Dort spielen Fischbestände beim Erfolg des Naturschutzes keine Rolle mehr. Vielmehr werden Nitrat- und Phosphatwerte diskutiert. Wenn die Werte höher sind als im natürlichen Gleichgewicht zu erwarten wäre, spricht man von einem “verschmutzten Gewässer”. In diesen Diskussionen wird dann unterschlagen, dass Nitrate und Phosphate keineswegs Schadstoffe, sondern lebenswichtige Nährstoffe sind. Es wird ebenso unterschlagen, dass die natürlichen Werte extrem niedrig sind und höhere Werte keinerlei Schadwirkung haben. Die niedrigen natürlichen Werte stellen nur einen natürlichen Mangel dar. Genau diese Diskussion findet gerade im Fall des Bodensees statt.
Nun war der Ursprung der Diskussion, dass man Solaranlagen nur auf Konversionsflächen bauen würde, die ohnehin ökologisch Minderwertig sind (Zitat: “Ökologisch Scheiße”). Im Lauf der Diskussion wurde aus der gerade noch ökologisch minderwertigen Konversionsfläche, ein ökologisch wertvoller Magertrockenrasen dessen ökologischer Wert durch ständige Eingriffe (Rasenmähen/Schafe) erhalten wird.
Die Diskussionsmuster von weiter oben sind hier nun noch etwas weiter getrieben worden. Denn der Eingriff durch den Bau einer Solaranlage auf einer Freilandfläche führt zur vollständigen Abwesenheit aller Holzgewächse und aller größeren Pflanzen, sowie aller größeren frei lebenden Tiere. Von dem Einsatz der Baumaschinen, der Baumaßnahmen selbst und der unnatürlichen Abschattung der Landschaft ganz abgesehen. Eine Konversionsfläche ohne Solaranlage ist ganz ohne Zweifel ökologisch viel höher zu bewerten, als die gleiche Fläche unter den Einschränkungen des Baus und Betriebs einer Solaranlage.
Die ökologische Bewertung ist trotz dieser objektiven Schädigung vom pessimistisch Negativen, ins optimistisch Positive gekippt. Nach einer objektiven Verschlechterung des ökologischen Zustandes wurde ein Ökosystem das zuvor “ökologisch Scheiße” war, zu einem Ökosystem dessen ökologischer Nutzen mit allen Mitteln gelobt und verteidigt werden muss.
Wenn die Diskussion ihren Geist verliert
Eine Diskussion, in der so etwas passieren kann und dennoch unhinterfragt auf Richtigkeit des eigenen Standpunkts gepocht wird, ist keine Diskussion. Es ist ein Aufzwingen eines Standpunktes, ohne dass der Sinngehalt der vorgebrachten Argumente noch wirklich zur Anwendung kommt. Die Argumente und ihre sachlichen und logischen Aussagen sind völlig egal geworden. Es zählt nicht, ob die Argumentation schlüssig ist. Es zählt nur, dass die Argumente dem eigenen Standpunkt dienen.
Dabei soll das keine Anklage an den Kommentator sein. Diese Form der Argumentation ist inzwischen gesellschaftlich tief verankert und ich möchte niemanden persönlich für ein Verhalten zur Verantwortung ziehen, das von großen Teilen der Gesellschaft an den Tag gelegt wird.
Solche Widersprüche sind Anzeichen dafür, dass die ökologischen Werte von denen man spricht nicht der Kern der Debatte sind. Wenn so eine Debatte dann dauernd auf die gleiche Weise fortgesetzt wird, dann muss man davon ausgehen, dass sich die Diskutanten dieser Tatsache nicht bewusst sind.
Genau deswegen wollte ich die Diskussion so nicht fortsetzen.
Es geht in der Diskussion nicht um eine ökologische Bewertung und auch nicht um Biodiversität. Viel eher geht es um eine konservative Haltung und zwar im Wortsinn (Konservierung = Erhaltung). Es soll die Landschaft so erhalten bleiben, wie sie in der kulturellen Erinnerung “schon immer war”. Das ist keine falsche Haltung und ich kann ihr sehr viel abgewinnen. Der ganze Artikel über Solaranlagen ist Ausdruck einer konservativen Haltung meinerseits: Man sollte Landschaften nicht mit hunderten Quadratkilometern Solaranlagen überziehen, zumal es viele Alternativen dazu mit viel kleinerem Einfluss gibt. Mindestens sollte man von Widerstand gegen solche Vorhaben nicht überrascht sein.
Die Haltung ist aber auch nicht die allein gültige. Genauso wenig wie die Maximierung der Biodiversität, die Maximierung der Fischbestände oder die Minimierung von Phosphat- und Nitratwerten eine alleingültige Haltung sein kann.
Der Mensch wird meistens aus Diskussionen als bloßer Störfaktor des Ökosystems ausgeklammert, was ein großer Teil des Problems ist. Weder war der Einfluss des Menschen auf das Ökosystem früher minimal, noch ist er es heute. Deswegen scheitern auch immer wieder Diskussionen auf Grundlage der bloßen Erhaltung. Was erhalten werden soll, ist kein natürlicher Zustand, sondern der natürliche Zustand während einer anderen Form der menschlichen Nutzung der Landschaft zu einer früheren Zeit. So wie man sagt, dass die Lüneburger Heide nicht verbuschen darf, obwohl der gesamte Zustand der Heidelandschaft nur auf Nutzung durch den Menschen beruht.
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