Wissenschaft spricht mit Gesellschaft, Gesellschaft gibt einen Scheiss drauf und steckt die Wissenschaftler ins Gefängnis. Super! In der Sowjetunion landeten unliebige Wissenschaftler schon mal in der Psychiatrie. In Italien, dessen Justizsystem es nicht schafft, den obersten Zuhälter der Nation für Sexparties mit mindestens einer Minderjährigen, von der er “glaubhaft” versicherte, es handele sich um die Nichte von Hosni Mubarak (Wieher und Schenkelklopf ), ins Gefängnis zu stecken, zeigt man Durchsetzungskraft und Konsequenz! Sechs Wissenschaftler und Mitglieder der italienischen Erdbebenkommission wurden nun deswegen zu sechs Jahren Knast verurteilt, weil sie kurz vor dem Erbeben von Aquila 2009 keine erhöhte Erdbebengefahr in den Abruzzen sahen, hauptsächlich deshalb, weil eben dort immer und jeden Tag erhöhte Erdbebengefahr herrscht. Die Wissenschaftler wiesen die Gesellschaft und eben alle Einwohner darauf hin, dass es eine gute Idee wäre, in einer der seismisch aktivsten Regionen Europas, Häuser auch mal erdbebenfest auszulegen. “I wo”, meinte da der Abruzze und suchte nach dem Unglück vom 6 April 2009 konsequenterweise nach Schuldigen für eigene Versäumnisse. Und er fand ihn in der Gestalt der wissenschaftlichen Mitglieder der Erdbebenkommission, die doch tatsächlich noch kurz vor dem Beben verkündeten, dass man Beben nicht vorhersagen könne.
Roger Pielke junior schlug als Rollenmodell für den die Gesellschaft beratenden Wissenschaftler das Rollenmodell des “honest broker” vor, der also unter Betonung gerade all der Dinge, die die Wissenschaft eben nicht mit absoluter Sicherheit weiss, in einen Dialog mit der Gesellschaft (Medien, politischen Entscheidungsträgern etc.) tritt und so eine “gemeinsame”, politisch robuste Strategie entwickelt. Er schlug dieses Rollenbild insbesondere im Zusammenhang mit dem Klimawandel vor, doch selbstverständlich gilt dies auch bei anderen Formen der wissenschaftlichen Politikberatung, bei der auf wissenschaftlicher Seite ein bestimmtes Verhältnis von Unsicherheit eineriets und gesicherter Erkenntnis andererseit vorliegt. Es sieht ganz so aus, als hätten sich diese sechs italienischen Wissenschaftler ganz danach verhalten. Wo also geht er hin, der “honest broker”? Er geht in den Knast.
Man darf für die Zukunft spekulieren, wenn dereinst Modelle wirklich in der Lage sein werden den anthropogenen Anteil bei Wetterkatastrophen wie Hurrikanen, Überschwemmungen und Dürren zu beziffern, was dann wohl die juristischen Konsequenzen sein werden. Haben alle Klimaforscher auch immer brav und deutlich davor gewarnt, i.e. sich als Alarmisten erwiesen? Wenn nicht, begebe dich direkt ins Gefängnis und gehe nicht über Los. Als alternatives Rollenmodell der Wissenschaftskommunikation möchte ich jetzt daher noch den GFY-Wissenschaftler vorschlagen, der auf gesellschaftliche Anfragen an die Wissennschaft, deren Antwort eh niemand hören will, schlicht antwortet: “Go fuck yourself, Gesellschaft!”.
PS. Ich habe mit einfachen Googlen noch keine Seite gefunden, die zum Protest gegen das skandalöse italienische Urteil aufruft (ev. per Unterschrift oder in sonst einer Form). Wer etwas findet, möge mir Bescheid sagen. Danke.
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