Berechtigte Kritik erntete leider auch der gut gemeinte Webvideo-Wettbewerb “fast forward science“, hinter vorgehaltener Hand sogar von mehreren Jury-Mitgliedern. Zweifellos: Im Bewegtbildbereich muss die Academia hierzulande wirklich aufwachen, aber die miserable Resonanz auf die nominierten Filme und vor allem die im Durchschnitt bestenfalls mittelmäßigen Beiträge zeigen, dass wir keine bunte Preisverleihung brauchen, sondern einen Förder-Wettbewerb für frische Ideen, einschließlich begleitender Qualifikation und gezielten strategischen Impulsen, die Mut zu mehr Selbstironie machen. So musste ich selbst schon in mehreren Video-Projekten tatenlos mit ansehen, wie ein ängstliches Wissenschaftsmanagement das Kommunikationsmanagement im eigenen Hause ausgebremst hat.
Bedauerlich bei der Wettbewerbs-Premiere von WiD war auch, dass von den 90 Einreichungen die allermeisten aus den Ingenieur- (35), Natur- (24) und Gesundheitswissenschaften (12) kamen, während die Geistes- und Gesellschaftswissenschaften mit erstaunlichen 9 Einreichungen nur unter ferner liefen stattfinden. Was für eine Verzerrung der akademischen Realität. Die Wettbewerbs-Kategorie „Kontroverse“ wurde sogar mangels (qualifizierter) Bewerbungen kurzerhand komplett gestrichen.
Erfreulich war hingegen, dass die drei von Michael Sonnabend nach Karlsruhe eingeladenen Praktiker in einer weitestgehend nutzwertigen Session eine Lanze brachen für das virale Potenzial von Low-Budget-Produktionen (siehe dazu auch die Slides von Joachim Knaf). Gerade das „Klotzen mit den großen Töpfen“ bei Web-Video-Projekten ist ja hierzulande weitestgehend gescheitert (etwa die siebenstelligen Etats für (ebenfalls nur gut gemeinte) Prestigeprojekte der DFG oder der Volkswagen-Stiftung).
Jemand wie „Dr. Allwissend“ beispielsweise versucht mit ersten Erfolgen hierzulande eine Nische zu besetzen, die die gesamte deutschsprachige Academia bisher geradezu fahrlässig ignoriert. Kollegen wie etwa John Green, dessen Videos ich sogar selbst 1:1 in der Lehre einsetze, erreicht mit geschichtswissenschaftlich-soziologischen Themen inzwischen hunderttausende von Nutzern. Der entscheidende Unterschied auch hier: Originalität, Witz, Selbstironie. Keines der vermeintlichen Sieger-Videos hat auch nur ansatzweise eine Viralität entwickelt, und sogar das Gewinner-Video in der Kategorie „Next“ (das mit der deutschen Forschung genauso viel zu tun hat wie die englische Audiospur) krebst seit Monaten bei ein paar Klicks pro Tag herum, mit weniger als 9.000 Aufrufen und 60 Shares in einem ganzen Jahr… nicht jedes hochgeladene Video ist eben auch ein Beispiel für Kommunikationswirkung auf Youtube. Dass sogar Quantenphysik viral werden kann, machen uns (mal wieder) andere vor (2 Mio.), auch ohne dabei gleich in die ISS zu klettern (19 Mio.).
Methodisch fragwürdig oder zumindest intransparent ist bislang die Bewertung bei „fast forward science“. So scheint die „Wissenschaftlichkeit“ zwar „irgendwo zwischen 1 bis 10“ bewertet worden zu sein, aber wenn es dafür eben keinerlei Skalierung gibt, keine nachvollziehbaren Kriterien, wie seriös ist dann die Auswahl wirklich? Sollten wir nicht gerade im Wissenschaftskontext ein Mindsmaß an „Wissenschaftlichkeit“ auch von einem solchen Wettbewerb fordern? Was nicht heißen muss, daraus gleich eine Wissenschaft zu machen. Eine Frage, die nicht zuletzt auch an den involvierten Stifterverband geht.
Eine Anmerkung noch zur Kritik an Markus Weißkopf: Dieser hatte eine astreine persönliche Entschuldigung, warum er nicht dabei war; vielleicht sogar die einzige Entschuldigung, die irklich immer uneingeschränkt gültig ist… aber das sollte er wohl besser selbst erzählen… ;-)
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