Derzeit ist Semesterende und die Abschlussarbeiten von Lehrveranstaltungen trudeln ein bzw. deren erste Entwürfe, um sich vorab ein Feedback zu holen. Auffällig, wenn auch nicht ungewöhnlich: Viele Studierende haben Schwierigkeiten mit der Schreiberei. Etwas direkt zu sagen fällt scheinbar schwerer als vorab einige Worthülsen zu verwenden bevor der tatsächliche Inhalt kommt.

Einige kleine Beispiele aus den letzten Tagen – die betroffenen Studierenden mögen das verzeihen, Namen werden so und so keine verraten und als kleines Goodie bekamen sie von mir Feedback. Etwas das nach Aussagen von Studierenden eher ungewöhnlich ist und nur vereinzelt stattfindet. (Anm.: Wie sich jemand ohne Feedback verbessern kann und aus den eigenen Fehlern lernen soll, erschließt sich mir nicht. Aber das steht auf einem anderen Blatt, jenem der fachspezifischen Didaktik. 😉 )

„Um den Begriff ,,XXX“ zu definieren bzw. um das Verständnis der Arbeit zu untermauern, werde ich zunächst den Xbegriff definieren.“

Begriffsdefinitionen sind notwendig und wissenschaftliches Basisarbeit, es muss nicht lange darauf hingewiesen werden, dass das zu machen ist.  Bitte direkt schreiben, nicht übers Schreiben schreiben, sondern einfach anfangen.

Die meisten Arbeiten beinhalten Phrasen wie „vorab muss gesagt werden“ oder „es muss festgestellt werden“ oder auch Formulierungen wie „Um den Blick des Lesers für diese Thematik zu schärfen, möchte ich zunächst mein Verständnis des Begriffes XXX erläutern.“ Nachvollziehbar ist, dass das Schreiben nicht sofort und gleich funktioniert, auch Schreiben muss erlernt werden. Füllwörter, sich wiederholende Phrasen oder eben das Schreiben über das Schreiben machen das mühsam worum es eigentlich geht: Das Lesen. Jene, die die Texte dann vor sich haben, holpern beim Lesen über Worthülsen und müssen diese vom eigentlichen Inhalt trennen. Deshalb: Einfach direkt die Aussage beim Schopf packen, Sätze so lange umformulieren bis es um den Inhalt geht und der Textfluss und Stil den Lesefluss unterstützt.

Kommentare (19)

  1. #1 Anwalts_Liebling
    Januar 25, 2013

    Andrea, ich denke, daß man am Titel noch arbeiten kann… ich stifte ein ” r “

  2. #2 Andrea Schaffar
    Januar 25, 2013

    Schon geändert. Tippfehler. Danke für den Hinweis.

  3. #3 Jürgen Schönstein
    Januar 25, 2013

    Nur als “ich-weiß-auch-was”-Bemerkung: Der Begriff, den wir hier – in unseren Klassen am MIT, jedenfalls – für dieses Schreiben übers Schreiben verwenden, ist signposting. Also sprachliche “Wegweiser” aufstellen. Das kann, bei längeren Texten, ja durchaus auch mal nützlich sein, ist aber bei den zumeist kurzen Seminararbeiten reine Platzverschwendung.

    • #4 Andrea Schaffar
      Januar 28, 2013

      Merci. Den Begriff kannte ich noch nicht. 🙂

  4. #5 asdfsdfg
    Januar 26, 2013

    Seltsamerweise wird uns als Studenten das oft vermittelt. Das liegt z.B. auch daran, das der Austausch unter den Studenten z.B. auch sowas fördert. Man kennt das: ICh hol mir die Arbeit aus dem letzten Semster von dem Studenten der eine eins oder eine zwei hatte und da sind genau diese Worthülsen drin. Oder man fragt dann den Studenten wie er es gemacht hat und schon spinnt sich der Faden weiter fort.

    Zusätzlich dazu erzählen einem dann auch einige der Kommilitonen, wie umständlich und selbstverliebt der eigene Dozent es in einen prosaisch so anspruchsvollen Text verbastelt hat, das man dann als Student, der gerne die Seminararbeit bei besagtem Dozenten schreiben möchte dem in nichts nachstehen möchte.

    Ich finde das schade, weil diese Form von Mimikry eben auch funktioniert, obwohl mir eine mimetische Form als Dozent viel lieber wäre.

    Forciert wird das ganze in Studienkombinationen in denen dann auch noch unterschiedliche Vorstellungen der Dozentinnen und Dozenten aufeinandertreffen, die auch für Studenten in höheren Semstern (wenn die sich nicht gerade schon in den Lehrstuhl eingenistet haben und dort in direktem Kontakt mit den jeweiligen Studenten stehen) oftmals die Haare raufen lassen lässt. (“Der fiese Prof., der weiß ja selbst nicht was er will…”)

    Wir alle kennen das, nur wenn man schon weiter ist, beginnt man das als gegeben wahrzunehmen und solche Kleinigkeiten auszublenden!

    • #6 Andrea Schaffar
      Januar 28, 2013

      Ich würd das noch ergänzen um: Wie sollens die Leut auch lernen, wenn sie kein Feedback bekommen. Jedes Semester wieder bin ich erstaunt wie überrascht Studierende auf Feedback reagieren. Wenn die Maßstäbe an denen man sich orientieren kann aus den Peergroups kommen und die Studis nach besten Wissen und Gewissen ohne Coaching versuchen ihre Arbeiten hinzubekommen, dann wunderts mich nicht. Not blaming the people, blaming the system. 😉

  5. #7 Doreen
    Januar 27, 2013

    Also ich studiere Anglistik und mir wurde auf Nachfrage und als Feedback zur Hausarbeit im letzten Semester unter anderem gesagt, ich soll eben gerade solche Sätze wie den oben einfügen. Ich hatte das nämlich erst so gemacht, wie von dir gefordert, die Dozentin meinte, man solle doch bitte vorher mindestens einen Satz im Sinne von “Ich definiere jetzt erstmal Begriff X, weil das für das Verständis des Themas auch wichtig ist” einfügen, das sagte sie nicht nur zu mir, sondern gab das auch so als generellen Tipp an den ganzen Kurs raus. Anscheinend ist das auch wieder so eine Sache, bei der jeder Dozent/Prof. seine ganz eigenen Vorlieben hat und jeder sagt einem etwas anderes, das macht es für uns Studierende natürlich auch nicht gerade einfacher. 😉

    • #8 Andrea Schaffar
      Januar 28, 2013

      Ich denke es macht einen Unterschied, ob eine Arbeit durchgängig aus solchen Phrase besteht – was mir immer wieder begegnet – oder ob in einem Einleitungsteil ein Überblick gegeben wird. Mir begegnen derzeit immer wieder Arbeiten die eine Aneinanderreihung von Phrasen sind. Ich nehm als Maßstab wissenschaftliche Literatur, z.B. Artikel in Journals oder ähnliches, da gibts derartige Formulierungen schlichtwegs nicht. Die Leute schreiben worum es geht, klar am Anfang wird im Abstract umrissen worum es geht, aber für diese Füllformulierungen (bei manchen Studiarbeiten sind das 50 % des Textes) ist da einfach nicht genug Platz. lg

  6. #9 no offense
    Januar 27, 2013

    >Die meisten Arbeiten beinhalten Phrasen wie…

    Ich inhalte be?
    Du beinhältst?
    er/sie es …

    • #10 Andrea Schaffar
      Januar 28, 2013

      ?

  7. #11 Imko
    Januar 29, 2013

    Ich persoenlich habe solche Fuellsaetze waehrend meiner Abschlussarbeit immer dann benutzt, wenn die Definition des Begriffes ein eigenes Unterkapitel in Anspruch nahm.
    Allerdings ist mir aufgefallen, dass ich diese Fuellung gerne benutze, weil ich Schreibe wie ich Vortrage. D.h. ich stelle mir im Grunde vor wie ich einem Publikum meinen Inhalt vermitteln wuerde und schreibe es dann nieder. Daraus resultieren dann ganz oft solche Fuellsaetze, weil man in Sprechakten, bei Vortraegen etc. ganz gerne so etwas benutzt um fluessiger zu sprechen.
    Sowas wurde dadurch noch bestaerkt, dass ich im Studium wesentlich mehr Vortraege als schriftliche Arbeiten durchzufuehren hatte, ich glaub die Rate lag bei ueber 30 zu 4.

    • #12 Andrea Schaffar
      Januar 29, 2013

      Im Gesprochenen machen solche Hinleitungen auch großen Sinn und sind notwendig, um dem Vortrag folgen zu können. Ein rein faktenorientierter Vortrag, der keinen Platz für gedankliche Pausen lässt, wird schnell fade und bleibt nicht hängen. War mein erster Lernerfolg in meiner ersten großen Vorlesung vor 12 Jahren, dass ich unbedingt Pausen lassen muss und nicht nur Inhalt machen kann. Bzw. den Weg wählen muss anhand von Beispielen den Inhalt nochmals zu rekapitulieren, zu analysieren usw.. Didaktik ist in meinen Augen etwas unheimlich Wichtiges beim Vortragen. (Und ich leide auf Konferenzen wenn Leute monoton vor sich hinnuscheln. ;))

      Beim Geschriebenen seh ich das anders, da können Sätze auch nochmals gelesen werden – auch wenn ich finde, dass auch wissenschaftliche Texte ohne großes Brimborium auskommen sollten, aber das ist eine Stilfrage. Die Hinleitung zum Thema steht am Beginn einer Arbeit. Dort ist der Platz um die Lesenden abzuholen und zum Thema zu führen, zu erklären was passieren wird und was wie Relevanz hat.

      Bei den anderen Teilen find ich diese Füllphrasen und dieses Herumgeschwafel einfach anstrengend. Da hab ich beim Lesen die Arbeit um die relevante Info rauszufiltern. Das ist bissl wie bei meiner Tochter (sie ist grad 5). Sie sagt vor jedem Satz: “Du Mama ich will Dir was sagen.” Und das x Mal am Tag. Und ich werd solang “sag doch einfach, ich hör Dir ja eh zu” sagen bis sie wieder damit aufhört. 😉

  8. #13 no offense
    Januar 29, 2013

    🙂
    “Beinhalten” ist genau so eine Phrase. Das Wort gibt es nicht. (Gäb es das Wort, könnte man es konjugieren. Kommt es von “halten”? Heißt es in der Vergangenheit dann “beinhielt”?).
    Wenn es nicht zufällig darum geht, ein Bein zu halten, kann man immer “enthalten” sagen: “Die meisten Arbeiten enthalten Phrasen…”
    Wie gesagt: No offense. 😉 Der Rest gefällt.

  9. #14 no offense
    Januar 29, 2013

    Jaja,ich geb’s ja zu. Das Wort gibt es natürlich schon. Weil die Wortaufblähskala im Deutschen nach oben offen ist. Nur schön ist anders.

    • #15 Andrea Schaffar
      Januar 29, 2013

      Ich find “in vielen Seminararbeiten steht” nicht so viel besser. Das ist irgendwie I-tüpfelreiterei. Beinhalten ist ein ganz normales Wort, keine Phrase. 😉

  10. #16 rolak
    Januar 29, 2013

    Heute beim Suchen bei Dawkins gefunden:

    Nun zu der dritten Frage. Warum beteiligen sich Körper an einem Lebenszyklus „mit Engpaß“?
    Zunächst muß ich erklären, was ich mit „Engpaß“ meine. Gleichgültig wie viele Zellen…

  11. #17 Dr. Webbaer
    Februar 6, 2013

    Kleine Anmerkung zu ‘die betroffenen Studierenden’:
    Die ‘Studierenden’ sind ein substantiviertes Partizip Präsens Aktiv und mit den ‘Studenten’, ebenfalls ein substantiviertes PPA, in der Bedeutung gleich.

    MFG
    Dr. W

  12. #18 Nele
    Februar 6, 2013

    Ich stifte zwei Kommata für einen vergessenen Relativsatz und dazu zwei Kanister Anti-Nominalisierungsspray. 😉

    • #19 Andrea Schaffar
      Februar 7, 2013

      Muss ja traumatisierend sein. 😉