Es gibt immer wieder Situationen, die völlig harmlos wirken, aber tatsächlich extrem gefährlich sind. Dazu gehören Staubexplosionen. Das Phänomen ist gut bekannt und gehört zum Standardprogramm bei der Ausbildung in der Anlagen- und Sicherheitstechnik. Aber leider gehört es nicht zur Allgemeinbildung.
Und so kann es leider zu schweren Unfällen kommen, wie am Samstag in Taiwan. Auf einer Party wollte man Farbpulver mit einem Gebläse in die Zuschauer blasen. Aber das Farbpulver, wahrscheinlich gefärbtes Mehl wie beim indischen Holi-Fest, entzündete sich und fügte den Gästen schwere Verbrennungen zu. Staubexplosionen wirken vielleicht im ersten Moment wie ein Witz. Und in dem Fall ging es auch mehr um einen schnellen Brand, eine Verpuffung oder Stichflamme, die zu teilweise schweren Brandverletzungen bei über 500 Besuchern führte.
Explosionen kennt man hauptsächlich von Schwarzpulver, Sprengstoffen, Gas oder Benzin. Staub dagegen wirkt harmlos, allenfalls ist er schlecht für die Lunge.
Aber das ändert sich, wenn man überlegt, was brennbares Gas in der Luft so gefährlich macht. Damit etwas brennen kann, muss ein brennbarer Stoff mit Luft in Berührung kommen. Nur dort wo der brennbare Stoff mit Luft in Berührung kommt, kann er brennen. Deswegen glüht Holzkohle auf dem Grill heller, wenn man dagegen bläst. Es kommt mehr Luft mit der heißen Holzkohle in Berührung und schon kann mehr Kohle in der gleichen Zeit verbrennen. Ein Gas dagegen vermischt sich sofort mit der Luft und kommt deswegen überall mit Luft in Berührung – und kann deswegen auch überall sofort verbrennen.
Und ein Staub aus einem brennbaren Material – wie zum Beispiel Mehl – ist fast das gleiche. Es ist ein fein verteiltes Material, das im Vergleich zur Masse eine sehr große Oberfläche hat. Das heißt, dass sehr viel von der Oberfläche mit Luft in Berührung kommt und potentiell verbrennen kann.
Ganz so leicht ist es aber nicht. Nur weil ein brennbares Gas mit Luft vermischt ist oder ein brennbarer Stoff mit Luft in Berührung kommt, fängt es nicht an zu verbrennen. Die Reaktion zwischen einem Gas wie Wasserstoff und der Luft passiert nur, wenn die Sauerstoff und Wasserstoff Moleküle mit ausreichend Energie aufeinander treffen. Wenn das passiert, dann reagiert Wasserstoff und Sauerstoff zu Wasser und es wird etwas Energie frei. Und das ist noch völlig harmlos. Die Energie aus der Reaktion von 2-3 Molekülen miteinander ist vernachlässigbar klein und wird an den Bedingungen nicht viel verändern. Sie reicht nicht, um sofort zu weiteren Reaktionen zu führen. Die Energie wird an die Luft in der Umgebung abgegeben und alles ist wieder gut.
Das ändert sich, wenn das Gas-Luft-Gemisch an einer Stelle mit einer gewissen Menge Energie aufgeheizt wird, die ausreicht, dass praktisch jede Kollision von brennbarem Gas und Sauerstoff zu einer Reaktion führt. Dann laufen in einem kleinen Raum so viele Reaktionen in so kurzer Zeit ab, dass die Energie praktisch keine Zeit mehr hat sich zu verflüchtigen. Die Reaktion hört dann erst auf, wenn der Brennstoff verbraucht ist.
Die Energie die dabei entsteht, ist nun nicht mehr vernachlässigbar klein. Sie heizt das Stoffgemisch in der Umgebung auf, und zwar so sehr, dass auch dort die Reaktion von allein, genauso schnell stattfinden kann. Der Unterschied zwischen einem Staub und einem Gas verwischt dabei sehr bald. Natürlich ist ein Gas, gerade Wasserstoff, sehr viel empfindlicher. Aber wenn in einem Staub ausreichend dichten, brennbaren Staub erst einmal an einer Stelle genug Hitze entstanden ist, dann kann die ganze Staubwolke in Brand geraten.
Wichtig ist dabei vor allem die gute Durchmischung von Staub und Luft. Deswegen ist der Staub beim Holi Festival meistens ungefährlich im allgemeinen nicht so leicht entzündlich. Er wird mit der Hand in die Luft geworfen, und der größte Teil des Staubs bleibt in Klumpen zusammen, nur zum Rand hin wird er zerstäubt. Aber wenn man den Staub, wie im Video der BBC in dem ersten Link zu sehen, mit Gebläsen in die Luft bläst, dann ist das nicht mehr der Fall.
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