Die Magnox Reaktoren hatten Anfangs noch Behälter aus Stahl, was wegen des geringeren Drucks durchaus möglich war. Aber später nutzte man mit Stahl ausgekleidete Behälter aus Spannbeton, wie er etwa auch beim Bau von Staudämmen und Brücken üblich ist.

 

Anders als CO2, ist Wasser im Inneren eines Kernreaktors aber niemals nur ein Kühlmittel. Das CO2 hat trotz des Drucks von 7-27 bar (je nach Bauart) schon nur einen Bruchteil der Dichte als Wasser. Dazu kommen noch die viel kleineren Neutronenquerschnitte. Im Resultat ändert sich an den restlichen Eigenschaften des Reaktors praktisch nichts, wenn CO2 als Kühlmittel aus dem Reaktor entkommt.

Wasser ist dagegen ein sehr guter Moderator für Neutronen, absorbiert Neutronen aber gleichzeitig auch. Wenn das Wasser in den Druckröhren fehlt, dann gibt es innerhalb der Druckröhren mehr Neutronen die noch dazu schneller sind. Die schnellen Neutronen gehen aber nicht verloren, weil sie früher oder später in den Moderator geraten und abgebremst werden. Davor haben sie aber noch die Chance Atome zu spalten bevor sie abgebremst werden, wobei mehr Neutronen als sonst frei werden. Beides zusammen verändert die Reaktorphysik ganz erheblich, wenn das Wasser aus den Druckröhren verschwindet.

Wie genau das sich die Reaktorphysik verändert und unter welchen Umständen würde hier zu weit führen. Es kommt dann später in einen Artikel nur zu diesem Reaktortyp und den Unfall von Tschernobyl. Ich habe gerade versucht eine kurze Erklärung zu schreiben, aber die wäre entweder zu sehr verkürzt und vereinfacht (wie sonst überall), oder sie würde einfach nur verwirren. Also lasse ich das für’s erste.

Der Nachteil von CO2 als Kühlmittel

Das CO2 ist der große Vorteil und der große Nachteil der englischen Magnox Reaktoren. Es ist für einen Reaktor als Kühlmittel gut geeignet. Aber man kann nicht auf einen Jahrhunderte alten Erfahrungsschatz zurückgreifen wie beim Wasser. Wasser wurde in allen möglichen Dingen unter hohem Druck und hohen Temperaturen verwendet, vom Schnellkochtopf zur Heizung, von der Dampflokomotive bis zu den Turbinen mit denen die Reaktoren den Strom erzeugten. Fehlende Erfahrung im Umgang mit CO2 machte solche Reaktoren teuer und in einigen Bereichen fehleranfällig.

Anders als beim Wasser kannte man sich zum Beispiel noch nicht mit den Korrosionseigenschaften von heißem CO2 unter hohem Druck aus. Deswegen musste man nach einigen Jahren die Temperaturen im Reaktor senken, als sich zeigt, dass die Korrosion weiter fortgeschritten war, als man erwartet hat. Das senkte die Leistung. Aber es war natürlich nur möglich das zu tun, weil man vorsichtig war und die Reaktoren regelmäßig untersucht hat. (Man verweist ja sehr gern auf Fehler die von den Betreibern selbst gefunden wurden und behauptet, es wäre ein Beleg für Inkompetenz.) Solche Probleme sorgen für höheren Wartungsaufwand und können die Leistung oder Lebensdauer erheblich einschränken. Rein wirtschaftlich betrachtet ist das ein sehr großes Problem für ein Kraftwerk, dass über Jahrzehnte laufen muss, um sich zu rechnen. Aber die Probleme stellen sich langsam ein und sind deswegen kein akutes Sicherheitsproblem.

Die Vorteile von CO2 als Kühlmittel

Die Verwendung von Gas als Kühlmittel hat auch einige große Vorteile. Gas hat nicht nur wenig Einfluss auf die Kettenreaktion im Reaktor, es verändert auch nicht plötzlich seine Kühleigenschaften. Wenn flüssiges Wasser verdampft, verliert es fast die gesamte Kühlwirkung. Mit Gas kann das nicht passieren. Die Spielräume für die Temperatur, gerade im Notfall, werden dadurch viel größer.

Höhere Temperaturen führen zur Ausdehnung der Brennstäbe und besserer Absorbtion von Neutronen. Das verlangsamt die Kettenreaktion. Um so größer die Spielräume für die Temperaturen sind, um so besser für sie Sicherheit des Reaktors. Vor allem ist immer gewährleistet, dass ein heißerer Reaktor immer zu einer schlechteren Reaktivität führt. Es kann somit also nicht passieren, dass sich die Kettenreaktion in einem heißen Reaktor sich wegen der Hitze noch weiter verstärkt.

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Kommentare (12)

  1. #1 Gerry
    10. Juni 2015

    PRIS listet nur einen HTR-PM (SHIDAO BAY-1). Wo steht denn der zweite Bau?

    • #2 wasgeht
      10. Juni 2015

      Das sind zwei Reaktoren die eine Turbine antreiben.

  2. #3 Karl Mistelberger
    10. Juni 2015

    > Daraufhin wurde in den USA eilig der Experimentalreaktor BOXAX II (ein Siedewasserreaktor) mit einer Dampfturbine und einem Generator versehen und in BORAX III umbenannt.

    Das ist ein Gerücht. Tatsächlich wurde mit Borax II ein destruktives Experiment ausgeführt:

    By early summer of 1954, the upgraded reactor designated Borax II was ready for a new series of interesting experiments, culminating in a final test to the destruction of the reactor. … Preparations to test Borax II to destruction required modification of the center control rod drive so that a large amount of reactivity (2.6% delta K over K) could be injected into the reactor as fast as possible. I designed the trigger mechanism to fire the control rod down out of the reactor.

    Aus: THE STORY OF THE BORAX NUCLEAR REACTOR von Ray Haroldsen

  3. #5 DasKleineTeilchen
    11. Juni 2015

    momentchen, versteh ich das richtig? die haben in DER hütte mit absicht ne kernschmelze (“…the test melted a major fraction of the entire core.”) provoziert?!?

    äääähm, darwin-award anyone?

    • #6 wasgeht
      11. Juni 2015

      Nein. Nicht in der Hütte. Es gab keine Hütte um den Reaktor, mit dem sie das getan hatten. Der war nichts anderes als ein offener Behälter. Eine dickere Regentonne mit Brennelementen und Steuerstäben drin. – Weit draußen in der Wüste, versteht sich.

      Allerdings ist der Kern kaum gelaufen. Es wurden kaum Atome in den Brennelementen gespalten, weshalb entsprechend wenig Spaltprodukte drin waren. Wir sprechen von Prozentbruchteilen des ersten Atombombentests und vielleicht einem hunderttausendstel der Menge in Tschernobyl oder Fukushima.

      Was nie drin war, kann auch nicht raus gekommen sein. Deswegen war es nicht halb so verantwortungslos wie es erst einmal aussieht. Allerdings hat der Testleiter auch selbst etwas in der Richtung gesagt wie “Boys, I don’t know if we’re ever going to be famous, but we sure as hell will be notorious.”

      Video dazu gibt es hier:

  4. #7 Lutz Donnerhacke
    11. Juni 2015

    “ist die Queen war immernoch”?

    • #8 wasgeht
      11. Juni 2015

      Ok. Den Satz habe ich entweder einmal zu oft, oder einmal zu wenig bearbeitet …

  5. #9 Karl Mistelberger
    11. Juni 2015

    > #4 wasgeht, 10. Juni 2015
    > Und ich Idiot schau mal schnell bei der Wikipedia rein, weil man will ja nix falsches schreiben, statt nochmal dort nachzulesen …

    Bei sorgfältigem Lesen von https://en.wikipedia.org/wiki/BORAX_experiments ist der Fall wohl klar doch ein lapidarer Satz wie “In March 1955 BORAX-II was intentionally destroyed by taking the reactor ‘prompt critical’.” und ein 80 Seiten langer Bericht eines Augenzeugen machen schon einen Unterschied.

    Schmunzeln musste ich über den Bericht eines aufgeweckten Touristen, der sich über das Auftreten von Geysiren in den ziemlich trockenen Ebenen am Schlangenfluss wunderte.

    Der US-Army waren die BORAX Experimente wohl bekannt, doch ernsthafte Konsequenzen hat sie erst daraus gezogen, als sie unfreiwilligerweise noch weitergehende Erfahrungen machte: https://en.wikipedia.org/wiki/SL-1

  6. #10 Struppi
    11. Juni 2015

    Wieso schreibst du Sowjetunion so anders?

    • #11 wasgeht
      11. Juni 2015

      Weil ich fast nur englische Quellen lese und die schreiben Sovietunion … und irgendwann kommt einem das völlig normal vor.

  7. #12 DasKleineTeilchen
    12. Juni 2015

    @frank:

    alles klar, danke; ich seh auch jetzt erst (escht, erlisch), daß die von mir verlinkte illu BORAX-V zeigt. hätte mir bei der abgebildeten technik eigentlich auffallen müssen, sorry.

    @karl: yep, SL-1 war wirklich ne unschöne nummer; der film der abschlusskommission lohnt, alleine schon wegen der bizarren musikuntermalung, die so garnicht zu der thematik “nuklearer unfall” passt…bzw *überhaupt nicht* zu irgendwas.