Wenn man Atome spaltet, bleibt etwas übrig. Man nennt es “Atommüll” und schreibt ihm jede Eigenschaft zu, die man für die aktuelle Politik gerade braucht. Von der Politik abgesehen, haben die benutzten Brennelemente aus unseren Kernkraftwerken auch Eigenschaften, die über bloße Rhetorik weit hinaus gehen.
Einiges davon habe ich in früheren Postings schon angedeutet, aber es wird Zeit, alles in einem Artikel zusammen zu bringen. Einige wichtige Grundlagen sind in den Artikeln “Elemente, Isotope und Radioaktivität” und “Was heißt hier eigentlich Spaltbar?“. Ein kleiner Teil des Artikels stammt aus “Radioisotopenbatterien(3)“. Wem etwas bekannt vor kommt ist bitte nicht böse, der Artikel ist leider einer der am wenigsten gelesenen hier im Blog. (Weshalb ich auch von mehrteiligen Serien abgerückt bin.) Aber zum Thema:
Nachdem der Kernbrennstoff den Reaktor verlassen hat, ist er stärker radioakiv als zuvor. Die Brennelemente in unseren Kernkraftwerken bestehen aus Uran und Stoffen, die aus Uran entstanden sind. Das Uranerz, das dafür abgebaut werden musste, war auch schon radioaktiv. Diese Radioaktivität entsteht aus dem Uran und den instabilen Stoffen, die bei dessen Zerfall nach und nach entstehen, bis es schließlich zu stabilem Blei wird.
Wird Uran gespalten, kann es nicht mehr auf diese Weise zerfallen und die Radioaktivität dieses Urans verschwindet von der Welt. Sie wird ersetzt durch die Radioaktivität von Stoffen, die bei der Kernspaltung und der Benutzung von Kernreaktoren entstehen. Ihre Radioaktivität ist zunächst deutlich stärker und schädlicher als die der natürlichen Stoffe, aus denen sie entstanden. Irgendwann ist die Radioaktivität dieser Stoffe für den Menschen weniger schädlich, als das natürliche Uranerz aus dem sie entstanden. Dann kann man auch vom Ende der Lagerung sprechen.
Mit natürlichen radioaktiven Stoffen müssen wir ohnehin umgehen und wir können mit Sicherheit sagen, dass ihre Schädlichkeit für die Menschheit sehr begrenzt ist. Deswegen ist das ein in jedem Fall akzeptables Kriterium. Es soll hier darum gehen, wie man dieses Kriterium erreicht und wie lange das dauert.
Spaltprodukte
Die Kernspaltung an sich ist der offensichtlichste und auch absolut unvermeidliche Weg, wie in einem Kernreaktor stark radioaktives Material entsteht. Ein großes Atom (wie U-235) wird gespalten und es kommen zwei kleinere Atome heraus. Die Spaltung passiert dabei nach dem Zufallsprinzip. Das genaue Ergebnis läßt sich im Einzelfall nicht vorhersagen. Fest steht nur: Meistens wird kein stabiles Atom dabei heraus kommen. Große Atomkerne brauchen viel mehr Neutronen um stabil zu sein als kleine Atomkerne. Diese Form von radioaktivem Abfall ist bei der Kernspaltung unvermeidlich. In der englischen Wikipedia gibt es eine gute Darstellung der Spaltprodukte:
Wir sehen die Halbwertszeit in der Spalte links und die Spaltprodukte entsprechend ihrer Häufigkeit rechts. Wie man sieht entstehen bei der Kernspaltung nur Stoffe mit Halbwertszeiten zwischen 4 und 97 Jahren, sowie zwischen 210.000 Jahren und 15mio Jahren. Die Radioaktivität in der erste Gruppe ist nach etwa 300 Jahren bedeutungslos und es gibt auch Stoffe mit noch kürzeren Halbwertszeiten. Diese Stoffe werden noch schneller zu stabilen Stoffen, sind bis dahin aber auch viel stärker radioaktiv. Wegen ihnen müssen Brennstäbe nach der Entfernung aus dem Reaktor zunächst 1-2 Jahre in einem Abklingbecken gekühlt gelagert werden. Für den langfristigen Umgang sind sie aber nicht interessant.
Die Stoffe mit denen wir es hier zu tun haben, sind allesamt Betastrahler von denen einige auch Gammastrahlen abgeben. Nach der Spaltung sind sie zu klein, um noch durch Alpha-Zerfall zu zerfallen. Das ist äußerst wichtig aus Sicht der Radiotoxikologie.
Wie schädlich sind Spaltprodukte?
Beta- und Gammastrahler richten mit der gleichen Energiemenge sehr viel weniger Schaden in Geweben des Körpers an als Alpha-Strahler. Allgemein anerkannt ist dabei ein Faktor (“Qualitätsfaktor”) von 20 für Alpha-Strahlung, 5 für Neutronen und 1 für Gamma und Beta. Es braucht also Beta-Zerfälle mit insgesamt 100MeV Energie um den gleichen Gewebeschaden anzurichten, wie ein typischer Alpha-Zerfall mit 5MeV.
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