Der griechische Philosoph Kostis Papajorgis hat mit seinem sehr schönen Essay “Der Rausch” eine Kulturgeschichte der unter anderem alkohol-gestützten Flucht aus dem Jammertal unserer endlichen Existenz abgeliefert: Letzter Ausweg aus einem verfallenden Körper in einer unsere tierischen Instinkte regelnden und kontrollierenden Gesellschaft, verzweifelter Ausbruch aus dem “stählernen Gehäuse” (Weber) unserer Arbeitsgesellschaft?
Schön und gut. Aber wie sieht es dabei mit der CO2 Bilanz aus? Ausbrechen kann jeder, aber der Planet zahlt die Zeche. Was hilft der schönste Rausch, wenn dereinst das arktische Meereis deswegen verschwindet. Hier also der ultimative guide de routard zwischen Bier und Cognac, Rotwein und Tequilla, kurz alles was knallt.
Die Zeitschrift “Mother Jones” bewertete für das US Publikum die Möglichkeiten des ökologisch ackzeptablen Betrinkens und erörtete so wichtige Fragen wie die, ob man sich besser in Bacchus oder Gambrinus Armen begeben soll, wenn man seinen CO2 Fussabdruck im Auge behalten möchte. Primaklima hat wie immer recherchiert und die Sache selbst ins Auge genommen.
Bild 1: Östlich dieser Linie wird Bordeaux getrunken, westlich davon Nappa Valley. Dem CO2 zu Liebe, wie Mother Jones detailliert nachweist.
Beim Wein empfiehlt Mother Jones klar das ökologische Tetra-Pak von French Rabbit (kann man auch besser stapeln!) und ich sehe schon bei den traditionellen Versteigerungen im Hotel Dieu de Beaune die 300€ teuren Packungen quietschorangenen Tetra-Packs über die 1000 Jahre alten Granitplatten gehen.
Was aber soll der Amerikaner kaufen? Einen europäischen Rioja Gran Reserva oder doch besser Opus One aus dem Nappa Valley? Nichts einfacher als das! Östlich von der Markierungslinie (Bild 1) kauft man europäischen Traubensaft und westlich davon eben kalifornische Weine um die ökologischen Transportlasten zu optimieren.
Abends dann möchte man den ganzen Ärger natürlich noch mit zwei/drei Wodka herunterspülen. Aber Obacht! Beim Wodka wird beim Distillieren sehr viel Energie und Wasser verbraucht. Gott sei dank gibt es Öko-Wodka der Marke “Square One” (Motto:”We are social- and socially conscious”. Ich vermute, vor dem Konsum. Danach ist man nichtmals mehr conscious). 25% der zum Distillieren gebrauchten Energie kommt von der eigenen Windfarm, der Rest wird Carbon-mäszig ausgeglichen. Da greift man doch gerne zu. Nastrowje!
Schon schwer schwankend betrachtet man danach verzweifelt die extra-leichten (!) aber leeren Wodka-Flaschen und greift wahllos mit fahriger Geste zum nächsten Drink. Gin am besten der Marke “TRU2” (“Better Spirits for a better Planet”) deren Produzenten nicht nur biologische Zutaten versprechen, sondern auch für jede verkaufte Flache einen Baum pflanzen. Da macht Reforestation erst richtig Spass!
Wir klammern uns mit schwindenden Kräften an der in die Schrankwand integrierten Minibar fest und starren glasig auf die restlichen biodynamischen Getränke. Jetzt vielleicht noch etwas Fruchtiges? Einen Mojito etwa? Der Rum sollte aber nicht von Bacardi sein. Vom Geschmack abgesehen hat der US Rum-Magnat sich unter anderem einer besonderen Form von Ökosauerei schuldig gemacht und eine hochprozentige Molassenpampe in einen Puertoricanischen Fluss verklappten. Man kann sich vorstellen, was da am Badestrand im Mündungsdelta los war. Dann schon lieber DonQ Rum, der ausser Geschmack und Stil und Spass noch “Sustainability” verspricht. Das bezieht sich allerdings nur auf die Reste der Distillation und nicht auf die endkonsumierende Leber.
So, irgendwie ist nach dem Rum schon alles extrem drei-dimensional geworden. Man beginnt Stimmen zu hören, die aber doch gar nicht da sein können. Ist man vielleicht gar nicht alleine? Wie könnte man diese haluzinogenen Effekte noch ein bisschen steigern? Na klar, mit einem kleinen Schuss Meskalin versehen kann Tequila diesen umweltfreundlichen Getränkeabend dann so richtig abrunden. Aber natürlich nur aus dem Hause “Casa Noble” ,denn nur da wird der Blue Agave Kaktus 100% ökologisch bei 40% Alkohol angebaut. Das wird auch durch das auf die Flaschen gepappte Siegel “USDA organic” verbürgt, die wir allerdings auf Grund des turbulent verlaufenen Abends nicht mehr richtig entziffern können.
In einem nächsten Beitrag werde ich die verschiedenen Anbauweisen von Marihuana diskutieren. Die grosze Frage bleibt: Was hat den kleineren CO2 Abdruck? Zu Hause den Keller im ungesund violetten Licht halten oder doch der Import aus Marocko? In diesem Sinne, Prost.
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