Quelle: https://en.wikipedia.org/wiki/File:ESL_online_learning.jpg

In Österreich wurden Universitäten und Schulen geschlossen. Lehre soll nun virtuell und online abgehalten werden. Medial vermittelte Lehre und Kommunikation funktioniert aber anders als direkte. Worauf sollten Lehrende achten, wenn Unterricht ins Virtuelle verlagert wird?

Kleine Einleitung – bitte diesen Absatz überspringen, wenn nicht interessant und direkt zu den Tipps gehen: Neben meinen methodischen Tätigkeiten, auf denen der Hauptfokus meines Scienceblogs Sociokommunikativ liegt, beschäftigen mich Medienforschung und -pädagogik schon lange. Ich halte seit mehreren Jahren die Einführung in die Medienpädagogik an der Universität Wien. In meinen Trainings- und Beratungstätigkeiten – die inzwischen finanziell fast wichtiger sind als Forschung oder Lehre – wurde der Themenkomplex Digitalisierung  zunehmend wichtiger. Meine Vorlesungen finden seit vielen Jahren digital unterstützt statt und die Nutzung multimedialer Inhalte ist quasi Tagesgeschäft. Mediendidaktik ist dabei eines der Themenfelder, das mich schon recht lang beschäftigt – ich wollte das einfach immer anders machen als ich es an den Unis als Studentin kennengelernt habe. Einige meiner Überlegungen finden sich zum Beispiel auch in der Publikation “Lehrende arbeiten mit dem Netz“.


Tipps zur Gestaltung von Webinaren oder virtuellen Lehrveranstaltungen

Strukturiert vorbereiten: Den Ablauf des Webinars designen. Überlegen welche Elemente wann stattfinden sollen. Was muss anfangs gesagt werden? Welche Übergänge müssen gestaltet werden? Was muss auskommentiert werden, da virtuell nicht sofort sichtbar? Wie und wann sollen die Teilnehmer*innen eingebunden werden?

Ziele definieren und kommunizieren: Insbesondere in virtuellen Settings ist es wichtig den Teilnehmer*innen Orientierung zu geben. Worauf können sie sich einstellen? Welche Inhalte und interaktiven Teile wird es geben? Wie lange wird es dauern?

Klarheit schaffen und klar kommunizieren: Virtueller Kommunikation fehlen Aspekte, die face 2 face vorhanden sind. Umso wichtiger ist es sich dessen bewusst zu sein und aktiv gegenzusteuern. Explizites Ansprechen hilft, um den Teilnehmer*innen Klarheit zu geben. Auf Körpersprache, Aussprache und Rhetorik achten!

Mit Technik vertraut machen und üben: Ausprobieren des Settings und mit der Software vertraut machen! Wartezeiten für Teilnehmer*innen möglichst vermeiden, um die Aufmerksamkeit zu halten. Ton- und Videoqualität checken, für ausreichende Beleuchtung sorgen und einen passenden Hintergrund nutzen!

Analysieren der Zielgruppe: Was macht meine Teilnehmer*innen aus? Welche medialen Vorlieben haben diese? Wie sollte ein Webinar gestaltet sein, damit dies für die Teilnehmer*innen möglichst ideal abläuft?

Mehr als Powerpoint: Zum Beispiel interaktiv auf Folien zeichnen. Unterschiedliche bzw. andere Präsentationsformen nutzen. Passende Bewegung am Bildschirm hält wach.

Multimediale Materialien: Bilder, kurze Videos, Comics, u.ä. einbauen, um Vortragsteile abwechslungsreich zu gestalten.

Narrative Elemente einbauen: Die Teilnehmer*innen brauchen Zeit, um das Gehörte zu verarbeiten und zu verankern. Wissensvermittlung funktioniert umso besser, wenn (auch) erzählerische Anteile und Beispiele genutzt werden.

Interaktion aktiv gestalten: Möglichkeiten zu virtuellen Kleingruppen nutzen und diese zu vorbereiteten Fragenstellungen diskutieren lassen. Abstimmungen nutzen, um Teilnehmer*innen mitwirken zu lassen.

Q&As und virtuelle Diskussionen: Abhängig von der Anzahl der Teilnehmer*innen sind unterschiedliche Formate möglich. Grundregel ist, umso mehr Personen, umso stärker müssen diese Teile gesteuert und strukturiert sein.

Webinar aufzeichnen: Ein Webinar nochmals nachschauen zu können, kann hilfreich sein. Das Video sollte gleich im Anschluss an den Termin via Plattformen zugänglich gemacht werden.

Auf Nachbereitung achten: Unterlagen, weiterführende Links oder Literatur, interessante Videos zum Thema u.ä. können die Wirkung des Formats vervielfachen. Dies schon im Vorfeld vorzubereiten hilft, um direkt nach dem Ende Ressourcen bei der Hand zu haben.

Für längerfristiges virtuelles Lernen: Zwischen den virtuellen Terminen kann durch Übungen, das Bearbeiten von Fragestellungen oder kurzen Wissenstests vertieftes Lernen erreicht werden. Auch diese sollten schon im Vorfeld vorbereitet werden, um direkt im Anschluss die Möglichkeit zur Vertiefung zu geben. Am Ende des Webinars einen Call-To-Action zu integrieren, macht Sinn!

Flipped Classroom: Reine Wissensvermittlung muss nicht interaktiv stattfinden. Diese kann z.B. in Videos ausgelagert werden und das Webinar für Q&As und virtuelle Diskussionen genutzt werden. Hier hilft es schon vorab zu kommunizieren, dass das Nutzen der zur Verfügung gestellten Ressourcen vorab empfohlen wird oder aber sogar verpflichtend ist.

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Kommentare (7)

  1. #1 Rob
    März 12, 2020

    Im outback von Australien hat Fernunterricht Tradition.
    Einfach mal dort nachfragen, worauf man achten soll.

    • #2 Andrea Schaffar
      März 12, 2020

      Didaktisch eine komplett andere Situation als z.B. meine Medienpädagogik-Vorlesung. Und warum wo nachfragen, wenn mans eh weiß. Ist ein Serviceblogposting für andere Lehrende. Gibt viele, die sich damit (leider) nie auseinandergesetzt haben…

  2. #3 Rob
    März 12, 2020

    Frau Schaffar,
    es wird nicht klar ob Sie programmiertes Lernen abieten für alle, oder sind Sie online mit jedem einzelnen Schüler ?

  3. #5 Rob
    März 12, 2020

    Frau Schaffar,
    gestatten, dass ich mich vorstelle. Ich war lehrer und Multimediaberater in S.
    Vor 15 Jahren gab es ein Schulprojekt, bei dem den Lehrern eine Plattform zur Verfügung gestellt wurde, bei der die Lehrkraft zusätzlich zum Untericht den Schülern im web Aufgaben stellen konnten. Die Schüler konnten die Aufgaben lösen und wieder im web hochladen. Dieses Projekt war fertig und wir sollten in Fortbildungsveranstaltungen den Lehrkräften diese Plattform erklären und näherbringen.
    Leider wurde das Projekt gestoppt, weil sich die Stadt und das Land nicht einigen konnten, wer das bezahlt.

    Wenn Sie jetzt über Medienpädagogik sprechen, dann ist das einmal eine Grundlage. Man kann da grundsätzliche Ratschläge geben. Was nicht geht ist eine konkrete Hilfe, wie Lernmaterialen hochgeladen werden können, weil das ja von der Plattform ahängt und die je Bundesland in Deutschland verschieden vorhanden sind.
    Das wird die Zukunft sein, wenn die Länder erst mal erkannt haben, dass man Unterricht auch über das Internet machen kann.
    Viel Erfolg bei Ihrer Arbeit !

    • #6 Andrea Schaffar
      März 12, 2020

      Wünsch ich Ihnen auch.

      Und, wie oben geschrieben, das war ein Serviceblogpost mit didaktischen Grundlagen für Kolleg*innen. Die Hilfen wie z.B. Dinge hochgeladen werden, finden sich eh in den Anleitungen der Hochschulen. Ich kenn das btw. wenn Projekte in Schubladen verschwinden. Mein allererstes Projekt nach dem Studium war so etwas. Jahrelange Arbeit ist dann verschwunden, weil niemand daran gedacht hatte wie die Produktion der Materialien finanziert werden könnte. Gab damals sogar einen Schwerpunkt der Medienimpulse dazu. Falls das interessiert: https://www.academia.edu/703145/EDUCAUNET_in_%C3%96sterreich

  4. #7 Rob
    März 16, 2020

    Frau Schaffar,
    jetzt wird ihre Arbeit wichtig. Der Schulunterricht soll ja per App weitergehen.
    Kleine Anregung. Jede Woche einen Preis aussetzen für die besten Antworten !
    Gruß
    Rob 1/4 Österreicher