Wenn man verschiedene Raketen gesehen hat, dann fällt einem bald auf, dass einige Raketen sehr viel dicker sind als andere. Das hat seinen guten Grund. Und um das zu erklären, zeige ich erst einmal ein Bild der zweiten Stufe der Falcon 9. (Man merkt, was derzeit in meinem Kopf vor sich geht. Ich hoffe, dort demnächst auch wieder Platz für anderes zu finden.)

2ndstage-dragon640

Das ist das schönste Bild dieser Stufe, dass ich bis jetzt gesehen habe. Was mir dabei vor allem ins Auge fiel, war, wie klein der Treibstofftank doch ist. Allerdings handelt es sich dabei auch noch um die erste Version der Falcon 9. Die neuere Falcon 9 v1.1 ist etwa 50% länger.

Das war auch ganz gut so, denn damit lässt sich ganz gut demonstrieren, weshalb manche Raketen vorzugsweise eher dick gebaut werden. Denn die verschiedenen Treibstoffe haben unterschiedliche Dichten. Die Falcon 9 benutzt Kerosin und flüssigen Sauerstoff. Die Mischung die dabei gebraucht wird, hat ungefähr die Dichte von Wasser – 1,03 Tonnen pro Kubikmeter.

Aber Kerosin ist nicht das non-plus-ultra der Brennstoffe. Methan liefert zum Beispiel Ausströmgeschwindigkeiten die etwa 100m/s schneller sind, als die von Kerosin. Allerdings hat das auch seinen Preis, denn flüssiges Methan hat mit etwa 360kg/Kubikmeter eine viel kleinere Dichte als Kerosin. Das der größte Teil der Masse aber aus flüssigem Sauerstoff besteht, kommt man im durchschnitt immernoch auf 0,83 Tonnen pro Kubikmeter. Entweder man macht die Stufe um 20% länger oder um 10% dicker.

Flüssiger Wasserstoff ist auf den ersten Blick der beste Brennstoff. Im Vergleich zu Kerosin steigt die Ausströmgeschwindigkeit um etwa 1000m/s. Aber flüssiger Wasserstoff hat eine extrem niedrige Dichte von nur etwa 70kg pro Kubikmeter. Zusammen mit dem nötigen Sauerstoff kommt man immernoch nur auf etwa 320kg pro Kubikmeter. Im Vergleich zu dem schönen kompakten Treibstofftank der Falcon 9, hätte man also einen über drei mal so langen Tank gebraucht. Um sich davon ein Bild machen zu können, habe ich dazu einmal ein Bild gemalt:

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So ein langer Tank würde auch fast 3 mal so viel wiegen. Und dazu käme noch die Isolierung, auf die man bei flüssigem Wasserstoff nicht verzichten kann. (Flüssigen Sauerstoff füllt man einfach in den Aluminiumtank und wartet, bis das Kondenswasser eine isolierende Eisschicht gebildet hat. Das reicht dort noch aus.) Das heißt viel mehr Gewicht bei gleichem Inhalt. Deswegen haben Stufen mit Wasserstofftriebwerken auch immer viel höhere Leermassen als die leichtgewichtigen Stufen mit Kerosin.

Um nun noch doch noch etwas Gewicht einzusparen lohnt es sich, die Stufen breiter zu machen und nicht länger. Denn für den doppelten Durchmesser braucht man nur doppelt so viel Material für die Seitenwände, bekommt aber das vierfache Volumen. Natürlich braucht man auch das vierfache Material für die Endkappen. Aber so lange die Endkappen nicht zu groß werden, lohnt es sich sehr, eine dickere Rakete zu bauen.

Und genau deswegen ist die Ariane 5 in der Mitte so dick, genauso wie die Delta IV, das Space Shuttle und eine Reihe anderer Raketen auch.

Das alles geht dann aber wieder mit höheren Kosten einher, genauso wie die Isolierung und die Entwicklung der Triebwerke. Die Benutzung von Wasserstoff ist wegen der hohen Effizienz durchaus verlockend. Und wer würde sich in einem derart politischen Geschäft nicht gerne rühmen, dass seine 250t Rakete so viel Nutzlast transportieren kann, wie die 500t Rakete des anderen?

Aber man kann den Spieß auch umdrehen.

Ist es nicht eigentlich dumm, unbedingt Wasserstoff zu benutzen? Die erste Stufe der Ariane 5 nimmt derzeit 170t Wasserstoff und Sauerstoff auf. Bei der Ariane 6 wird sich das kaum ändern. Die Ariane 6 wird aber wenigstens noch zwei Feststoffbooster brauchen um abheben zu können und dann etwa 5t in den GTO zu bringen. (Das ist der typische Übergangsorbit zum Geostationären Orbit.)

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Kommentare (5)

  1. #1 Hurtigwelle
    1. Juli 2015

    Dicke und dünne Raketen?

    Es gibt nur eine Größe die interessant ist: Was kostet es 1 Kg Nutzlast in eine bestimmte Umlaufbahn zu bringen (oder zu einem Asteroiden, Planeten oder was immer)?

    • #2 wasgeht
      1. Juli 2015

      Das hat noch nie jemanden davon abgehalten zu fragen “Warum ist das so?”.

  2. #3 Lercherl
    1. Juli 2015

    Da verwendest du das Wort “Efffektivität” aber in einem anderen Sinn als üblich. Effektivität von itrgendwelchen Maßnahmen bezeichnet normalerweise den Grad, wie weit mit diesen Maßnahmen das gesetzte Ziel erreicht wird. Effizienz bezeichnet den Grad der Zielerreichung im Verhältnis zum Aufwand (an Zeit, Geld, Personal, was auch immer).

    Meiner Meinung nach sind beide Kennzahlen, die du vergleichst, Effizienz, nämlich Treibstoffeneffizienz (möglichst viel Nutzlast für möglichst wenig Treibstoff oder auch Startmasse) einerseits und Kosteneffizienz (möglichst viel Nutzlast für möglichst wenig Geld) andererseits.

    Effektiv sind Space Shuttle, Ariane, Sojus und Falcon alle miteinander

  3. #4 Alderamin
    1. Juli 2015

    @Frank

    Interessant, habe nie darüber nachgedacht bzw. angenommen, die Stabilität für die zu tragende Last und die Größe der Nutzlast (Nutzlastbucht) würden den Durchmesser bestimmen (wobei bei einigen Raketen wie der Ariane 6 die Nutzlastbucht breiter als die Stufe darunter ist). Der Luftwiderstand ist vermutlich eher nebensächlich, die Strecke, die man durch die (dichte) Atmosphäre fliegt, ist ja nicht allzu groß (weswegen man das erste Stück senkrecht aufsteigt und erst später in Richtung des Orbits abbiegt).

    Und dazu käme noch die Isolierung, auf die man bei flüssigem Wasserstoff nicht verzichten kann.

    Ein dickerer Tank hat wohl auch ein besseres Verhältnis vom Volumen zur Oberfläche, das heißt, er nimmt weniger Wärme aus der Umgebung auf und man verliert weniger auszugasenden Treibstoff (falls die Menge überhaupt eine Rolle spielt; hab’ ich das bei Dir oder anderswo gelesen, dass es sich um einige Prozent handelt, was einkalkuliert ist?).

    Flüssigen Sauerstoff füllt man einfach in den Aluminiumtank und wartet, bis das Kondenswasser eine isolierende Eisschicht gebildet hat.

    Auch interessant, dann ist die Eisbildung ja sogar erwünscht, hätte ich für Ballast gehalten. Man sieht das Eis bei einigen Raketenstarts (insbesondere in den alten Saturn-V-Videos) schön herunter fallen, wenn die Rakete es aufgrund ihrer Vibrationen abschüttelt. Neulich hatte mal jemand bei Florian Freistetter danach gefragt, was da immer für ein seltsames weißes Zeugs herunterfällt.

    • #5 wasgeht
      1. Juli 2015

      Dass das Eis zur Isolation dient, habe ich auch erst in den letzten Tagen lauf der Diskussion um den Falcon9 Fehlstart gelernt.

      Was die Dicke angeht spielt es natürlich auch eine Rolle, dass viele Raketen senkrecht zusammengesetzt werden – und die Gebäude dafür nicht beliebig hoch gebaut werden können.