Es ist wieder einmal passiert. Start eines Raumfahrzeugs verlief nicht ganz nach Plan. Ein russischer Progress-Frachter wird demnächst unkontrolliert abstürzen. Wie sollen wir das nur überleben?
“Space is hard.” – Elon Musk
Raumfahrt ist wirklich nicht leicht. Wenn es einer weiß, dann Elon Musk. Nach Gründung seiner eigenen Raumfahrtfirma SpaceX musste er dabei zuschauen, wie die ersten drei Raketenstarts des jungen Unternehmens scheiterten und es an den Rand des Bankrotts brachten. Gelegentliche Fehlfunktionen kann niemand völlig ausschließen und manchmal machen sie Schlagzeilen, am ehesten, wenn sie spektakulär aussehen.
Die Bilder von Progress M-27M sind nicht ganz so spektakulär. Sie zeigen Bilder der Bordkamera des sich unkontrolliert drehenden Frachters. Der Absturz ist unvermeidbar. Und schon gibt es Fragen, wo er denn abstürzen wird und wer in Gefahr ist, genauso wie die lapidare Aussage, dass der Frachter beim Wiedereintritt verglühen wird. Die Fragen sind nicht völlig unberechtigt. Typischerweise übersteht wenigstes ein Zehntel der Masse eines abstürzenden Raumfahrzeugs den Absturz. Es gibt dazu eine Reihe von Untersuchungen.
Tatsächlich ist der unkontrollierte Wiedereintritt tonnenschwerer Teile in die Erdatmosphäre Alltagsgeschäft in der Raumfahrt. Damit meine ich nicht die Booster oder die erste Stufe einer Rakete, die bei ihrer Abtrennung noch viel zu langsam sind um verglühen zu können. Ich meine die Oberstufe, den Teil einer Rakete, die einen Satelliten oder ein Raumschiff überhaupt erst in den Orbit bringt. Typischerweise hat die Oberstufe danach keine Treibstoffreserve mehr und tritt dann, je nach Orbit, Tage oder Jahre später wieder in die Erdatmosphäre ein (oder auch Jahrhunderte und mehr, bei Orbits mit sehr hohem Perigäum.)
Zahl der Wiedereingetretenen Raumschiffe und Satelliten (“spacecraft”) in Rot und Zahl der Raketenstufen in Gelb. (Quelle: “Reentry Predictions of three massive uncontrolled spacecraft.” Carmen Pardini, Luciano Anselmo) Sie ist längst nicht mehr so hoch wie früher, was vor allem am Niedergang der Raumfahrt nach dem Kalten Krieg liegt.
Dabei ist die leere Oberstufe einer Rakete im allgemeinen nur etwas leichter als ihre Nutzlast, in die Schlagzeilen ist so eine abstürzende Raketenstufe aber meines Wissens noch nie gekommen. Dabei können sehr große Trümmerteile den Boden erreichen.
(Quelle)
Es ist vor allem eine Materialfrage, ob ein Teil den Wiedereintritt übersteht. Dieser Tank hier besteht aus Stahl. Ein Heliumtank aus Titan, der von der gleichen Stufe stammt, wurde über 100km entfernt ebenso gefunden. Ein Tank aus einer Aluminiumlegierung, wie sie heute aus Gewichtsgründen in den meisten Raketen üblich sind, hätte den Wiedereintritt nicht überstanden.
Es ist aber nicht einfach nur Glück, dass noch niemand von einem Trümmerteil erschlagen wurde. Die Erde ist ein großer Planet und auch wir 7 Milliarden Menschen sind im Vergleich zur gesamte Erdoberfläche sehr dünn verteilt. Es sind nur etwa 16 Personen pro Quadratkilometer, die sich noch dazu meistens in Räumen oder Fahrzeugen aufhalten die sie vor den meisten (sehr kleinen) Trümmerteilen sehr zuverlässig schützen. Die Gefahr durch ein Raumfahrzeug oder eine Raketenstufe verletzt zu werden ist damit äußerst gering.
Wie man an den diversen Untersuchungen sieht, ist man damit trotzdem keineswegs zufrieden. Wann immer es geht, bringt man Satelliten und Raumfrachter kontrolliert über dem Meer zum Absturz (meistens dem Pazifik). Man versucht Sollbruchstellen einzubauen um durch ein früheres Auseinanderbrechen einen größeren Teil des Materials der Hitze auszusetzen und schmelzen zu können. Immer mehr Oberstufen von Raketen sind wiederzündbar, was nicht nur für einen kontrollierteren Wiedereintritt sorgen soll, sondern vor allem die Zahl der Trümmer im Orbit reduziert.
Nicht zuletzt hat man auch noch nicht den Versuch aufgegeben, Raketenstufen wiederzuverwenden. Das ist allerdings ein schwieriges Unterfangen. Jede Tonne zusätzliches Gewicht für Hitzeschutz, Landeeinrichtungen und Treibstoff ist eine Tonne weniger Nutzlast. Bisher waren die einzigen wiederverwendbaren “Oberstufen” von Raketen das Space Shuttle und dessen Russische Schwester “Buran”. Beide waren ein kommerzielles Disaster.
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