Um diese beiden Fragen soll es hier gehen. Und wenn sie schon nicht beantwortet werden, dann soll zumindest mit ihnen gekämpft werden. Die letzten drei Jahrhunderte Entwicklung in der Technik haben so manchen staunend zurück gelassen. Der britische Autor Arthur C. Clarke hat diese Erfahrung in drei “Gesetzen” formuliert. Das berühmteste ist sicher das letzte:
“Any sufficiently advanced technology is indistinguishable from magic.”
Jede ausreichend fortgeschrittene Technologie ist von Magie nicht zu unterscheiden.
Und tatsächlich lässt sich heute in so manchen Diskussionen das Wort Technik ohne weiteres durch Magie ersetzen. Zu oft werden ihr unbegrenzte Fähigkeiten zugesprochen. Unbegrenzt in ihrer Fähigkeit die Welt zu zerstören oder Gutes zu tun, wie einst Schwarze und Weiße Magie. Dieser Blick auf die Technik lässt die Hoffnungen, die mit dem technischen Fortschritt verbunden werden, ebenso sehr ins unermessliche wachsen wie die Angst davor. Meistens geht beides miteinander einher.
Die Unermesslichkeit der Angst vor Kernkraft und der Nutzung fossiler Brennstoffe heute findet ihr Gegenstück im unermesslichen Optimismus bei der Nutzung nachwachsender Rohstoffe und erneuerbarer Energien. Aber beide schießen weit über das Ziel hinaus. Die Fähigkeiten der Technik sind nicht unbegrenzt, weder in ihrer Nützlichkeit noch in dem Schaden den sie anrichten können.
Und daher die Fragen: Was geht? Was geht nicht?
Jede Technologie ist zunächst an die Gesetzmäßigkeiten der Natur gebunden, aber auch an die Gesetzmäßigkeiten der Menschen die sie nutzen. Beide unterscheiden sich in einem Punkt fundamental. Während die Gesetzmäßigkeiten der Menschen ihrem eigenen Willen unterworfen sind, sind wir den Gesetzen der Natur unterworfen. Noch immer sind uns nicht alle Gesetze der Natur bekannt, aber große Bereiche lassen sich inzwischen gut charakterisieren und sie wachsen mit jedem Jahr.
Das heißt nicht, dass damit alles gesagt ist. Clarke zählt in seinem Essay “Hazards of Prophecy” Beispiele auf, in denen Wissenschaftler trotz ihrer Kenntnis der Gesetzmäßigkeiten aufgrund von falschen Annahmen zu falschen Schlüssen kamen und glaubten, dass Flugzeuge nicht fliegen oder niemals eine Rakete den Mond erreichen könnte. Man muss immer auf der Hut sein.
Aber auch wenn das alles funktioniert hat, helfen Naturwissenschaften nicht weiter, wenn man ergründen will, weshalb bestimmten Technologien der Vorzug gegeben wird. Die bloße technische Möglichkeit ist nicht genug um zu sagen, ob eine Technologie umgesetzt wird oder nicht. Vom Historiker Richard Bulliet habe ich das Beispiel der ersten Windmühlen. Sie wurden im alten Persien erfunden, aber Tiere lassen sich in den weiten Steppen so leicht halten, dass sich der große Aufwand für den Bau von Windmühlen fast nirgendwo in Persien tatsächlich lohnte. Ganz anders in Europa, wo das Futter der Arbeitstiere auf den gleichen Feldern wie die Nahrung der Menschen angebaut wurde. Und schließlich trafen irgendwann irgendwo drei Dinge zusammen: Das Wissen um die Windmühlen, die Fähigkeit sie zu bauen und ein Ort an dem es sich lohnte das zu tun. Und kaum war es das erste Mal getan, wurde es viel leichter. Das Wissen um die Mühle verbreitete sich, es gab Menschen die wussten wie sie zu bauen sind und schon wurde es viel wahrscheinlicher, das beides mit einem Ort zusammentraf, an dem sich der Bau einer Windmühle lohnen würde.
Und plötzlich hat sich etwas geändert. Was erst nicht ging, ging nun doch.
Kommentare (14)