Das Jahr 2011 startet mit glänzenden Vorhersagen, was die konjunkturelle Situation und Entwicklung der Märkte, auch des Arbeitsmarktes angeht. Was die Industrie und den Arbeitnehmer, den Verbraucher freut, ist zugleich kein Ruhmesblatt für die Zunft der Auguren. Haben sie doch bis vor kurzem noch unisono ein Schreckensszenario der wirtschaftlichen Entwicklung an die Wand gemalt. Sind Prognosen heute zuverlässig überhaupt noch möglich oder zu sehr der vergangenenen Entwicklungen verpflichtet?
In der Tat kann man auf Grund der jüngsten Aussagen der Prognostiker den Eindruck gewinnen, dass verlässliche Vorhersagen über mehrere Monate oder gar Jahre, vermutlich aufgrund linearer Fortschreibung von Ereignissen, die dem Zeitpunkt der Prognoseerstellung unmittelbar vorausgehen, nicht (mehr) möglich sind.
Das dennoch die Vorhersagen für die Wirtschaftsentwicklungen bis zuletzt derart negativ waren, verwundert dennoch. Hat man die Tendenzen der Belebung für unserer metallverabreitenden Schlüsselindustrien, insbesondere in wichtigen Übersee-Märkten, falsch eingeschätzt oder anders wahrgenommen? Oder aber erleben wir momentan eine konjunkturelle “Blase”, ein Strohfeuer im Wirtschaftskreislauf? Das können wohl (nur) diejenigen (am besten) beantworten, die solche Vorhersagen seit Jahren erstellen bzw. diese wissenschaftlich untersuchen.
Mir zumindest geht es da manchmal wie bei der Wettervorhersage. Immerhin erfährt man (als Laie auf diesem Gebiet) vom Fachmann im Rahmen einer TV-Wetteransage, dass Vorhersagen, die über 2-3 Tage hinausgehen, nur mit sehr großer (statistischer) Unsicherheit abgegeben werden können. Probabilitische Modelle, die eine Vielzahl an Parametern (inkl. von Langfristtrends) miteinander verrechnen, beeindrucken schon allein ob der ungeheuren Rechnerleistung, die dahinter steckt. Längerfristig – z. B. für die Urlaubsplanung im Sommer – würde niemand eine dezidierte Ansage geben, insbesondere wenn der Zeitraum eng eingegrenzt wird. Klimaforscher hingegen können Vorhersagen treffen, die einen möglichen (oder wahrscheinlichen?) Klimawandel betreffen. Erstaunlich, bei der doch zugestandenen Unschärfe für Kurzzeitprognosen. Freilich käme hier auch niemand auf die Idee, das alle 2-3 Jahre grundsätzlich in Frage zu stellen, und überprüfen können das ohnehin die wenigsten (interessant: obgleich noch in den 1990er Jahren von einer kommenden Eiszeit die Rede war, stellt heute (fast) niemand die Klimaerwärmung ernsthaft in Frage).
Sicher liegt ein Grund dafür in einer geänderten Erwartungs- oder Anspruchhaltung an solche Vorhersagen. Sie müssen nicht die Exaktheit mit sich bringen, stellen vielmehr Denkmodelle für die verschiedensten (politischen) Interessengruppen dar, um z. B. gesellschaftliche Debatten zu führen. Über die passenden Antworten auf den Klimawandel wird aber vermutlich von vielen in Unkenntnis der Güte und Tauglichkeit der zugrundeliegenden Modelle diskutiert.
Wie verhält es sich diesbezglich mit Wirtschaftsprognosen? Ein Eingeständnis bedingter Tauglichkeit für Vorhersagen über über wenige Tage hinausgehend würde die Zunft der Prognostiker sicher sehr schnell in Ungnade bringen. Dennoch wäre gerade jetzt eine realistische Selbsteinschätzung und deren offene Kommunikation angebracht, den Zeitraum und die Verlässlichkeit von tauglichen Vorhersagen betreffend. Und ein Überprüfen der Modellannahmen, die möglicherweise doch ein wenig zu sehr rückwärtsgewand sind. Damit der Blick in die Zukunft nicht nur etwas über die Vergangenheit verrät und allzuhäufig der Realität angepasst werden muß.
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