Außer dann, wenn kleiner besser ist. Das Phänomen nennt sich Skaleneffekte oder “economies of scale” und verleitet immer wieder zu falschen Pauschalisierungen. Manche Leute hat es zum Schreiben von ganzen Büchern verleitet wie “small is beautiful”. Und tatsächlich ist es überhaupt kein Problem, lange Listen von Beispielen aufstellen, in denen die jeweils eigene Forderung funktioniert. Manchmal kann man sogar das gleiche Beispiel für widersprüchliche Standpunkte verwenden, wenn man nur die andere Seite streng genug ausblendet.

Das liegt daran, dass es immer verschiedene Faktoren gibt, die beeinflussen ob etwas mit zunehmender (oder abnehmender) Größe besser oder schlechter wird.

Ein Kühlschrank wird zum Beispiel um so effizienter, um so größer er wird. Dazu muss man sich nur vorstellen, was passiert, wenn man ihn im Maßstab 2:1 nachbaut. Mit der doppelten Größe, in allen Dimensionen, nehmen alle Volumen um das 8-fache zu. Man kann also 8 mal so viel kühlen. Gleichzeitig nimmt die Oberfläche nur um das 4-fache zu. Es ist aber die Oberfläche, durch die Wärme von außen in den Kühlschrank gelangt.

Ein doppelt so großer Kühlschrank, mit dem 8-fachen Volumen, verbraucht also nur etwa 4 mal so viel Energie. Es kommt noch besser. Wenn wir nicht nur das Volumen im Inneren des Kühlschranks verdoppeln, sondern auch die Dicke der Isolierung, gelangt durch die Isolierung noch weniger Wärme.  Auch die Länge der Kanten an der Türöffnung, durch die warme Luft ins innere gelangen kann, ist bei dem 8-fachen Volumen nur doppelt so groß. Wenn man vor der Wahl steht, einen großen Kühlschrank oder doch lieber 8 kleine Kühlschränke zu kaufen, sollte man also immer den großen Kühlschrank kaufen!

Unsere Gesellschaft verschwendet unverantwortlicher Weise riesige Mengen an Strom, weil jeder Haushalt egoistischer Weise einen eigenen Kühlschrank hat! Man sollte die Kühlschrankversorgung kollektivieren und 10 Haushalten nur noch einen einzigen Kühlschrank zugestehen!

Oder vielleicht doch nicht?

Die Beschreibung bisher hat eine winizig Tatsache ausgelassen. Man will nicht nur den Schrank da stehen lassen, man will auch Dinge hinein tun und heraus nehmen. Dabei gelangen dann große Mengen warmer Luft in den Kühlschrank. Um so größer der Kühlschrank, um so größer das Luftvolumen das bei jedem Öffnen hinein und hinaus gelangt.

Tatsächlich gehören Kühlschränke zu den wenigen Dingen, die um so effizienter werden, um so voller sie sind. In einen vollen Kühlschrank kann weniger Luft hinein gelangen. Wobei die Füllung genauso auch aus leere Plastikdose bestehen kann.

Wenn viele Leute einen Kühlschrank benutzen müssen, wird der viel öfter geöffnet und geschlossen werden. Natürlich könnte man jetzt das Öffnen und Schließen reglementieren. Man wartet erst, bis eine gewisse Zahl von Transaktionen zusammen laufen, bevor man den Kühlschrank öffnet. Man kann also erst das übrig gebliebene Steak in den Kühlschrank stellen, wenn man auch die Butter hinein stellen will und jemand das Bier aus dem Kühlschrank braucht.

Das würde Energie einsparen und jede Menge Nerven kosten. Denn Energie ist nicht alles. Wir leben in einer Gesellschaft und in Gesellschaften gibt es auch soziale Kosten. Der individuelle, unmittelbare Zugriff auf eine Kühlmöglichkeit (und viele andere Dinge!) reduziert soziale Spannungen ungemein. Wer das Kühlschrankproblem in Wohngemeinschaften kennt, weiß wovon ich spreche.

Ganz ähnlich könnte man auch darüber diskutieren, wie groß man eine Solarzellenfabrik bauen sollte. Wenn man einen neuen, unerprobten Prozess einsetzen will, wäre man wahnsinnig das gleich im größtmöglichen Maßstab durchzuführen. Denn mit den Einsparungsmöglichkeiten wächst auch die Komplexität und vor allem die Kosten die entstehen während die Anlage stillsteht um Fehler zu finden.

Hat man es dagegen mit einem gut bekannten Prozess zu tun, sollte man keinesfalls zu klein anfangen. Denn um so öfter einzelne Handgriffe wiederholt werden müssen, um so eher kann man durch Automatisierung an einzelnen Stellen Kosten einsparen. Die Automatisierung in sehr großen Anlagen ist kein Zeichen für überlegene Technik, sondern einfach von mehr Stellen an denen etwas so oft getan wird, dass sich eine Automatisierung anbietet. Deswegen konnten große chinesische Fabriken mit Leichtigkeit den diversen deutschen Mittelständlern den Rang ablaufen. Manchmal ist größer eben wirklich besser.

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Kommentare (8)

  1. #1 Dr. Webbaer
    11. Juli 2015

    Aja, netter, vielleicht auch: experimenteller Vortrag oder WebLog-Eintrag, der Effizienzfragen, sogenannte Synergieeffekte und auch Nachhaltigkeit [1] bemüht und zu erklären sucht, dabei die Größe eines Geräts oder spezifischer einer Unternehmung im Auge hat.

    Effektiv [2] ist nämlich fast alles.

    MFG
    Dr. W (dem hierzu noch einiges einfällt, das hiesige Inhaltsangebot abär nicht belasten will, im Moment, insofern könnte provisorisch vielleicht bei einem “It depend’s.” verblieben werden)

    [1]
    Die Nachhaltigkeit meint nicht Ökologistisches, auch wenn Joschka und vor ihm im englischen Sprachraum andere die ‘Sustainability’ derart verstehen möchten.
    Nachhaltigkeit ist im Wirtschaftlichen genau dann gegeben, wenn eine Maßnahme, die Erfolg zeitigt, nicht an unzureichenden Ressourcen (absehbar) scheitert oder scheitern muss.

    [2]
    Effizienz und Effektivität sind sozusagen Brüder, die etymologisch klar herleitbar sind, das erstgenannte meint grob und auf deutsch formuliert: das Gelingen, das andere das Gelungen sein.
    Die Zeitform ist hier wichtig (“eficere”) und die dbzgl heutig verwendete Metaphorik.

  2. #2 ulfi
    11. Juli 2015

    Bei dem Kuehlschrankbeispiel klingt es fast so, als koennte man viel energie sparen, wenn man im inneren de ssKuehlschranks – wie vom Eisschrank ueblich – noch kleine blenden einzieht die man zuerst oeffnen muss. also grosse kuehlschranktuer auf und dann fuer das entsprechende fach eine kleine plastiktuer.

    • #3 wasgeht
      11. Juli 2015

      Ja, wahrscheinlich.

  3. #4 Statistiker
    12. Juli 2015

    @ Braunbär:

    Effizienz = Wirtschaftlichkeit
    Effektivität = Wirksamkeit

    Verwandschaftsverhältnis dieser beiden Begriffe = Null

    Ein typischer Kommentar ihrerseits: Neblkerze, um den trivialen Inhalt zu vernebeln.

    Im Übrigen pflege ich meinen Kühlschrank nach einem sorgfältig ausgearbeitetem Schema zu befüllen, um die Leerräume zwischen dem Bier zu minimieren……

  4. #5 werner
    12. Juli 2015

    @ulfi: Bei Kühlschränken ist das nicht so die Norm, bei Frostern (Tiefkühlern) jedoch gibt es wohl keine Modelle mehr, bei denen der ganze Innenraum nicht schubladisiert wäre (qed). Ist auch sehr sinnvoll, da sich damit die Stapelhöhe automatisch begrenzt und nicht wie bei Tabletts alles vorne wieder rausfällt.

  5. #6 LasurCyan
    12. Juli 2015

    um die Leerräume zwischen dem Bier zu minimieren……

    Was bedeutend einfacher wäre, wären die BierFlaschen eckig, Statistiker.

    Immerhin bist Du übrigens dankenswerterweise mit einer BraunbärenKritik durch die Zensur gekommen, was mir leider verwehrt wurde.

    Mal sehen, ob dieser SeitenHieb durchgeht^^

    • #7 wasgeht
      12. Juli 2015

      Solange sich Kommentare mit dem Inhalt des Artikels befassen, bin ich geneigt sie zuzulassen. Wenn das nicht der Fall ist, dann nicht.

  6. #8 chris
    16. Juli 2015

    Große Kühlschränke sollten deswegen eine geteilte Tür haben. Halbiert den aus dem Kühlschrank fallenden Kaltluftstrom (fallsdie obere Tür geöffnet wird). Weniger oft benötigte Dinge gehörten dann nach unten.