Anthony Watts ist möglicherweise der erfolgreichste “Klimablogger” (mit oder knapp hinter realclimate), was die Anzahl der Aufrufe seiner Webseite angeht. Sein Erfolgsrezept ähnelt dem vieler Klima-Skeptiker. Er schwingt immer zwischen zwei Haltungen: Einerseits einfacher Mann von der Strasse, dem die “linken” Wissenschaftler das Geld aus der Tasche ziehen wollen und das mit Argumenten, die “offensichtlich” dem gesunden Menschenverstand widersprechen. Andererseits, Experte qua 30 jähriger Tätigkeit als Wetterfrosch im Fernsehen (wie man auch am ehemaligen ZDF Wettermann Wolfgang Thüne sieht, ist der Fernsehwettermann ein Beruf, der einerseits wie kaum ein anderer Andy Warhols Zukunftsvision von 5 Minuten Berühmtheit eines jeden ( täglich nach den Nachrichten) erfüllt und andererseits offensichtlich manchmal bei der Pensionierung zu schweren Entzugserscheinungen führt: Wer schaut mir jetzt noch zu? Ob diese Sehnsucht nach Aufmerksamkeit das Motiv einiger Frensehwetterfrösche für ihren so “fundierten” Skeptizismus ist? Man weiss es nicht.
Egal, jedesmal wenn Watts in die Nähe von etwas wie Mathematik kommt, führt das regelmässig zu unglaublichen Desastern: Hier, hier und hier. Trotz alle dem, seine Mischung aus Schenkelklopfhumor, Politik und Pseudowissenschaft kommt jedenfalls an. Sein grösstes und wahrlich herkulanisches Projekt: Er sammelt Fotos von Wetterstationen und malt mit Photoshop einen Pfeil ins Bild, der auf den zu nahe am Temperaturfühler stehenden Mini-Van zeigt. Die Message ist klar, global warming ist nur ein Artefakt von ein paar unglücklich aufgestellten Thermometern.
Während er bei praktisch jedem Satz Politik mit seinem Verständnis von Wissenschaft vermischt, schickt er allen Ernstes an alle möglichen Wissenschaftler Beschwerde-Mails: Wie kann es sein, dass ein aus öffentlichen Geldern bezahlter Wissenschaftler sich erkühnt, ein Zitat Al Gores auf seiner Webseite zu lassen (und ähnliches)?
Richtig lachen darf man aber bei den Kommentaren. Das diesjährige Sommerseeeis nähert sich (zu meiner Überraschung) doch arg dem letztjährigen Minimum-Rekord. Anlass zur Besorgnis? I WO! Mark Serreze vom NSIDC hatte eine Wahrscheinlichkeit von Fifty-Fifty für einen eisfreien Nordpol angegeben. Damit meinte er eben genau diesen präzisen geographischen Punkt, der keinerlei besonderes Interesse aus klimatologischer Sicht hat. Vermutlich hatte Serreze eine “symbolische” Pressemitteilung machen wollen, während er über den ungewöhnlichen Zustand des Seeeises in den letzten Monaten sprach (1 Jahreseis am Nordpol zu Beginn der Schmelzsaison). Sei es wie es sei, hier eine echte Watts Jüngerin, Katherine: Das könne doch wohl kaum ungewöhnlich sein, denn in Bild 1 sei klar zu sehen, dass der Nordpol bereits 1987 eisfrei war!
Nur in dem Sinne ist der Nordpol wahrscheinlich in jedem Jahr eisfrei. Der erschütternde Beweis der aus dem EIs vortauchenden U-Boote kann fast jedes Jahr irgendwann beobachtet werden. Hier (Bild 2) das letzte Foto der am Nordpol aufgestellte Webcam. Tatsächlich, Serreze hat recht: Der Nordpol ist eisfrei!
So siegt sich Watts schamfrei von Niederlage zu Niederlage, von Erratum zu Erratum. Sein Weg ist gepflastert mit “Red Herrings” (oder “Ignoratio elenchi” für unsere Lateiner und Griechen) und widerlegt gnadenlos, was nie jemand behauptet hat.
Hurra, das Meereis 2008 ist doch noch grösser als 2007, ohne ein Wort darüber zu verlieren, dass das Entscheidende bereits eingetreten ist, der Trend geht weiter und 2008 wird mit grosser Wahrscheinlichkeit das Jahr der zweit-kleinsten arktischen EIsbedeckung in der Satellitenära werden.
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