…Es waren allerdings die irischen und nicht schottischen Fußballfans die dies skandierten. Daher kann meine Reise von Schottland nach Schweden leider nicht mit diesem Statement erklären, trotzdem habe ich mich sehr gefreut auch mal eine weibliche Professorin zu besuchen. Trotz großer Bemühungen an den Universitäten ist der Frauenanteil in der Forschung im Ingenieurwesen noch sehr gering (allerdings kann es zwischen den verschiedenen Fachrichtungen durchaus stark schwanken). Prof. Lilian de Martin ist seit Sommer 2016 Assistant Professor an der Chalmers University of Technology in Göteborg. Nachdem Sie in Spanien promoviert hat, durchlief sie Forschungsstationen in den Niederlanden und England an dem renommierten University College of London (UCL). Auf meine Frage ob das Geschlecht bei hrer Berufswahl eine Rolle spielte, antwortet sie: “Eine Frau zu sein spielt bei keiner meiner Entscheidungen eine Rolle, z.B. bin ich in London einem Schachklub beigetreten, der größtenteils aus männlichen Rentnern bestand.” Das sie dies tatsächlich ernst meint, merkt man, wenn man mit ihr über Wissenschaft diskutiert. Dann leuchten ihre Augen und es zeigt sich, dass Wissenschaft mehr Passion als Beruf ist.
Ihr Forschungsgebiet ist super interessant: Kleinste Nanoteilchen die wir schon seit vielen Jahren in Lacken, Kosmetikprodukten oder Autoreifen benutzen bilden oft größere hierarchisch aufgebaut Strukturen. Diese Strukturen werden Fraktale genannt und Fraktale sind extrem spannend:
Fraktale scheinen auf den ersten Blick willkürlich zu wirken, doch jedes besteht aus einem einzigen geometrischen Muster, das tausende Male in verschiedenen Vergrößerungen wiederholt wird, wie russischen Matrjoschka Puppen, die ineinander verschachtelt sind.
Auch wenn das Konzept erst in den 70er von Benoit Mandelbrot in ‘The Fractal Geometry of Nature‘ beschrieben wurde, haben wir als Menschen ein natürliches Gefühl für Fraktale. Das liegt daran das Fraktale sehr häufig in der Natur vorkommen. Bäume, Schneeflocken, Gebirgs- oder Küstenabschnitte, alle bilden fraktale Strukturen. Fraktale sind selbstähnlich, d.h. sie zeigen bei Vergrößerung dieselben Formen auf wie in der Originalgröße.
Die Entstehung dieser fraktalen Strukturen in der Nanowelt geschieht allerdings nicht willkürlich, sondern unterliegt gewissen Gesetzen, die wir bis heute noch nicht vollständig verstanden haben. Wenn wir verstehen, wie sich kleine Nanoteilchen zu größeren Strukturen zusammenbauen, wären wir in der Lage das Aussehen dieser Strukturen genau zu steuern. Dies hätte weitreichenden Einfluss auf z.B. Solarzellen, Brennstoffzellen oder Sensoren. Ebenso in der Bionik spielen diese Strukturen eine sehr wichtige Rolle.
In einem sehr vereinfachten Beispiel könnte man sich vorstellen, dass wir eine Kiste von Legosteinen haben (mein liebstes Spielzeug als Kind…). Wenn wir jetzt diese Steine einem Vierjährigen geben, können wir zwar bestimmen welche Farbe, Größe und Form die Steine haben die wir ihm geben, aber wir haben nur eine ungefähre Ahnung, was er damit bauen wird. Wollen wir gerne eine Ritterburg haben, wäre es recht praktisch, wenn wir dem Vierjährigen eine Anleitung geben könnten (die er auch versteht…) und dadurch das Endergebnis bestimmen können.
Die Kiste Legosteine stellt in diesem Beispiel die kleinen Nanoteilchen da und tatsächlich verfügen wir heutzutage schon über diese Kiste und können auch Farbe (oder eher Material), Größe und Form sehr gut bestimmen. Der zweite Schritt, dass zusammenbauen größerer Strukturen aus diesen kleinen Nanoteilchen, das können wir noch nicht so gut und genau darauf zielt die Forschung von Prof. de Martin ab.
Vor kurzem konnte sie zum Beispiel zeigen, dass sich die fraktale Form, der aus kleinen Nanoteilchen zusammengesetzten Strukturen, mit der Größe der Strukturen ändert (de Martin et al. (2014) Multidimensional Nature of Fluidized Nanoparticle Agglomerates, Langmuir, 30). Dieses Verhalten ist eigentlich untypisch für Fraktale, da es dem Prinzip der Selbstähnlichkeit widerspricht und von daher bin ich sehr gespannt was sie in den nächsten Jahren noch so über fraktale Nanostrukturen berichten wird.
Auch aus einem anderem Blickwinkel sind Fraktale in der Nanotechnologie interessant. Nanotechnologie beansprucht für sich eine Querschnittstechnologie zu sein, die nicht einer spezifischen Disziplin zugeordnet werden kann. Biologen, Chemiker, Physiker, Ingenieure (Wirtschaftsingenieure…) alle können Nanotechnologen sein. Fraktale sind hier der Nanotechnologie weit voraus und kommen tatsächlich überall vor. In diesem Zusammenhang ist Jackson Pollock sehr interessant. Er malte Bilder (oft im Alkoholrausch), die die Menschen sehr gespalten haben. Einige zerrissen seine Kunst als albernes Zeug von einem Betrunken, andere konnten sich der Schönheit seiner Bilder nicht entziehen.
Mittlerweile hängen seine Bilder im MoMa in New York und sind Millionen Wert. Es zeigte sich das Pollock (bewusst oder unbewusst) Fraktale gemalt hat. Deswegen empfindet man Pollocks Bilder beim Betrachten auch als schön. Die fraktalen Formen kommen uns aus der Natur bekannt vor. Leute die versucht haben seine Bilder zu kopieren, sind daran gescheitert. Seine Nachahmer haben zwar ähnliche Bilder gemalt, es aber nicht geschafft fraktale Formen zu erschaffen, das schaffte nur Pollock.
Ich könnte hier noch Seiten schreiben, aber ich hoffe, dass die Grundidee verständlich ist. Trotzdem lege ich jedem der sich (jetzt :D) für Fraktale interessiert, die folgende Dokumentation ans Herz:
https://www.youtube.com/watch?v=Mg-N82qhatc
Nachdem ich an der Chalmers mit meinem Besuch fertig war, wollte ich auf dem Weg nach Finnland unbedingt noch Stockholm besuchen. Und es hat sich gelohnt. Stockholm ist, meiner Meinung nach, wesentlich schöner (siehe Bild unter der Überschrift…) als Göteborg (kein Bild unter der Überschrift…). Oder anders gesagt, in Göteborg muss man sich gut auskennen. Da ich in Göteborg meinen Arbeitsteil fertig hatte, konnte ich mich in Stockholm amüsieren und das macht man als Wissenschaftler im Nobelpreis Museum…Allerdings hatte ich mehr erwartet. Es gibt zwar jede Menge gute Kurzfilme und auch einige Experimente, die man selber ausprobieren kann, aber das Museum ist relativ klein und oberflächlich. Deswegen lohnt es sich eigentlich nur, wenn man sich wirklich für die Thematik interessiert.
Mit einem weinenden Auge geht’s jetzt weiter nach Finnland. Mir hat Schweden sehr gut gefallen. Es war zwar sehr kalt und der Tipp mit dem Zwiebelsystem hat sich wirklich gelohnt (Danke dafür :)), aber das Land ist auf jeden Fall ein Besuch wert. Ich wurde unglaublich freundlich an der Uni aufgenommen und habe viel gelernt.
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