Vom Sprachunterricht abgesehen, ist kaum ein Teil des Schulunterrichts so sehr von nationalen Gegebenheiten geprägt, wie der Geschichtsunterricht. Wir lernen Karl den Großen als eine der wichtigsten Figuren der deutschen Geschichte kennen, die Franzosen kennen den Kerl Karl Mensch als Charlemagne, Vater der Franzosen. Das britische Wirtschaftsmagazin “Economist” benennt ihre Europakolumne Charlemagne, denn vielen gilt “unser” Karl der Große als Ursprung der europäischen Idee. Aber kein Land in Europa kann es sich leisten, nur die Geschichte der eigenen Nation zu unterrichten. Denn in Europa ist alles viel zu verworren. Das Resultat ist ein Geschichtsunterricht, der national geprägt und grundsätzlich eurozentrisch ist.
In den USA gibt es keinen allgemeinen Geschichtsunterricht, der für alle Schüler verpflichtend. Stattdessen wird in den Schulen nur die Geschichte der USA unterrichtet. Das ist an sich durchaus schlecht und vielen Amerikanern ist das auch bewusst. Das hat nun auf der einen Seite zur Folge, dass das Wissen um die Geschichte und auch die Geographie außerhalb der USA unter den Amerikanern recht dürftig ist.
Auf der anderen Seite hat diese Tatsache auch eine Gegenbewegung hervorgebracht, den Versuch die Geschichte der ganzen Welt außerhalb der USA zu erzählen. Zumindest so weit das im Rahmen eines optionalen Schul- oder Studienfachs möglich ist. Daraus wurde das Fach Weltgeschichte, bzw. “world history”.
Richard Bulliet ist inzwischen emeritierter Professor für Geschichte und gab eine seiner letzten Vorlesungsreihen in dem Fach Weltgeschichte. Sie wurden größtenteils aufgezeichnet, wenn auch leider mit Tonproblemen in einigen Vorlesungen. Die erste Vorlesung der Reihe, beschäftigt sich aber nicht mit Weltgeschichte, sondern mit der Geschichte des Studienfachs Weltgeschichte:
Die Vorlesungsreihe besteht letztlich aus einer fundamentalen Kritik eines Lehrbuchs für Weltgeschichte “The Earth and Its Peoples” (und gelegentlich der Bücher von Jared Diamond), die vor allem deshalb so interessant ist, weil er selbst ein maßgeblicher Autor dieses Lehrbuchs ist und im Laufe der Reihe sehr viel von der Arbeit an Lehrbüchern hinter den Kulissen erzählt.
Er beklagt dabei auch immer wieder, dass das Fach Weltgeschichte am Ende natürlich doch nicht neutral ist. Das Fach ist relativ jung und wurde natürlich von Historikern gegründet, die aus der klassischen Ausbildung stammen und entsprechend auf eine bestimmte Ära, ein bestimmtes Gebiet oder eine bestimmte Kultur spezialisiert sind. Damit aber fallen viele Gebiete weg, in denen es wenige Experten gibt. Vor allem Kulturen ohne schriftliche Aufzeichungen kommen fast grundsätzlich zu kurz, damit vor allem afrikanische Kulturen und alte Amerikanische.
Einen sehr guten inhaltlichen und unterhaltsamen Überblick gibt da der “CrashCourse World History” auf Youtube, auch mit deutschen und englischen Untertiteln. Außerdem fängt die erste Folge mit der besten Einführung an, mit der ein Kurs für ein Schulfach überhaupt beginnen kann – und sie gilt für jedes Fach!
Den CrashCourse gibt es in zwei Serien mit zwei unterschiedlichen Herangehensweisen und das ist durchaus repräsentativ für das Feld, oder zumindest für die Lehrbücher. Die erste Serie geht das Thema chronologisch an, beginnend mit der Jungsteinzeit und den ersten Bauern. Die zweite Serie geht hingegen thematisch vor und verbindet dabei auch verschiedene Länder und Zeiten.
Da die ganze Sache aus den USA kommt, gibt es natürlich auch einen CrashCourse US History.
Und dann gibt es noch einen Zweig, der denkt, dass Weltgeschichte viel zu klein gedacht ist. Der nennt sich “Big History”, fängt üblicherweise mit dem Urknall an, geht mit der Entstehung von Sternen und Planeten weiter und kommt dann zur Entstehung des Lebens und allem was folgt. “Big History” umfasst entsprechend auch ganz andere Themen und Fachbereiche, als die meisten anderen Geschichtskurse (und gilt bei einigen Historikern als entsprechend dubios). Auch dafür gibt es einen Überblick im CrashCourse Format:
Und ja. Ich habe sie alle gesehen. Alle. Die Suchtgefahr ist nicht zu unterschätzen.
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