Manchmal fällt die Themenwahl wirklich schwer. Immerhin musste ich mich zwischen Schubkarren, Doppler-Radar und atombombengetriebenen Raumschiffen entscheiden. Natürlich kommt das interessanteste Thema zuerst: Die Schubkarre.
Das ist durchaus ernst gemeint, denn wenn man Jahre lang von allen möglichen Konzepten in der Raumfahrt gelesen hat, fällt es manchmal doch schwer, sich auf Kommando nochmal für Freeman Dyson’s Klassiker zu begeistern. (Keine Sorge, dass passiert noch früh genug!)
Wer jetzt glaubt, das Thema sei langweilig, dem sei verziehen, wenn er an so ein Ding hier denkt:
(Quelle: Wikipedia)
Nein, ich bin von dem Thema begeistert, seit ich von so einem Ding hier gehört habe:
(Quelle: Wikipedia)
Das Bild stammt aus Zentalchina im Jahr 1906. Und das große Stück Stoff ist kein Sonnenschutz, sondern ein Segel. Es gab auch noch andere Bauformen, die auch viel mehr an ein Schiffssegel erinnern:
(Quelle: LowTechMagazine)
Man kann mit einigem Recht sagen, dass die Entwicklung der Schubkarre an Europa fast völlig vorbei gegangen ist. Sicher, auf Baustellen hat man sie immer verwendet, aber kaum darüber hinaus. Denn die einfache Schubkarre ist nicht dafür gebaut, auf langen Strecken eingesetzt zu werden.
Das liegt schon an der bloßen Physik. Die Last liegt bei unserer Baustellen-Schubkarre nur zu einem Teil auf dem Schubkarrenrad. Den Rest der Last muss man selbst tragen. Ganz anders bei der chinesischen Schubkarre. Die gesamte Last liegt dort auf dem Rad, das auch viel größer ist.
Man braucht keine Kraft aufzuwenden um die Last über dem Boden zu halten und das Aufsetzen der Karre auf dem Boden zu verhindern. Diese Veränderung macht die Schubkarre langstreckentauglich. Dabei hilft auch das größere Rad. Mit einem größeren Rad lassen sich Unebenheiten auf der Straße viel einfacher bewältigen. Es ist kein Problem mit solch einer robusten Konstruktion einige hundert Kilogramm zu transportieren und auch der Transport von Menschen war durchaus üblich:
(Quelle: LowTechMagazine)
Je nach Konstruktion wurden bis zu sechs Menschen auf einer Schubkarre transportiert – drei links und drei rechts vom Rad. Das große Gewicht ist kein Problem, so lange die Last nur gut ausbalanciert ist. Einzig die Reibungskräfte und Anstiege können einem ernsthaft zu schaffen machen. Deswegen auch die Segel. Wenn der Wind aus der richtigen Richtung weht, kann er beim Schieben durchaus hilfreich sein. Wo kein Wind weht, konnten auch Tiere vor die Schubkarre gespannt werden. Das ganze wurde dann wie ein Pflug gezogen, mit dem Anschieber hinten dran um die Balance zu halten.
(Quelle: LowTechMagazine)
Der Grund, weshalb sich diese Schubkarren mit nur einem Rad gehalten haben, ist die Infrastruktur. Die Schubkarre ist ein einspuriges Fahrzeug und kommt mit sehr viel schmaleren Straßen zurecht als ein zweispuriges Fahrzeug. Da die chinesische Zivilisation im Lauf der Geschichte viele Höhen und Tiefen durchlebt hat, in denen Straßen gebaut wurden die letztlich wieder zerfielen. Mit einer Schubkarre kann man um Schlaglöcher herum navigieren, die ein zwei- oder vierrädriger Wagen unweigerlich durchfahren würde. So hat sich die Schubkarre auch langfristig als praktisches Transportgerät erhalten.
Ob man nun allen ernstes den wirtschaftlichen Vorsprung Chinas durch den effizienteren Transport mit Schubkarren erklären sollte, ist eher zweifelhaft (der Artikel im LowTechMagazine deutet das zumindest an. Ich empfehle ihn trotzdem.). Aber dennoch finde ich diese Schubkarren mindestens genauso spannend und interessant wie ein Doppler-Radar oder ein atombombengetriebenes Raumschiff, einfach weil es eine gute Idee ist.
Also. Was geht mit Schubkarren?
Mehr als man denkt.
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