Seit wann haben die Menschen eigentlich einen wahrnehmbaren Einfluss auf die Zusammensetzung der Atmosphäre? Der mittlerweile pensionierte, renomierte Paleoozeanograph William Ruddiman entwickelte zum Ende seiner Karriere die provokante Hypothese, dass der Mensch seit bereits 10.000 Jahren durch Landwirtschaft und Feuer einen maszgeblichen Einfluss auf die Erdatmosphäre hat. Methan und CO2 Emissionen seien also nicht erst seit der industriellen Revolution ab dem 18ten/19ten Jhd. vom Menschen bestimmt, sondern über die gesamte Prehistorie hinweg bis zur Neuzeit. Er rechnete die historischen, anthropogenen Emissionen derart hoch, dass der damit verbundene erhöhte Treibhauseffekt die Erde vor einem viel früheren Wiedereintritt in die nächste Eiszeit bewahrt habe. Seine Thesen bleiben weiter umstritten.
Zumindest was das Methan angeht hat er nun aber ein wenig Rückenwind bekommen. Celia Sapart und das Team vom IMAU (wo ich auch zur Zeit arbeite) veröffentlichte eine Arbeit in Nature, in der sie zeigen, dass die Methanentwicklung der letzten 2000 Jahre eine starke anthropogene Komponente hat. Dazu messen sie in Eiskernen aus Grönland (NEEM, EUROCORE) nicht nur das Methan selbst in sehr hoher Auflösung, sondern auch die Kohlenstoff-Isotope des Methans (13CH4). Das erlaubt Ihnen zwei Dinge: (1) Sie können allgemein auf mehr oder weniger starke Methanquellen in der Vergangenheit schliessen und (2) mit der isotopischen Extra-information auch diese Quellen genauer unterscheiden: Einerseits biogene Quellen, andererseits Quellen, die mit dem Verbrennen organischen Materials zu tun haben. Biogene Quellen sind z.B. Sümpfe und Feuchtgebiete, aber auch Reisfelder, Rindviecher, Müllhalden, während Waldbrände oder Holzkohleproduktion zur pyrogenen Gruppe der Methanquellen gehört. Jede Quelle hat ihre ganz eigene 13C-Isotopensignatur, aber pi mal Daumen kann man mal davon ausgehen, dass die biogenen Quellen die isotopisch leichten und die pyrogenen Quellen die isotopisch schweren sind.
Graphik 1 zeigt die Messungen von Celia. Besonders charakteristisch ist der Abfall des 13C über den gesamten Zeitraum mit drei Wiggeln, einen starken Abfall zum 18ten Jhd. und dem folgenden Anstieg, der durch das isotopisch schwere Verbrennen fossiler Brennstoffe zustande kommt. Nebenbei bemerkt: Die Gemeinde derer, die also meinen das ansteigende CO2 käme irgendwo aus dem Ozean oder vom Mars, müsste also obendrein noch erklären, warum gleichzeitig das Methan mit der isotopischen Kennung eines Verbrennungsprozess angestiegen ist. Aber ich nehme mal an, das sind dann auch nur noch Peanuts, wenn man erstmal soweit gegangen ist.
Celia kommt dann durch den Vergleich mit anderen Information, wie rekonstruierten Temperaturen, Niederschlag, Abholzungsindizes und Feuerindizes (auf Holzkohlefunde basierend),zu dem Schluss, dass über den gesamten Zeitraum vom Jahr 0 bis 1600 der menschliche Einfluss langsam und stetig anstieg. Er war an 20-30% der Feuer beteiligt, die ja die Methode der Wahl zur Urbarmachung war und ist. Allein die Herstellung von Holzkohle, das zur Metall Herstelung und Verarbeitung benötigt wurde, dürfte mit ca. 5 TG (Tera-Gramm) Methan zu Bucher schlagen.
Das stete Ansteigen der biogenen Quellen entspricht dem ebenso langsamen, steten Abfall des 13CH4. Es könnte auf Änderungen der natürlichen (Feuchtgebiete) oder anthropogene Quellen zurückgehen. Für beides gibt es wohl Argumente. Ein Einfluss des Menschen ist aber wohl kaum von der Hand zu weisen (Graphik 2). Mehr Menschen bedeutet eben auch mehr Rindviecher, mehr Müll und mehr Reisanbau.
Es wäre jetzt interessant, diese Abschätzungen mal mit dem zu vergleichen, was Ruddiman so an Methanflüssen braucht, um auf den starken Einfluss des Frühmenschen auf das Klima schliessen zu können. Sobald ich wieder zu Hause bin, schlage ich mal in den Plows, Plagues and Petroleum nach. Sollte es der Mensch tatsächlich durch seinen Müll und seine Fleischeslust geschafft haben, die Erde vor der längst überfälligen, nächsten Eiszeit bewahrt zu haben? Ich bleibe mal skeptisch; aber irgendwie wäre das wohl ein sehr ironischer Nackenschlag für alle Ökos: Ausgerechnet Müll und Fleisch!
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