Wie ich schon einmal schrieb, gibt es derzeit keinerlei Knappheit von neuen Konzepten die kleine Satelliten ins All bringen sollen. Gestern lief mir ein Konzept aus der Schweiz über den Weg, das bisher zumindest einige wunderschöne Rendergraphiken hervorgebracht hat. (Die Lackierung ihres Gleiters scheint wohl noch nicht fest zu stehen, sie ist auf jedem Bild anders. Alle Bilder dieses Beitrags stammen von S-3.)
Die schweizer Firma hört auf den wenig überraschenden Namen Swiss Space Systems oder S-3. Der Gleiter startet auch nicht vom Boden aus, sondern wird huckepack auf einem Airbus in die Luft gebracht und von dort gestartet:
Der Gleiter soll später auch Menschen auf suborbitalen Flügen transportieren. Aber davor soll in seinem Inneren eine Raketenstufe mit Nutzlast untergebracht werden. Die wird dann auf 80km Höhe mit einem Roboterarm freigesetzt und soll bis zu 250kg in einen niedrigen Erdorbit bringen können.
Von dem Freisetzungsmanöver gibt es derzeit noch nicht einmal Renderbilder. Entweder man will nicht verraten wie das gehen soll, oder man ist noch nicht so weit. Der erste Flug soll schon in drei Jahren sein. Den ganzen Flug stellt man sich dann so vor:
Über die Technik wird bisher auch nur verraten, dass die Rakete mit Kerosin und Sauerstoff angetrieben werden soll. Der Gleiter soll mit einem russischen NK-39 Triebwerk angetrieben werden. Über die Geschwindigkeit in der Höhe wird nichts verraten, über das Triebwerk der Oberstufe auch nicht. Sehr viel verraten wird dagegen über Möglichkeiten, in die Firma zu investieren.
Einzig eine französische Pressemitteilung spricht davon, dass das System später einmal Passagierflüge mit Mach 3 ermöglichen würde. Das alles macht mich nun etwas skeptisch, wenn ich mir das Bild von der Oberstufe mit dem Satelliten so anschaue. Smart-1 war eine 367kg schwere Raumsonde, die zum Mond geflogen ist. Sie war 157 cm x 115 cm x104cm groß. Ein typischer 250kg Satellit wäre also etwa ein Kubikmeter groß. Die Raketenstufe auf dem Bild ist nicht einmal doppelt so groß wie der Satellit und hätte bestensfalls 2t Treibstoff an Bord.
Der Satellit wird wegen des höheren Orbits immernoch etwa 7km/s an zusätzlicher Geschwindigkeit brauchen.
Den spezifischen Impuls muss man wegen des Treibstoffs mit bestenfalls 3,5km/s annehmen, falls die russischen Partner ein derart kleines Triebwerk im Hauptstromverfahren im Angebot haben. (Ich kenne keins mit weniger als 8t Schub, was viel zu viel wäre.) Aber wahrscheinlich ist es ein druckgefördertes Triebwerk mit nur etwa 3,2km/s. Also nehmen wir grob an, dass die Endgeschwindigkeit etwa 2,2 mal so groß sein muss, wie die Ausströmgeschwindigkeit.
Dann dürfen Nutzlast, Tanks und Triebwerk höchstens 11% der Gesamtmasse ausmachen. Der Rest ist Treibstoff. Die Stufe mit Triebwerk wiegen optimistisch gedacht 6% der Gesamtmasse. Es bleiben noch etwa 5% für die Nutzlast übrig. Die ganze Stufe wiegt dann 5 Tonnen und braucht knapp 4,5t Treibstoff. Das Bild von der Nutzlast mit ihrer Raketenstufe vermittelt aber nicht wirklich diesen Eindruck.
Sollten die Russen ein kleines, effizientes Triebwerk aus dem Ärmel schütteln können, dürften Nutzlast, Triebwerk und Tanks immerhin 13,5% der Gesamtmasse ausmachen. Gehen wieder 6% für Triebwerk und Tanks ab, blieben diesmal 7,5% für die Nutzlast übrig und man braucht immernoch 3,3t Treibstoff die nicht in die Tanks passen.
Selbst wenn man noch 0,5km/s abzieht, weil sich die Erde dreht und sich die 250kg vielleicht nicht auf den üblichen sonnensychronen Orbit beziehen, wird es nicht viel besser. Im dem Fall dürfte die Leermasse 15% betragen, man bräuchte immernoch 2,8t Treibstoff und wäre nun einen äquatornahen Orbit beschränkt. Und man bräuchte ein kleines Ingenieurswunder in Form des kleinsten Kerosintriebwerks im Hauptstromverfahren der Welt. Damit hätte die Firma aber sicherlich schon Werbung gemacht.
Ein Flug soll jedenfalls trotz Wiederverwendbarkeit des Gleiters und des Trägerflugzeugs 10mio Schweizer Franken kosten. Etwas mehr als etwa eine Firefly Alpha kosten soll, die aber mehr Nutzlast haben soll.
Kommentare (3)