Aus der Reihe: “Klimaskeptiker lesen eine wissenschaftliche Arbeit und sind begeistert”, gab es ja bereits am letzten Sonntag ein lustiges Beispiel. Aus unverständlichen Gründen waren die Klimaskeptiker hoch erfreut über Gerald Meehls Science Veröffentichung, die sich mit dem 11 Jahreszyklus der Sonne und ihren Konsequenzen beschäftigte. Immerhin ging es irgendwie um die Sonne und so war die Freude der Skeptiker immerhin psychologisch verständlich. Das jüngste Paper, was nun der Skeptiker Freude erregte, ist ein völliges Rätsel für mich. Wer mir erklären kann, warum die Klimaskeptiker diesmal von einem GRL Artikel begeistert sind, wird auf Primaklima namentlich und lobend erwähnt.
Bild 1: Mit nur 4 Forcingtermen ( siehe b), nämlich ENSO, Vulkane, Sonnenaktivität und Anthropogenes Forcing (CO2,CH4, etc) bekommt man mittels einer einfachen linearen Regression einen sehr ordentlichen Fit an die globale Temperaturen (ca 80% erklärte Varianz) hin (siehe a).
Der Artikel ist von Judith Lean und David Rind und sie greifen darin eine ganz einfache Idee auf, die sie schon vorher in zwei anderen Arbeiten (hier und hier) diskutiert hatten. Man kann nämlich die globale Temperaturentwicklung aufteilen in einen Anteil externes Forcing (sie benutzen Sonnenaktivität, Vulkane und Treibhausgase) und einen Anteil interner Variabilität. Für letztere könnte man einen ganzen Haufen an klimatischen Oszillationen und unechten Schwingungen (pacific decadal oscillation, arctic oscillation, southern hemisphere annual mode, ENSO, etc etc) nehmen, sie nehmen aber nur die wichtigste, nämlich ENSO. Mit den obigen vier Parametern führen sie eine lineare Regression durch und erschlagen so beachtliche 80% der beobachteten Variabilität (siehe Bild 1). Wie nicht anders zu erwarten ist, stimmt der beobachtete Erwärmungstrend, der in der einfachen multivariaten Regression berechnete Trend und die Analysen des IPCC sehr nah beieinander und so ergibt sich bei Lean&Rind 0.17K pro Dekade, während der IPCC etwa 0.2±0.03K pro Dekade berechnet.
Bei den Treibhausgasemissionen/Konzentrationen und der solaren Aktivität (i.e. der 11 Jahreszyklus der Sonne) weiss man ungefähr wie es weitergeht und so haben die Autoren auch gleich für die nächsten Dekaden eine Abschätzung gegeben (Bild 1, oben). Soweit, so gut. Ich finde das jetzt ehrlichgesagt nicht sooo spannend. Die Beiden haben das Ganze noch ein wenig erweitert und die Korrelationen dann noch lokal durchgeführt (also z.B. die globale Erwärmung hat ein Land/See und ein tiefe Breiten/hohe Breiten Muster, ein Vulkanausbruch führt zu charakteristischen Änderungen der Nord-atlantischen Oszillation, etc etc). Aber davon bin ich nun nicht gerade wirklich überzeugt, da für solche regionalen Aussagen natürlich interne Variabilität eine grosse Rolle spielt (ein Punkt der in einem Spiegel Bericht auch von Jochen Marotzke kritisiert wurde).
Ausserdem (falls man weiter rumnörgeln will) zeigen ja bekanntlich die Klimamodelle ebenfalls eine beachtliche dekadische Variabilität und das in der groszen Mehrheit ganz ohne Sonnenaktivität. Das spricht dafür, dass ein Teil dessen, was in Leans und Rinds Regression an Variabilität auf Sonnenaktivität und vielleicht noch ENSO oder Vulkane verteilt wird, in Wirklichkeit dekadische interne Variabilität ist. Hier findet man eine detaillierte Analyse zu dem Thema.
Das war’s. Wirklich. Ich wüsste nicht, was es sonst noch zu berichten gäbe, aber jeder möge hier selber nachlesen.
Und das sind die Reaktionen von Klimaskeptikern, die durch dieses Paper anscheinend eine Epiphanie Erfahrung hatten. Hier ein paar Zitate:
Karel Vogel auf Primaklima fragt mich mit Grollem im Herzen:
Wie groß ist denn die Chance, das Sie Judith Lean (NRL) und David Rind (NASA/GISS) verstanden haben ? Sind das jetzt böse Klimakeptiker ???
Nee, oder ? Keine Erwärmung, “flat temeratures” seit 2002 ?
Haben Sie und Co uns nicht alle vor solch bösen Leuten gewarnt, die do einen Blödsinn von sich geben ?
Das klingt ja richtig nach Klimaskeptiker !?!
Bei der NASA, bei GIS !?!
Kann das sein ?!?
Herr Hoffmann, bitte helfen Sie mir aus diesem meinen Dilemma !!!
So schlimme Sachen findet man auf spaceweather.com – unter dem 6. September !!
Zahl der Ausrufezeichen aus dem Originalbeitrag belassen.
Oder ebenfalls Primaklima Leser Krishna Gans meint auf einer anderen Webseite:
wo doch immer so auf “Kapazitäten” stehst:
Judith Lean (NRL) und David Rind (NASA/GISS), weißt Du, was die gerade in den Geophysical Research Letters veröffentlicht haben ?
Na, dann ließ das mal hier nach :
https://www.spaceweather.com/
für das Datum 5.September, denn zum 6. steht sicher wieder ein andeer Text da.
Stell dir vor, die schreiben von der bösen, bösen Sonne, die die ganze Klima”erwärmung” ad absurdum führt ;.)
Erwärmung in Anführungszeichen und ad absurdum im Original. Und das nach der angeblichen Lektüre des Artikels von Lean und Rind.
Wie gesagt, wenn mir jemand verraten kann, worum es denen da geht, vielleicht könnte ich was dazu schreiben. Der Preis sei demjenigen gewiss. Ich habe einfach keine Ahnung.
PS Was könnte man sonst noch kritisches anmerken? Der Spiegel Artikel gibt ein bisschen den Eindruck, als bräuchte man jetzt keine Klimamodelle mehr. Klimamodelle braucht man in erster Linie nicht, um die globale Temperatur besonders gut zu berechnen. Sie stellen testbare Verbindungen in einem physikalisch geschlossenen System zwischen Klimagröszen (Wassertemperatur und Wolken, Winde und Eistransport etc etc) her. Die globale Mitteltemperatur ist sicher nicht das einzige und wahrscheinlich nicht das wichtigste Target der Klimamodelle.
PPS Ein amusantes Detail sei noch erwähnt. Das gleiche Modell von Lean&Rind, der anscheinend tödliche Beweis gegen den Einfluss des Menschen, benutzte Judith Lean in einer Antwort auf die beiden Sonnenfreunde Scafetta&West. Sie kommt in dieser Entgegnung auf eine obere Abschätzung von 7% Beitrag der Sonne zur globalen Erwärmung der letzten Dekaden. Es könne aber auch , führt Lean aus, innerhalb der Unsicherheiten der Satellitenbeobachtungen Null% sein. Wie gesagt, genau das gleiche lineare Modell, was hier vorgestellt wurde.
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