Ich schreibe nun schon seit einigen Wochen über die Forschung verschiedener Gruppen im Bereich Nanotechnologie (und Solartürmen) ohne wirklich zu erklären was Nanotechnologie eigentlich ist. Und es ist leider gar nicht so einfach Nanotechnologie zu erklären. Titel ist nicht willkürlich gewählt, denn es gibt eine ganze Reihe von Definitionen für Nanotechnologie. Nanotechnologie kann in der Physik etwas anderes, als in der Biologie, als für Ingenieure oder für Wirtschaftswissenschaftler sein. In der Physik beschäftigt man sich z.B. mit Quanteneffekten wie dem Quantencomputer im Zusammenhang mit Nanotechnologie, während Biologen sich eher für Viren, Transportsysteme für Medikamente und Nanobiosensoren interessieren. Ingenieure versuchen Materialeigenschaften durch Beschichtungen zu verbessern und bei wirtschaftlichen Betrachtungen wird vor allem auf das Potential zukünftiger Firmen die sich mit Nanotechnologie beschäftigen und die Entwicklung des zugehörigen Marktes geschaut. Die dabei entstanden Definition überschneiden sich oft, können allerdings auch ganz verschieden sein. Dazu kommt, dass Nano oft als buzzword missbraucht wird.
Wenn man einen beliebigen Artikel oder in einem Buch nachschlägt findet man oft die Erklärung das nano griechisch ist und Zwerg heisst und die Strukturen sehr klein sind. Wenn man sich das Verhältnis von der Erde zu einem Fußball vorstellt, stehen der Fußball und die kleinen Nanoteilchen in demselben Größenverhältnis zueinander. Ich habe allerdings das Problem, dass ich mir die Größe der Erde nicht wirklich vorstellen kann und deswegen keine Ahnung von dem Verhältnis habe und auch hilft mir das Wort Zwerg dabei nicht so wirklich weiter… Deswegen versuche ich einen anderen Ansatz: Wichtig ist, dass man sich in der Nanotechnologie mit sehr kleinen Strukturen beschäftigt!! Diese sind so klein, dass man sie nur mit bestimmten Mikroskopen sehen kann. Das Faszinierende ist, dass Aufgrund der geringen Größe gewisse Dinge passieren können.
- Ich bin nicht klein, ich bin platzsparend.
Wenn man Strukturen kleiner baut spart man Platz!
Das kling zwar sehr trivial, ist aber tatsächlich einer der Gründe warum Nanotechnologie bisher schon einen großen Beitrag im täglichen Leben leistet. Bei der Herstellung von Prozessoren hängt die Prozessorleitung von der Größe der Leiterbahnen ab. Je kleiner diese Leiterbahnen sind umso mehr bekommt man auf einen Prozessor, umso stärker wird der Prozessor. Daher ist die Nanotechnologie unentbehrlich für die Erfüllung des Mooreschen Gesetz und leistet schon seit Jahren einen wichtigen Beitrag zur Herstellung moderner Prozessoren.
- Ich bin nicht oberflächlich, ohhh doch…
Wenn Strukturen kleiner werden, steigt deren relative Oberfläche!
Dies ist eine ganz wichtige Eigenschaft. Es gibt Prozesse oder Phänomene, die von dem Volumen eines Körpers abhängen und welche die von der Oberfläche abhängen. Ein einfaches Bespiel: Wenn man sich auf die Waage stellt, interessiert mich die Fläche meiner Haut wenig, sondern eher mein Volumen. Denn mein Gewicht hängt von meinem Körpervolumen ab. Wenn ich mich in der Sonnen bräunen möchte, interessiert mich mein Volumen weniger sondern die Fläche meiner Haut, die ich unter die Sonne legen will. Diese Unterscheidung von Eigenschaften ist in der Nanotechnologie sehr wichtig.
Dazu ein kleines Gedankenexperiment: ich möchte gerne zwei mal 100 g Käse im Ofen schmelzen (warum auch immer…). Allerdings habe ich einmal ‘ein 100 g Stück‘ und beim zweiten Versuch ‘zehn 10 g Stückchen‘. Wie man sich leicht vorstellen kann werden die zehn 10 g Stücke wesentlich schneller flüssig sein, denn die zehn kleineren Stückchen stellen insgesamt mehr Oberfläche zur Verfügung (die relative Oberfläche des Käse steigt) an der die warme Backofenluft den Käse erwärmen kann (ich hab das Experiment allerdings noch nicht durchgeführt, die Hostelbetreiber motzen immer). Dieses Gedankenexperiment kann man auf Nanotechnologie übertragen, je kleiner Teilchen werden und Nanoteilchen sind sehr klein, umso größer wird deren relative Oberfläche. In der Industrie gibt es eine ganze Reihe an Prozessen, in denen diese Oberflächeneffekte sehr wichtig sind. Deswegen spielt (wird spielen…) die Nanotechnologie dort eine wichtige Rolle eine sehr wichtige Rolle.
- Kleine Männer, großes Ego…
Physikalische Effekte sind Größenabhängig!
Das ist eigentlich der spannendste Teil der Nanotechnologie. Physikalische Effekte hängen oft von der Größe ab. Gravitation z.B. ist für große Körper sehr wichtig. Deswegen beschäftigen sich Astronomen auch gerne mit Gravitation. In der Nanotechnologie ist die eher unwichtig. Allerdings sind Nanostrukturen in Größenbereichen in denen Effekte auftreten können die wir bei konventionellen (größeren) Strukturen so nicht beobachten. Ein einfaches (aber gutes) Beispiel ist die Interaktion mit Licht. Die Wellenlänge von sichtbaren Licht liegt etwa zwischen 380-780 nm. Da Nanostrukturen deutlich kleiner sein können, ändert sich ihre Interaktion mit den Lichtwellen. Das kann dazu führen, dass sie z.B. ihre Farbe ändern. Das prominente Beispiel ist Gold. Gold als Nanoteilchen ist nicht mehr gold sondern rot, macht man die Teilchen noch kleiner werden sie blau. Diese Effekte wurden früher schon in Kirschenfenstern ausgenutzt. Das rot was man in alten Kirchenfenstern sieht, ist eigentlich Nanogold. Farbpigmente waren früher nicht einfach herzustellen und Gold kleinzumahlen war eine einfache Methode, das wichtige Rot für Kirchenfenster herzustellen.
Und damit komme ich auch zu meinem vierten Punkt:
- Das haben wir schon immer so gemacht!
Nano ist nicht neu!
Wie man von den alten Kirchenfenstern erahnen kann, ist Nanotechnologie nichts was wir in den letzten 20 Jahren erfunden haben. In Autoreifen spielen sie schon seit Jahrzehnten eine wichtige Rolle und auch Degussa hat schon in den fünfziger Jahren mit ihren submikron-Partikeln (was nichts anderes als Nanoteilchen sind) geworben. Auch wenn Nanotechnologie oft als etwas sehr neues dargestellt wird, benutzen wir Nano schon sehr lange. Neu ist nur, dass sich durch den technischen Fortschritt und den gezielten Investitionen in die Forschung die Nanotechnologie extrem schnell weiterentwickelt und dadurch in vielen neuen Branchen Einzug erhält.
Es gibt Geschichten aus der Zeit des dritten Kreuzzuges (1189-1192), dass Saladin auf König Richard Löwenherz getroffen sei. Saladin wollte Richard, der das Schwert Excalibur trug, von der Überlegenheit seines eigenen Schwertes überzeugen. So nahm er ein Seidentuch warf es hoch und zerteilte es mit seiner Klinge in der Luft. Ob sich diese Geschichte wirklich so zugetragen hat ist fraglich, aber die Klingen aus Damaszener Stahl waren für ihre Schärfe und Festigkeit bei den Kreuzfahrern gefürchtet. 2006 hat eine Forschergruppe um Prof. Paufler von der Technischen Universität Dresden gezeigt, dass in dem Damaszener Stahl winzige Fäden aus Zementit umhüllt von carbon nanotubes befinden. Diese kleinen, aber sehr harten Fäden in Kombination mit dem weichen Stahl verliehen den Damaszenerklingen wahrscheinlich ihre außergewöhnlichen Eigenschaften (der Nachweis muss allerdings noch erbracht werden). Die damaligen Handwerker fertigten, ohne es zu wissen, Nanotubes durch empirische Optimierung ihrer Schwertbearbeitungsprozedur an (Reibold, M. et al. (2006), Nature, 444, 286).
Noch früher, vor über zweitausend Jahren, haben die Chinesen durch einfache Verbrennung Nanoteilchen erzeugt, die sie als Farbpigmente benutzt haben. Durch Verbrennung wurde Ruß erzeugt, der nanogroße Kohlenstoffteilchen enthält. Diese wurden dann auf Planen aus der Luft gefiltert und schließlich von der Plane heruntergekratzt (siehe Bild). Diese Farbpigmente wurden später z.B. beim Druck des größten Schatz der Harvard Bibliothek, einer originalen Gutenbergbibel (welche ich hoffentlich noch besichtigen kann) benutzt.
Ich hoffe mit diesem Artikel kann ich einen kurzen Einblick in, was Nanotechnologie eigentlich ist, geben. Das Thema ist leider zu umfangreich, um es umfassend in so einem kurzen Artikel zu beschreiben. Für diejenigen die sich mehr für das Thema interessieren empfehle ich einfach nach entsprechenden Büchern zu suchen. Besonders das Buch Beute (Prey) von Michael Crichton hat mir sehr gut gefallen. Micheal Crichton hat unter anderem die Bücher Jurassic Park, sowie die Vorlage zu Emergency Room geschrieben. In Beute (Prey) gibt er auf sehr fundierte und spannende Weise einen Einblick in die Nanotechnologie und wie Nanoroboter die Welt bedrohen.
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