Warum ist nur alles so kompliziert? Insbesondere das mit der Klimasensitivität. Seit dreissig Jahren liegt die Abschätzungen der sogenannten ECS (equilibrium climate sensitivity) in all den aufeinanderfolgenden IPCC Berichten irgendwo zwischen 2 und 4 Grad. Das bedeutet, dass bei einer Verdoppelung des vorindustriellen CO2 Gehalts sich die Erde um diese Temperatur, eben 2-4 Grad, erwärmen würde, wenn man nur lange genug wartet. Der letzte, fünfte IPCC Report vergrösserte sogar noch einmal leicht den Unsicherheitsbereich, in dem die ECS wahrscheinlich fällt, von vorher 2-4 Grad nun auf 1.5-4.5 Grad. Überfluessig zu erwähnen, dass zwischen diesen beiden Extremen, 1.5 Grad und 4.5 Grad, zwei unterschiedliche Planeten liegen, die sich da in der gar nicht so weiten Zukunft präsentieren. 1.5 Grad sollte die Menschheit mittelfristig managen können (obwohl langfristig auch solch eine Sensitivität kräftig an den Eisschilden Groenlands und der Antarktis knabbern sollte). Bei 4.5 Grad fehlt mir zumindest ein wenig die Phantasie, wie das gehen sollte. Wieso also macht man bei der ECS keine rechten Fortschritte, wo sie doch dermaßen wichtig ist?
Seit langem wissen wir, welches Subsystem des Klimas für den Groszteil der Unsicherheiten verantwortlich ist. Die Wolken sind so etwas wie die Archillesferse der Klimamodellierung. Ein klassiche Illustration dieser Unsicherheit, die durch die Beschreibung der Wolken in die Klimamodellierung hereingebracht wird, ist sicher Abbildung 1 aus einem Paper von Brian Soden und Isaac Held aus dem Jahr 2006. Es zeigt die Reaktion (den Feedback) verschiedener Klima-Subsysteme, so wie sie die damaligen Modelle berechneten und wie sie sicher so ähnlich noch heute aussieht. Der Wasserdampffeedback ist der wichtigste Feedback: Höhere Temperaturen führen dazu, dass die Atmosphäre mehr Wasserdampf halten kann, Wasserdampf ist ein Treibhausgas, also wird noch mehr Infrarot-Strahlung zurückgehalten und es wird noch wärmer. Zudem ist dieser Effekt nicht ganz gleichmäßig über die ganze atmosphärische Säule verteilt. Alle Modelle sehen eine stärkere Erwärmung in der hohen Troposphäre voraus. Diese überprotional erwärmten Schichten in der Höhe strahlen recht effektiv aus (ist ja nichts mehr drüber) und verringern dadurch wiederum den ursprünglichen Erwärmungseffekt. Kombiniert man aber die beiden Feedbacks, Wasserdampf und Lapse rate feedback, so findet (in Abb.1 die Punkte markiert mit WV+LR) man eine relativ geringe Streuung zwischen den Modellen. Diese Kombination ist nur logisch, denn diejenigen Modelle, die relative viel Wasserdampf in hohe Schichten bringen, erzeugen dort einen starken Treibhauseffekt einerseits und strahlen andererseits in dieser Höhe verstärkt aus. WV + LR hängen also eng miteinander zusammen und zusammengerechnet ergibt sich eben eine relative geringe Streuung zwischen den Modellen. Gleiches gilt auch für den Eis-Albedo Feedback (A in Abbildung 1, weniger Eis und Schnee, mehr dunkle Flächen, erhöhte Absorption kurzwelliger Strahlung), der zwischen den Modellen auch nur gering streut. Der Hauptverursacher der Gesamtstreuung (All in Abb.1) ist in der Tat der Wolkenfeedback (C). Aber wie kommt das eigentlich?
Abbildung 1: Die verschiedenen Feedbacks wie sie von den Modellen des vierten IPCC Reports dargestellt wurden. Die größten Unsicherheiten beschert der Wolkenfeedback, der in den Modellen von eicht negativ (kühlend) zu stark erwärmend reicht.
Die Unsicherheiten in der Wolkenmodellierung und dann auch die Streuung zwischen den Modellen in Bild 1 kommt ursächlich nicht von “exotischen” Effekten, etwa weil das eine Modell kosmische Strahlung versuchte zu berücksichtigen und das andere eine fundamental andere Beschreibung der Aerosol-Wolkenbildungschemie beinhaltete (hier auf Primaklima hatte damals Karsten Haustein einen Überblick über verschiedene Aerosoleffekte gegeben und schön gezeigt wie diese auch mit den Wolken zusammenhängen. )
Abbildung 2: Reaktion von 4 verschiedenen Klimamodellen auf eine uniforme 4 Grad Erwärmung auf einem fiktiven Wasserplaneten.
All das ist in den Modellen nichtmals nötig, um große Variationen zwischen ihnen herzustellen. Die nichtlineare Dynamik zwischen konvektiver Wolkenbildung, veränderter Ein- und Abstrahlung durch veränderte Wolkenbedeckung und dann veränderten Temperaturgradienten (horizontal, vertikal) schaukeln sich leicht so auf, dass signifikant andere Reaktionen auf eine gleiche Erhöhung etwa des CO2 Gehalts simuliert werden. Es geht um die Wolken in den Tropen/Subtropen, wieviel kurzwellige Strahlung sie durchlassen und wieviel Strahlung sie als langwelliger Abstrahler in welcher Höhe wieder abstrahlen. Die Wolken verwalten global gemittelt, je nach Berechnung, zwischen 20-30W/m2. Dieser sogenannte cloud radiative effect (CRE) ist aber regional höchst variable und hängt ganz vom Wolkentypus, Wolkenhöhe, Eisanteil, ja selbst von den Temperaturen der unter den Wolken befindlichen Oberfläche zusammen. Bjoern Stevens und Sandrine Bony machten vor kurzem auf diese fundamentale Unsicherheit in einem Science-Paper aufmerksam. “Back to Basics” forderten sie angesicht von Resultaten wie in Abbildung 2 gezeigt. Auf einem fiktiven Wasserplaneten mit einer uniformen 4 Grad Erwärmung reagierten 4 Standard-Klimamodelle des CMIP5 Projekts sehr unterschiedlich, und zwar gerade dort, wo in den Tropen Konvektion, Wolkenbildung und grossräumige Zirkulation aufeinandertreffen (siehe Abb. 2). Allein die Kombination dieser drei Mechanismen sind schon in der Lage einen beträchtlichen Anteil der Unsicherheiten der Wolkenfeedbacks, von leicht abkühlend bis kräftig erwärmend, zu erzeugen.
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