Schon vor über 2000 Jahren wurden Wassermühlen gebaut. Wie sieht Wasserkraft heute aus?
Eines hat sich nicht geändert, die Physik. Egal ob klackende Wassermühle oder Francis-Turbine, mehr Energie als in dem Wasser steckt, kann nicht heraus kommen. Die Energie des Wassers stammt aus dem Höhenunterschied, den des zurücklegen muss. Der größte Höhenunterschied zählt dabei leider nicht – der Weg der Regentropfen aus den Wolken auf den Boden. Um so höher der Boden ist, auf den die Regentropfen fallen, um so mehr Energie lässt sich aus Wasserkraft gewinnen. Dabei ist es natürlich äußerst praktisch, dass Gebirge dazu tendieren Wolken aufzustauen und gerade in den Bergen für besonders viel Regen zu sorgen.
Mit einem Höhenunterschied von einem Meter hat ein Liter Wasser ganze 10 Joule Energie. Eine perfekte Wasserturbine, die bei einem Höhenunterschied von einem Meter aus einem Liter Wasser pro Sekunde Strom erzeugt, hätte eine Leistung von nur 10 Watt. (Ein Watt ist ein Joule pro Sekunde.) Wasser von der Duschbrause laufen zu lassen und daraus Strom gewinnen zu wollen, ist also keine gute Idee. Ein Liter Wasser alle 6 Sekunden bei einem Höhenunterschied von 2 Metern bringt uns bestenfalls 3 Watt Strom.
Wenn man ernsthaft große Mengen Strom erzeugen will, braucht man möglichst große Wassermengen und große Höhenunterschiede. Durch einen Fluss die die Neiße in Guben fließen pro Sekunde 30 Tonnen Wasser. Zwei kleine Kraftwerke liefern in der Stadt mit knapp 2 Meter Höhenunterschied jeweils bis zu 600kW Leistung. (Tatsächlich variiert der Durchfluss. Die 600kW erreichen sie nur, wenn der Durchfluss etwas höher als 30 Tonnen pro Sekunde ist. Im Jahresschnitt erreichen beide Kraftwerke nur 250kW.)
Die beiden Kraftwerke erzeugen zusammen etwa so viel Strom wie drei 1-MW Windturbinen, 12,5 Hektar im Solarpark Lieberose oder etwa 300 Hektar (3 Quadratkilometer) Maisfelder, die eine Biogasanlage füttern. Das ist nicht viel. Mit einem großen Höhenunterschied lässt sich viel mehr erreichen.
In Österreich, wo wirklich große Höhenunterschiede keine Seltenheit sind, steht das Kraftwerk Kaunertal. Es wird von einem Stausee gespeist, der 800m über dem Kraftwerk angelegt wurde. Eine unterirdische Röhre verbindet den Stausee mit dem Kraftwerk, wo das Wasser unter hohem Druck aus der Röhre in eine Turbine schießt und dort knapp 400 Megawatt Strom erzeugen kann. Das alles mit einem Wasseraufkommen von 320mio Tonnen im Jahr, oder nur etwa 10 Tonnen pro Sekunde.
Natürlich sind Höhenunterschiede von knapp einem Kilometer eher selten. Einige der größten Wasserkraftwerke konnten deshalb nur gebaut werden, wo große Flüsse einen Wasserfall bilden, wie etwa die Niagara Fälle. Bei den Niagara Fällen, wurde der Fluss noch vor den Wasserfällen mit einem Kanal abgezweigt und durch ein Bauwerk mit Turbinen am unteren Ende geleitet. Je nach dem wieviel Wasser zur Stromerzeugung abgezweigt wird (und wieviel überhaupt ankommt), fließt entsprechend mehr oder weniger Wasser über die Niagarafälle. Die 2,5GW dieses Kraftwerks machen es aber längst nicht zum größten der Welt.
Ganz anders als den Niagara Fällen, erging es dem Guaira Wasserfall. Dort wurde eine Staumauer vor dem Wasserfall errichtet und die Wasserfälle zerstört. Der entstehende Stausee speist das 14GW Itaipu Wasserkraftwerk, das heute nicht nur 90% von Paraquay, sondern auch einen erheblichen Teil Brasiliens mit Strom versorgt.
Ein Wasserfall bietet sich deswegen als Standort an, weil man so nur eine minimale Fläche Land überfluten muss. Der Drei-Schluchten-Staudamm in China wurde hingegen nicht an einem Wasserfall gebaut, ganz im Gegenteil. Dieser Damm hat neben der Funktion als Kraftwerk eine viel wichtigere Aufgabe – er soll das Regenwasser des Monsuns aufhalten und den Hochwassern des Jangtze ihre Zerstörungskraft nehmen. Dazu braucht der entstehende Stausee ein möglichst großes Volumen, was nur die drei Schluchten bieten können, ohne die Überflutungsfläche noch größer werden zu lassen.
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