Axel Bojanowski schreibt auf Spiegel Online zum Thema Klimawandel. Hier auf Primaklima habe ich mehrfach bereits angezweifelt, ob ihm das in jedem Moment so doll gelingt. Die einen sagen so, die anderen so. Hier soll es kurz zu seinem Artikel zum Synthesereport des letzten, fünften IPCC Berichts, erschienen am 2.11.2014, gehen. Er behauptet, dass diese Zusammenfassung systematisch Kenntnisse unterschlägt und verfälschend darstellt. Diese Unterschlagungen und Fälschungen gingen systematisch in eine Richtung, nämlich dahin, den Klimawandel schlimmer und seine Konsequenzen katastrophaler aussehen zu lassen, als sie es wirklich sind.
Das ist aus zwei Gründen eine sportliche Behauptung: 1) Wenn die fälschenden Wissenschaftler denn nun mal wieder die Öffentlichkeit täuschen und betrügen wollen, warum haben sie es dann nur in der Zusammenfassung getan und nicht gleich auch im Bericht selbst? Es sind doch die gleichen Personen, die dann einmal ehrlich und brav sind, alles dokumentieren und wiedergeben und danach betrügen. Sind das denn alles so schlechte Betrüger und Hinter-das-Licht-Führer? Aber nu gut, man steckt nicht drin. 2) Die Bojanowskische Analyse bezieht sich auf die gesamte Zusammenfassung und den gesamten Bericht (er hat, soweit ich das sehe und verstehe, seinen Artikel am 2.11 um 12:34 ins Netz gestellt, also 1 Stunde und 34 Minuten nach der Veröffentlichung des Syntheseberichts. Chapeau!). Es kommen aber ausschliesslich Beispiele, die diese systematische Verfälschung im Zusammenhang mit dem prognostizierten Artensterben belegen sollen. Das ist insofern erstaunlich, da es sich ja nunmal um einen Bericht zum Klimawandel handelt und das Artensterben eher am Rande des Berichts mitschwimmt. Anscheinend haben sich die Wissenschaftler auf das Fälschen von Nebenaspekten spezialisiert. Warum machen die das? Können die nicht überall und systematisch fälschen? Nu ja, man steckt nicht drin.
Ich will im Folgenden nur nachschauen, ob sich die betreffenden Aussagen der Zusammenfassung im vollständigen IPCC Bericht oder in den Zusammenfassungen der Arbeitsgruppen finden lassen. Ob man diese oder jene Aussage nun gerade in die Zusammenfassung hat nehmen müssen (und nicht andere), steht nochmal auf einem anderen Blatt. Es geht also nur um die Richtung: A (im Synthesebericht) steht irgendwo in B (Gesamtbericht oder Zusammenfassung der Einzelberichte). Ich gehe im Folgenden nur auf die englischen Originalaussagen ein.
Es gibt drei Versionen des Synthesebericht: Die Headline Version (2 Seiten), die Kurzversion (41 Seiten) und die vollständige Version (117 Seiten). In der Headline Version gibt es gar nichts zum Artensterben. In der Kurzversion stehen insgesamt 15469 Wörter (ich habe alles aus dem PDF kopiert und dann gezählt. Mag sein, dass da ein bisschen Abfall bei ist) , davon befassen sich 221 (also ein Abschnitt und ein versprengter Satz) mit dem Artensterben. Das bedeutet einen Anteil von 1.4%. Nur mit diesem 1.4% Thema beschäftigt sich Axel Bojanowski also und schliesst doch für den gesamten Bericht: “Doch während die vorigen Klimaberichte über weite Strecken streng den Sachstand mit all seinen Widersprüchen darstellen, unterschlägt der neue Synthesereport wesentliche wissenschaftliche Erkenntnisse.” Ok, lesen wir mal nach, was da unterschlagen wurde. Hier diskutieren wir Satz für Satz, was in dem Abschnitt zum Artensterben aus dem Synthesereport (short version) so steht. Ich kontrastiere immer den Satz aus dem von Bojanowski der Unterschlagung bezichtigten Synthesereport (short version) mit der Synthese der WGII (in rot “Impacts, Adaptation and Vulnerability” ) und mit Aussagen aus dem Vollreport der WGII (in grün).
Synthesereport:
A large fraction of species face increased extinction risk due to climate change during and beyond the 21st century, especially as climate change interacts with other stressors (high confidence).
Synthese des Einzelberichts
A large fraction of both terrestrial and freshwater species faces increased extinction risk under projected climate change during and beyond the 21st century, especially as climate change interacts with other stressors, such as habitat modification, over-exploitation, pollution, and invasive species (high confidence)
Kommentare (155)