Die Ergebnisse in Frankreich sind ja nicht unbedingt das Erste, was in Deutschland an einem Europa-Wahlabend so diskutiert wird, daher ein paar Eindrücke, die auf nicht viel mehr als die französische “Elephantenrunde”, also der groszen Diskussion am Wahlabend, beruht. Die meisten werden es ja sicher wissen, dass Daniel Cohn Bendit, ehemals Mai 68 in Paris, Führungsmitglied der deutschen Grünen und Frankfurter Beauftragter für Integration (oder Ähnliches) seit langem wieder hier in Frankreich bei den “Verts” untergekommen ist (nach 68 wurde er des Landes verwiesen und ist nach Deutschland gekommen).

i-5071d28c818fed1e6c09c1d68935dc16-caron_port1h.jpg

Bild: Dani beim Pläuschen mit der Staatsgewalt.

Jedesmal wenn hier in Frankreich von Strassburg und dem Europäischen Parlament die Rede ist, ist Dani zu sehen und so hatte er von vornherein einen ziemlichen Glaubwürdigkeitsvorsprung gegenüber den anderen Kandidaten (denen man ja häufig allzu deutlich ansieht, dass irgendein verlorener Machtkampf oder ein anderes schlimmes Schicksal, sie zur Kandidatur gezwungen hat). Er wird zumindest medial wie kaum ein anderer mit Europa assoziiert. Mit fast 15% haben die Grünen hier rekordverdächtig gut abgeschnitten und Dani war’s ziemlich zufrieden. Tatsächlich haben sich mehrere Gruppierungen aus dem Ökospektrum zusammengeschlossen und sind unter dem Label “europe-ecologie” angetreten. Für ein traditionell landwirtschaftlich geprägtes und konservatives Land in einer weltweiten Wirtschaftskrise ist dieses Resultat sicher überraschend. Vielleicht das erste Mal, dass die frz. Grünen besser abgeschnitten haben als die deutschen.
In ihren Reihen befinden sich aber ausser Dani unter anderem solche Lichtgestalten wie José Bové, der mit dem gelegentlichen Zertrümmern eines Mc Donalds (contre la “Malbouffe“) gerade zu Zeiten Bushs und wachsenden Anti-Amerikanismus punkten konnte und sich jetzt auf den leidenschaftlichen Kampf gegen den Gen-Mais (wird auch zetrümmert) konzentrierte.
Das gute Abschneiden der Grünen ging ziemlich klar auf Kosten der frz. Sozialisten (PS), die nach einem lang anhaltenden Machtkampf zwischen Ségolène Royal und der jetzigen Vorsitzenden Martine Aubry (Tochter von Jaques Delors, dem ehemaligen sozialistischen Vorsitzenden der europäischen Kommission) wohl niemanden so recht haben überzeugen können. Letztlich haben sie ein ähnliches Problem wie die deutschen Sozialdemokraten. Sie werden langsam zerrieben zwischen zwei Parteien, die ihnen jeweil nahe stehen, aber jeweils ein klareres Profil vetreten, also einer klassischen Linke und einem bürgerlich-ökologischen Block.
Na, und zum Schluss noch Sarkozys UMP (Unité pour la Majorité Présidentielle, eigenartiger Name, wenn man mal drüber nachdenkt). Mit ca. 30% sind sie gröszte Parei geworden und wenn das auch sicher ein Erfolg ist, bleibt doch die Erkenntnis, dass Sarkozy es im Moment schwer hat, Mehrheiten zu organisieren, da nicht nur die eigentlche linke Opposition, sondern praktisch alle anderen Parteien ausser der UMP ziemlich Anti-Sarko programmiert sind. Die Spitzenkandidatin der UMP war die aus der Yellow Press sattsam bekannte Rashida Dati (“Nein, ich sag niemandem, wer der Vater meines Kindes ist”). Sie fiel unter anderem dadurch auf, dass sie bei einem partei-internen Treffen gefilmt wurde und sich auf Allerbeste für Europa bereit zeigte. Tenor, keine Ahnung was diese lustigen Europagesetze eigentlich sollen und was ich dazu nun gerade meinen soll. Das Video ist ein Kleinod in Sachen politischer Ehrlichkeit. Soweit erstmal aus Paris.

Kommentare (2)

  1. #1 David Marjanović
    Juni 8, 2009

    Unité pour la Majorité Pr[é]sidentielle, eigenartiger Name, wenn man mal drüber nachdenkt

    In Frankreich, wo sich ständig Parteien auflösen und neu gründen und der linke Rand ununterbrochen plakatiert “gründen wir eine neue Partei, die dann gegen den Kapitalismus kämpfen und überhaupt das Paradies einführen wird”, ist das völlig normal. DIe UMP ist für den einzigen Zweck gegründet worden, dem frisch gewählten konservativen Sarko eine konservative Mehrheit im Parlament zu verschaffen; die vorigen konservativen Parteien waren dazu nicht nötig und sind daher aufgelöst worden. Es ist halt nicht wie in Österreich, wo man seit Generationen dieselbe Partei wählt, die seit den 1870erjahren höchstens ihren Namen leicht verändert hat.

  2. #2 Georg Hoffmann
    Juni 8, 2009

    @David Marjanovic
    Danke, Rechtschreibfehler korrigiert.
    Lustig ist trotzdem, dass keiner der ueblichen Parteinamen-Satzbausteine verwandt wurde, wie Freiheit, Solidaritaet oder Vaterland. Nein, sie heissen einfach nur Partei fuer unsere Mehrheit.

    Kleiner Kommentar noch. Irgendwann erschien dann auch der unvermeindliche Jean-Marie Le Pen auf der Bildflaeche. Seine rassistische anti-Europa Partei hatte mit 6% nicht so gut abgeschnitten und er analysierte das Ergebnis nach seiner Facon: France 2 (der oeffentliche Fernsehkanal) haette massiv Einfluss auf das Wahlergebniss genommen, weil es den Film Home von Yann Arthus Bertrand (eine Oeko-Doku-Aesthetik-Rundreise um den Planeten) zwei Tage vor den Wahlen gesendet haetten.