umfeld.

Je nach kommunikativer Zielsetzung des Werbemittels kann somit der jeweils geeignete Werbeträger identifiziert werden, dessen Nutzerschaft passende Rezeptionsqualitäten aufweist. Dies schafft die Grundlage für “… Kommunikation, die effektiv ins Ziel trifft”.

Kommentare (1)

  1. #1 mike
    Dezember 31, 2008

    seit nicht allzu langer Zeit werden Kosten-Nutzen-Ansätze, die ja ursprünglich aus den Wirtschaftswissenschaften stammen, auch vermehrt für evolutionsbiologische Betrachtungen verwendet. Der Bezug mag weit hergeholt erscheinen, dennoch kann man sich fragen, ob nicht Medieninhalte hier für den Leser, Seher oder Hörer einen Vorteil bieten, z. B. in sozialer Hinsicht, um sich so als zugehörig zu einer Gruppe oder Gesellschaft darzustellen (und durch einen hohen Grad an Informiertheit eine Art Status in dieser zu dokumentieren). Vielleicht ein interessanter Gedanke, dem man nochmal nachgehen sollte …
    Zu fragen wäre dann aber auch noch, welchen Medieninhalte sich wohl – evolutionär – durchsetzen, was uns da in Zukunft erwartet. Aber vielleicht überfordert man bei diesem Thema die Evolutionstheorie auch ein wenig … (?)