Florian wehrt sich ja mit Haut und HaarenZähnen und Klauen dagegen, dass das Wort “Gott” bei der populärwissenschaftlichen Bennenung des Higgs-Boson auftaucht. Ein sicher sehr wichtiger Kampf, denn er stellt messerscharf fest, dass da in Wirklichkeit in dem Boson gar nicht Gott drin ist! Haha, genau, da ist gar nicht Gott drin. Das Teilchen kommt also gar nicht von Gott, ist auch kein Teil von ihm und ist entgegen allen Erwartungen auch gar kein richtiger Beweis für die Existenz Gottes. Solche Sprachschlamperei bei physikalischen Phänomenen ist natürlich schlimm, wenn man auch den Eindruck hat, dass das meist niemanden stört, weil nunmal so Wörter immer irgendwie ihren Weg aus der Umgangssprache in die Fachssprache finden. Und so gibt es weitere schlechte Nachrichten:
Der Treibhauseffekt hat nichts mit einem Treibhaus zu tun.
Beim Elektronspin dreht sich nichts.
Das schwarze Loch ist kein Loch.
Die Milchstrasse keine Strasse und besteht auch nicht aus Milch.
Und ich bin nicht sicher, ob denn wirklich so etwas irdisches wie ein “String” für die mathematischen Gebilde der gleichnamigen Theorie wirklich das richtige Wort ist, selbst wenn man diese Gebilde von 11 Dimensionen handlich auf drei runterprojeziert.
Und eine Supernova ist kein neuer Stern, sondern genau umgekehrt ein sehr alter. Es muesste also eigentlich eine Supervetusta heissen.
Und so weiter und so fort.
Bild 1: Genau so mit dieser Geste stelle ich mir das Higgs-Boson in seinem Feld vor und verleiht lässig Masse, an jedem der da vorbeikommt. Creazione dell Uomo von Michelangelo.
Harald Lesch setzte heute in der Süddeutschen noch einen drauf beim Gottesteilchen-bashing. Nicht nur der Name ist Mist, sondern auch auf das ganze Teilchen ist geschissen. Hört man hier bei dem wohl besten Wissenschaftserklärer in Deutschland eine gewisse Müdigkeit heraus? Kann sein.
Lesch: Mit sehr sehr großer Wahrscheinlichkeit, ja. Aber beweisen lässt sich das nicht. Dabei war schließlich niemand. Haben Sie das jetzt eigentlich verstanden mit dem Gottesteilchen?
SZ: Naja, eher nicht. Ist das schlimm?
Lesch: Überhaupt nicht. Diese Sache ist für 99,9 Prozent aller Menschen nicht mehr nachvollziehbar. Wir sollten uns sowieso nicht mit den Silberfischchen in unserer Küche beschäftigen, sondern mit den Elefanten, die da rumstehen.SZ: Elefanten?
Lesch: Es gibt so viele andere Dinge, die viele Menschen auch nicht verstehen, die aber wirklich wichtig sind. Den Klimawandel zum Beispiel. Dafür sollten wir uns interessieren – und darüber sprechen, warum sich die Mehrheit dafür nicht zu interessieren scheint. Das Higgs bleibt am äußersten Rand der Wirklichkeit. Beschäftigen wir uns lieber mit realen Dingen.
Ich hab mich echt gefreut, als die Nachricht vom Higgs-Boson (pol.korr.!) eintraf, aber so recht weiss ich auch nicht warum. Weil wir Physiker es mal wieder geschafft haben? Kann schon sein. Die Zeiten zumindest, in denen die neusten Erkenntnisse aus den Physiklabors “unsere” Sicht der Welt änderten, scheinen irgendwie weit weg. Ob das Higgs jemals – selbst in ferner Zukunft – mal so eine Rolle spielen wird, wie es die Entdeckung von Proton, Elektron, Neutron taten, scheint mir zweifelhaft. Während die Quantenmechanik doch letztlich irgendwie die Welt erschütterte, bleibt doch das unbestimmte Gefühl, ob nun das Standardmodell nun so oder so vervollständigt wird, ist eigentlich egal und letztlich den meisten völlig unverständlich.
Aber vielleicht war es ja genau so zur Geburtsstunde der Quantenmechanik und irgendein Blogger der Kaiserzeit hätte angesichts der neuen Erkenntnisse eines gewissen Herrn Planck auch nur gesagt, dass das “mit der Maxwellschen Elektrodynamik noch was Echtes war, was die Menschen bewegte, während das mit den Quanten kein Mensch je verstehen oder interessieren wird”. Ich schwanke irgendwie zwischen beiden Positionen.
Bis dahin: Hurra! Das Gottesteilchen ist gefunden!
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