“Wo geht’s denn hier nach Indien?” So oder so ähnlich muss 1498 eine Frage auf Vasco da Gamas Expedition gelautet haben. Denn ganz allein hat er den Weg nach Indien nicht entdeckt.
Ich gebe es zu. Als jemand, der sich gelegentlich verläuft, weil er nicht nach dem Weg fragte, fand ich die Vorstellung ein “Was geht: Einfach nach dem Weg fragen” einfach zu verlockend um die Geschichte nicht zu aufzuschreiben. Aber ich denke sie lohnt sich. Sie wird auch einen Nachfolger haben der keine 50 Jahre später stattfindet. Der erscheint dann aber in der Kategorie “Technik”.
Im Schulunterricht ist die Sache immer ganz einfach. Heinrich “der Seefahrer” von Portugal lässt im 15. Jahrhundert die afrikanische Küste erkunden und seine Nachfahrer führen die Erkundung weiter. 1488 entdeckt Bartholomeu Dias das Kap der Guten Hoffnung und 1492 glaubt ein Italiener namens Christopher Columbus einen kürzeren Weg nach Indien gefunden zu haben. Hat er natürlich nicht und er stahl trotzdem allen anderen die Show.
Dann endlich, 1497, starten Vasco da Gama und sein Bruder Paulo da Gama eine Expedition um das Kap der Guten Hoffnung herum. Und wie wir alle wissen, ist es von der Südspitze Afrikas nur ein Katzensprung bis nach Indien. Deswegen ist es nur normal, dass Vasco da Gama nach der mühevollen Erkundung der afrikanischen Westküste an der ihm gänzlich unbekannten Ostküste keinerlei Probleme hat, sofort den Weg nach Indien und wieder zurück findet, und das alles ohne auf irgendwelche Erfahrung der vor ihm gefahrenen zurückgreifen zu können.
Nun, also eigentlich geht das nicht. Überhaupt nicht. Das merkt man auch, wenn man sich den Verlauf der Reise anschaut:
(Quelle: Wikipedia)
Was um alles in der Welt, könnte Vasco Da Gama dazu verleitet haben, die unbekannte Küste zu verlassen und einen Kurs zu setzen, der ihn wie durch Magie direkt nach Indien führte? Noch dazu ohne auch nur den genauen Breitengrad, geschweige denn den Längengrad seines Ziels zu kennen? Ganz einfach: Er hat nach dem Weg gefragt.
Die Ostafrikanische Küste war keineswegs eine völlig unbewohnte Wildnis, wie über 80 Jahre zuvor auch schon die chinesische Expedition unter Zheng He feststellte. Das war ganz praktisch für Vasco da Gama, denn die Reise war bis dahin schon sehr lang und die Vorräte gingen zur Neige. Entlang der Küste gab es eine Reihe von arabischen Häfen und natürlich auch Schiffe die sie anliefen.
Die Flotte da Gamas überfiel einige dieser Schiffe um die Vorräte aufzufüllen. Schließlich erreichte man Mombasa und stellte fest, dass man dort nicht wohl gelitten war. Piraterie war noch nie ein sonderlich hoch angesehenes Geschäft. Aber weil der Feind meines Feindes mein Freund ist, wurde die Flotte weiter nördlich freundlich empfangen. Offenbar gab es Streit zwischen Malindi und Mombasa und da Gama konnte davon profitieren. In Malindi schließlich, traf man auf indische Händler und hörte sich um, ob denn hier nicht jemand den Weg nach Indien kennt.
Man wurde fündig. Im April brach die Flotte auf und keine vier Wochen später erreichte man Indien. Der Rückweg war weniger schnell. Diesmal ignorierte man den Rat der Leute, die sich im Handel auf diesem Ozean auskannten und brach auf, während der Monsun noch in die falsche Richtung blies.
Vier Monate kämpfte man auf offener See gegen den Wind an, bis man schließlich vor Somalia bei Mogadishu ankam, nach Süden Richtung Malindi segelte und einem Aufenthalt in der nun schon bekannten Stadt schließlich zurück nach Portugal segelte.
Weder auf dieser Reise, noch in der Zukunft haben sich die Portugiesen mit größerer Höflichkeit ausgezeichnet.
Keine 50 Jahre später haben Portugiesen noch weiter östlich einen Bürgerkrieg beendet, den größten Krieg der damaligen Welt verursacht und den Verlauf der Geschichte bis heute geändert. Aber was genau die Ankunft von einem Haufen portugiesischer Abenteurer in einer chinesischen Dschunke auf der japanischen Insel Tanegashima mit Kim Jong-Un zu tun hat, davon schreibe ich ein anderes mal.
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