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Nun stehen wir wieder einmal in der heißen Phase vor einer Bundestagswahl und müssen feststellen, dass offenbar die großen Konfontationen, hitzig geführten Ausseinandersetzungen und die Zuspitzung über die Medien 2009 wohl nicht mehr stattfinden. Liegt das tatsächlich an fehlendem Politikinteresse oder gar Wahlmüdigkeit, traut man den Politikern immer weniger zur Lösung der gesellschaftlichen Herausforderungen zu oder aber sind sich doch alle gleich in ihrer Lösungskompetenz?

Vermutlich haben sich die Menschen dann doch nicht so dramatisch geändert, weshalb von Desinteresse nicht vorschnell ausgegangen werden sollte. Vielmehr scheint in der Erwartung an die Politik ein gesunder Realismus durch, der den Parteien ihren Platz im Spektrum zubilligt. Zugleich ist eine Polarisierung vergangener Jahre gar nicht zeitgemäß. Die hohen Imagewerte des jungen Wirtschaftsministers zu Guttenberg machen deutlich, daß authentisches Auftreten und – vormals als unpopulär bezeichnete – Wahrheiten mündigen Wahlbürgern durchaus zugemutet werden dürfen. Warum also “mit der Brechstange” ein Feindbild hervorkehren, Details pointieren, die letztlich nur emotionale Momentaufnahmen sind?

Manch einer fragt, wo hier die Medien sind, die doch früher immer “das Haar in der Suppe” entdeckt haben. Dabei zeigt sich ein deutlicher Pragmatismus im Zusammenhang mit politischen Themen eben gerade auch beim zunehemd selektiven Mediennutzer, beim Konsumenten von Zeitungen, Zeitschriften, dem Fernsehen oder Internet: Aus der Gratifikationsforschung wissen wir: Relevanz und somit Nachfrage schafft, was nahe an der eigenen Lebenswirklichkeit konkrete Herausforderungen bewältigen hilft, und das ist dann zunehmend komplex und vielschichtig. Sicher besteht der Wunsch, ja geradezu das Bedürfnis, Dinge einfach zu halten. Gerade aber die Diskussion um Opel zeigt uns momentan wieder recht deutlich, daß Politik die Probleme letztlich nicht lösen kann, daß soziale Belange immer nur vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Vernunft einlösbar sind und dass etwa Prozesse wie der einer “Insolvenz” nicht unbedingt ein “Weltuntergang” sein müssen, sondern ein nicht ungewöhnlicher Vorgang in der Privatwirtschaft auch mit Optionen für die Zukunft eines Unternehmens darstellt.

Vielleicht ist es ja die Einsicht in die Komplexität der Ereignisse, in die Tatsache, das hier nicht mehr links-rechts, schwarz-weiss oder gut-böse bestimmende Parameter sind, sondern die Koordinaten vielschichtig sind. Die Wähler wie Konsumenten fragen vermehrt danach welchen Beitrag Politik relasitischerweise zur Lösung der Herausforderungen des Alltrags leisten kann. Und das wiederum führt dann häufig zu der Einsicht, daß viele dieser Herausforderungen eben doch nur durch eigene Anstrengungen und nicht im Vertrauen auf die eine oder andere Partei zu lösen sind. Ob das dann “Politikverdrossenheit” ist, mag dahingestellt sein. Es zeigt vielmehr, dass die Relevanz von Politik über die Jahre eine andere geworden ist, muß aber eben nicht heißen, daß man sich weniger damit auseinandersetzt.

Manchmal genügen vielleicht ja auch die leiseren Töne, um relevante Botschaften anzubringen. Es sollte nur vielleicht nicht zu leise und dabei auch noch sichtbar sein, nicht das der eine oder andere am Ende gar nicht bemerkt, daß Wahltag ist…

Kommentare (6)

  1. #1 HL
    September 12, 2009

    Vielleicht ist es ja die Einsicht in die Komplexität der Ereignisse, in die Tatsache, das hier nicht mehr links-rechts, schwarz-weiss oder gut-böse bestimmende Parameter sind, sondern die Koordinaten vielschichtig sind.

    Also gerade das finde ich an der deutschen Politik (meistens jedenfalls) sehr angenehm. Ich war letzten Monat in den USA – und es war beinahe unerträglich, welche Töne dort in den Medien angeschlagen werden, und es standen nicht einmal irgendwelche Wahlen an. Eine ernsthafte politische Diskussion lässt sich nicht in stramme Parolen packen. Dass hierzulande keine “hitzigen Duelle” ausgefochten werden, ist meines Erachtens auch keine “Politikverdrossenheit” (die vor allem jungen Erwachsenen immer wieder vorgeworfen wird), sondern der Wunsch, Politik nicht auf die Ebene der Wahlrethorik zu reduzieren: Politiker sollen sind keine Werber sein!

    Vielleicht braucht es bald einen neuen Ansatz, eine neue Partei der pragmatischen Generation =)

  2. #2 Klaus Obernberg
    September 12, 2009

    Der Wahlkampf hat sogar eine musikalische Note, und zwar in
    http://www.wahllieder.de und http://www.rentnerlied.de. Es gibt genug
    Sachthemen und es gibt genug Politiker mit verschiedenen
    Meinungen. Was braucht ein Wahlkampf noch? Eventuell
    brauchen einfallslose Presseleute irgendwelche Gags, die sie
    dann aufgbauschen können. Aber der Wahlkampf braucht das
    nicht, und die Demokratie auch nicht.

  3. #3 mike
    September 14, 2009

    Gerade das so genanntes “TV-Duell”, das keines war, zeigt deutlich, daß die Lösung politischer Fragen handwerklichen Können, nicht aber gassenhauerisches Getue verlangt. Insbesondere, wenn die Protagonisten der Volksparteien für eine Zuspitzung so wenig taugen wie das aktuell der Fall ist.

  4. #4 Herr B
    September 15, 2009

    Dieses Kommentar insinuiert, es stünden immer Lösungen von “absoluter Richtigkeit” zur Verfügung, von der alle Teilnehmer der Gesellschaft gleichermaßen profitieren würden.

    Tut mir leid, aber das lässt sich bestenfalls als “naiv” bezeichnen, beschreibt doch Politik immer einen Prozess des Konflikts unterschiedlicher Interessen. So komplex die Welt heute auch erscheinen mag – die Frage nach dem “Wem nützt es?” ist dadurch keineswegs beiseite geräumt.

    Wem nützt es etwa, wenn der so beliebte Wirtschaftsminister eine Anwaltskanzlei, die im Besitz eines Bankenkonsortiums ist, ein komplettes “Gesetz zur Ergänzung des Kreditwesengesetzes” schreiben lässt?

    Ganz abgesehen davon scheint es ja keineswegs so zu sein, dass die entpolitisierte Selbstdarstellung der ehemaligen Volksparteien in großen Wahlerfolgen münden wird…

  5. #5 Flashback007
    September 16, 2009

    Viel Dank für diesen Beitrag. Endlich mal eine Darstellung die nicht nach fetten Headlines und Sensationsmeldungen giert.
    Die Politik von heute ist Hautnah geworden. Jeder ist durch die Krise zu einem Betroffenen geworden. Ich denke, durch das Internet haben auch vielmehr Bürger die Möglichkeit die Prozesse zu verfolgen und so eine präzisere Meinung zu bilden. Dass ist den Politikern durchaus bewusst. Der Sieger von heute kann morgen der Verlierer sein. Insofern ist die Taktik ,die Wahlen realistisch und ruhig anzugehen, absolut korrekt. Hier geht es nicht um Entertainment, so wie zu Schröders Zeiten, sondern um Politik, Verantwortung und Glaubwürdigkeit. Da ist eine Person wie Rüttgers, mit seinen lauten Parolen, auf falscher Fährte gewesen. Wichtig wäre es junge Leute zu überzeugen und Politik, für dieseZielgruppe, interessanter zu gestalten. Aber da kommt auch wieder das Netz in Aktion und kann durch die Communitys auch wieder einige User animieren: Leute geht bitte wählen …https://loom.tv/channel.php?c=19242

  6. #6 Karl-heinz Krönes
    September 27, 2009

    die Schröder haben verloren