Es wird so unterstellt, dass alle Kanäle die gleichen “Chancen” besitzen, Bekanntheit aufzubauen, Sympathie zu erzeugen oder der beworbenen Marke Glaubwürdigkeit zu verleihen. Man stellt dann gerne die Medien über ihre jeweiligen Werbeausgaben mit der erzielten Wirkung in diesen Größen unmittelbar gegenüber.Es wäre hier sicher sehr viel vernünftiger, zunächst einmal den Blick darauf zu richten, ob dies so überhaupt zutrifft. Vorstellbar zur Beantwortung dieser Frage – gerade auch aus Daten von Werbewirkungstrackings – ist hierzu z. B. ein regressionsanalytisches Verfahren, dass den Einfluss von Bekanntheit, Sympathie oder Glaubwürdigkeit über mehrere
Messpunkte über die Zeit hinweg für eine Marke auf den Kommunikationserfolg (operationalisiert z. B. über die Kaufbereitschaft) – getrennt nach Kontakten- oder Kontaktklassen über Medienkanäle – ermittelt. Dabei gilt es, möglichst feingranular die verschiedensten Kontakt(mengen- und -mix-)kombinationen als unabhängige Variable gegen die abhängige Variable (z. B. Kaufbereitschaft, Loyalität, Wiederkaufabsicht) in ihrer Wirkungsmechanik zu analysieren.Man sollte dadurch gezielt die Frage beantworten können, wie wirksam z. B. der Medienkanal Zeitschrift oder die Kombination aus Zeitschrift und Online oder beides in Verbindung mit TV differenziert. Und zwar nach unterschiedlichen Kontaktmengen und Mix-Verhältnissen (mengenanteilig, z. B. 10-20% PZ + 30-40% TV etc.) und verschiedene Ausprägungen hinsichtlich der messbaren Einflüsse auf z. B. die Markenbekanntheit oder Kaufbereitschaft zu einer untersuchten Marke, die wirbt.
Für eine Kommunikationsberatung sollte der Wert dann in der Beantwortbarkeit von Fragen liegen wie z. B., welche Effekte Etatverlagerungen im Media-Mix für die einzelnen Wirkindikatoren mit sich bringen. D. h. in anderen Worten, wie reagibel z. B. die Bekanntheit oder der Kauf einer Marke auf die unterschiedlichsten Werbeträger-/Kontaktklassen bzw. – mengen ist.Komplexe Wirkungszusammenhänge lassen sich methodisch auch über Strukturgleichungsmodelle darstellen, denen dann aber bereits Annahmen über das Zusammenspiel von Messgrößen (den so genannten latenten Variablen) vorausgehen müssen. Diese Verfahren sind daher mathematisch zwar sehr viel komplexer und erfordern methodische Mehrarbeit, die aber auch durch verbesserte Erkenntnisse belohnt werden kann. In wissenschaftlichen Werbewirkungsmodellen hat man diese Annahmen – z. B. in der Differenzierung von low- vs. high-involment-Kommunikation im “Elaboration-likelihood-Modell” (ELM) nach Petty & Cacioppo (1986) – ja bereits vorliegen. Kurz zum Hintergrund des ELM: das Modell unterstellt unterschiedliche Informationsverarbeitungsprozesse, je nachdem, ob Werbung nebenbei, häufig unterschwellig, oder aber aktiv und bewusst rezipiert, d.h. wahrgenommen wird. Aktives Memorieren führt z. B. eher zu einer Einstellungsänderung gegenüber der beworbenen Marke, während passive Rezeption (manchmal) zwar Kaufverhalten auslösen kann, häufig aber keinen oder nur einen geringen Einfluss auf langfristige und nachhaltige Absenderbindung zur Folge hat (allenfalls dann, wenn das Produkterlebnis derart beeindruckend war, dass dadurch Wiederholungskäufe ausgelöst werden und sich so rückwirkend die Produktattribution ändert, indem z. B. ein positives Image entsteht). Das wiederum setzt allerdings zur Beantwortung der Frage der Einflüsse der verschiedenen Werbeträger auf den Kommunikationserfolg der Kampagne – und das sollte ebenso selbstverständlich sein wie es leider in der Praxis allzu oft vernachlässigt wird(!) – die Vorab-Bestimmung der Zielrichtung bzw. Aufgabenstellung der Kommunikation auch für die anschließende Ex-post-Analyse voraus.
Die Forschungsmethodik bzw. das entsprechende Forschungsmodell zur Bewertung der jeweiligen crossmedialen Einflussgewichte muss folglich ein anderes sein, je nachdem, ob z. B. primär Aktivierung zu Impulskäufen, wie beispielsweise im Bereich der schnell drehenden Konsumgüter favorisiert, Imagewerbung für die Bindung und den Wiederkauf, wie dies häufig bei Pkw-Werbung der Fall ist, oder aber die Übermittlung von Produktinformation wie häufig bei Finanzmarktwerbung, das primäre Ziel ist. Solche unterschiedlichen “Wirkungsweisen” vorauszusetzen ist sicher der angemessenste Weg, um Medienbeiträge für Kommunikationsaufgaben im Medienvergleich methodisch korrekt untersuchen zu können. Und ganz wichtig ist zudem: das Ganze muss anhand konkreter Kampagnen passieren, denn nur dort sind Kommunikationsziele klar und eindeutig festgelegt (oder sollten dies zumindest sein). Eine Durchschnittsbildung über teilweise sehr heterogene Kampagnen ist hierbei wenig hilfreich, sie verwischt viele Effekte.
Allenfalls ließen sich Kampagnen mit derselben kommunikativen Zielsetzung gruppieren. Man muss dann schließlich auch das Ergebnis bzw. die Bewertung auf diese konkreten Kommunikationsziele ausrichten, etwa der Gestalt: “der Media-Mix mit mittlerer Frequenz erbringt bei imagebildender Werbung die beste Performance” und nicht einfach der Frage nachgehen “Media-Mix xy ist per se besser als der Mix yz”.
Dann erst, und möglicherweise nur so, lässt sich crossmedial valide das vergleichen, das sonst nicht vergleichbar ist.
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