Auf diese Weise lassen sich Zustände erreichen, die man im normalen Betrieb eines Reaktors sehr leicht vermeiden kann. Ab einem bestimmten Punkt kannte man das Verhalten des Reaktors schließlich gut genug um zu wissen, wie man den Reaktor noch weiter umbauen muss, um ihn dennoch durch die eigene Kernreaktion zerstören zerstören zu können. Der Federmechanismus allein reichte nicht. Man brauchte für diese Reaktion auch noch mehr Platten aus hochangereichertem Uran als bei den vorangegangenen Tests, um die nötige Reaktivität in der kurzen Zeit bis sich die Blasen bilden erreichen zu können.
Dieses Experiment wurde angekündigt genehmigt.
Selbstverständlich wartete man vorher ab, bis der Wind in Richtung der unbewohnten Gegend im Südwesten zog. Zuvor wurde der Reaktor im kalten Zustand (in dem es am längsten dauert, bis sich erste Blasen bilden) bis an den Rand der Kettenreaktion gebracht und dann wurde der zentrale Steuerstab mit Hilfe der Schwerkraft und des Federmechanismus an dem Reaktor befördert. Natürlich aus sicherer Entfernung. Die folgende Reaktion dauerte nur Millisekunden, aber der Reaktor erreichte dabei für Sekundenbruchteile eine maximale Leistung von 19GW. Insgesamt wurden 135MJ Energie freigesetzt, ein Teil davon auch als mechanische Energie. Die reichte aus, um den Reaktor zu zerstören. Den Originalbericht über dieses Experiment aus dem Jahr 1954 kann man hier lesen. (Man beachte die zweite Seite. Er wurde schon 1955 für die Öffentlichkeit freigegeben.)
15 Minuten nach dem Experiment maß man in 1,2km Entfernung (in Windrichtung) eine Strahlendosis von 5 Milliröntgen pro Stunde, ein Meter über dem Boden. Das sind 50 Mikrosievert pro Stunde. Nach einer Stunde maß man zwei Zentimeter(!) über dem Boden noch 60 Mikrosievert pro Stunde. Ein Tag später waren es 0,5 Mikrosievert pro Stunde. (Das 3x der typischen Hintergrundstrahlung etwa in Berlin.)
In der unmittelbaren Umgebung des Reaktors war die Strahlung natürlich deutlich höher. Auf Seite 80 des Berichts findet man eine Karte, die ein etwa 100m langes, 30m breites Gebiet zeigt. Darin lag etwa 2 Wochen später die Strahlung zwischen 0,01 Mikrosievert (am Rand) bis (deutlich) über 5 Mikrosievert pro Stunde in der Mitte. Auf dieser Fläche wurde die oberste Bodenschicht zur Dekontaminierung abgetragen und abschließend mit 15cm Schotter und Kies bedeckt.
Das Experiment war durchaus wichtig. Denn die Vorhersage war eine Freisetzung von nur 80MJ gewesen. In den Jahren nach 1954 wurden weitere Experimente durchgeführt, um das genaue Verhalten vollständig verstehen zu können. Leider führten die Ergebnisse nicht dazu, dass auch Testreaktoren mit niedriger Leistung, die nicht für den allgemeinen Gebrauch gedacht waren, an Sicherheitsrichtlinien gebunden wurden.
Das führte 1961 letztlich zum Unfall des SL-1, über den ich später einmal schreiben werde. (Ich habe keine konkreten Quellen zur Kontaminierung der Umgebung zur Hand. Die wollte ich aber schon gern haben.)
Noch mehr über das BORAX Experiment gibt es hier zu lesen. Und hier kann man auf Seite 108 etwas über den ganz am Anfang angesprochen Unfall lesen, auf Seite 109 ist dann der Borax Reaktor erwähnt und auf Seite 111 der SL-1.
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