Die englische Wikipedia hat eine Tabelle zu den 7 langlebigen Spaltprodukten, in der die wichtigsten Daten aufgeführt sind:
Nach dem Namen des Isotops folgen in der Tabelle die Halbwertszeit in Millionen Jahren. Der “Yield” sagt, wieviele Atome dieses Isotops bei der Kernspaltung entstehen. Bei der Spaltung von 100 Uran-235 Atomen entstehen also etwa 6 Atome Tc-99. (Weil immer 2 Atome entstehen, würden sich die Prozentzahlen zu 200% addieren. Leider gibt es zwei Konventionen und es gibt auch Tabellen, in denen die Werte halb so groß sind und sich zu 100% addieren.) Der dritte Wert gibt die Zerfallsenergie an und der letzte schließlich die Art des Zerfalls.
Es ist also nicht nur wichtig zu wissen, wieviele Atome pro Sekunde zerfallen, sondern auch welche Atome es sind. Das natürliche Uran-238 zerfällt zum Beispiel in mehreren Schritten zu Blei-206. Auf dem Weg kommt es unweigerlich zu 8 Alpha-Zerfällen mit zusammen 40MeV Energie. Im Körper können sie damit aber den gleichen Schaden anrichten wie Beta-Zerfälle mit 800MeV Energie. Die Beta-Zerfälle, die dabei auch auftreten, spielen für die Frage nach Gesundheitsschäden aber schon fast keine Rolle mehr.
Das häufigste Uranisotop, Uran-238, hat eine Halbwertszeit von 4,5Mrd Jahren. Es zerfallen also pro Sekunde immer nur wenige Atome. Aber der potentielle Schaden der aus jedem Zerfall eines Uran-238 Atoms und bis hin zu Blei-206 resultieren kann, ist so groß wie der Schaden von 1000 Beta-Zerfällen mit 800keV Energie.
Die Zahl der Zerfälle ist immer proportional zur Zahl der Atome und umgekehrt proportional zur Halbwertszeit. Wenn man doppelt so viele Atome hat, werden doppelt so viele Atome pro Sekunde zerfallen. Wenn es doppelt so lange dauert, bis die Hälfte der Atome zerfallen ist, dann werden nur halb so viele Atome pro Sekunde zerfallen. Der mit Abstand wichtigste langlebige Stoff in der Tabelle ist deswegen Techntium-99 (Tc-99).
Es hat etwa 0,2mio Jahre Halbwertszeit, eine Zerfallsenergie von etwa 300keV und eines dieser Atome entsteht aus etwa 16 gespaltenen Atomen. Im Vergleich dazu hat Uran-238 die rund 21.500fache Halbwertszeit und eine Zerfallskette mit der 2666 fachen Schädlichkeit. Im Vergleich zu Uran-238 ist Tc-99 von Anfang an also nur halb so schädlich.
Tc-99 entsteht 60 mal so häufig wie Sn-126 (Zinn-126), hat aber nur 1/14tel der Zerfallsenergie. Sn-126 kommt damit auf ein Viertel des Wertes von Tc-99. Zirkonium-93 ist etwas seltener als Tc-99 und hat nur ein Drittel der Zerfallsenergie. Außerdem hat es fast die 8-fache Halbwertszeit. Die Schädlichkeit liegt deshalb nur bei etwa 4% des Niveaus von Tc-99.
Die langlebigen Spaltprodukte stehen einem früheren Ende der Lagerung von Brennelementen also nicht entgegen. Das ist gut. Denn es ist unvermeidlich, dass diese Stoffe in einem Kernreaktor entstehen. Aber trotzdem wäre es gut, wenn man etwas gegen die lange Halbwertszeit einiger dieser Stoffe tun könnte. Es bliebe dann mehr Spielraum für andere Stoffe, die beim Betrieb eines Kernreaktors ebenso entstehen.
Transmutation von Spaltprodukten
Tatsächlich gibt es diese Möglichkeit und ein gutes Beispiel ist Cäsium-135. Im Gegensatz zu Cs-137 mit 30 Jahren Halbwertszeit und Cs-134 mit 2 jahren Halbwertszeit hat Cs-135 eine Halbwertszeit von über 2 Millionen Jahren. Es entsteht so häufig, dass es vom Niveau der Schädlichkeit knapp über dem Niveau von Zirkonium-93 läge. Aber es tritt in Brennelementen tatsächlich nicht im Ansatz so häufig auf, wie es die Tabelle vermuten lassen würde.
Cs-135 würde aus dem Zerfall von Xenon-135 entstehen. Aber Xenon-135 hat eine extrem gute Fähigkeit, Neutronen zu absorbieren und sich dabei in stabiles Xenon-136 zu verwandeln. Neutronen gibt es in Kernreaktoren mehr als genug und letztlich hat nur sehr wenig Xenon-135 genug Zeit zu Cs-135 zu werden. (Ok, Xenon-136 ist radioaktiv, aber mit einer Halbwertszeit die über 400 Milliarden mal so lang ist, wie die von Uran-238.)
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